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Streit beim EU-Afrika-Gipfel drohtBilliges EU-Milchpulver erzürnt Afrikaner

Einheimische Produzenten leiden unter preisgünstigen europäischen Einfuhren. Die EU drängt aber darauf, dass afrikanische Importzölle niedrig bleiben.

Kommt das Milchpulver aus Europa, ist es in Afrika unbeliebt. Bild: dpa

Europäisches Milchpulver ist billig auf den Märkten Afrikas. Zu billig, sagt Ndiaga Mboup, Vertreter Senegals bei den Vereinten Nationen in Genf. Er kritisiert: "Dadurch nimmt die Armut zu, nicht ab." Denn die preisgünstigen Importe aus Deutschland, Frankreich und anderen EU-Staaten würden die einheimischen Produzenten vom Markt verdrängen.

Das ist ein Vorwurf, mit dem die Europäische Union, die die heimische Agrarwirtschaft jährlich mit Milliardensummen subventioniert, nicht gerne konfrontiert wird. Am Montag könnte es trotzdem so weit sein. Dann tagt in der libyschen Hauptstadt Tripolis der EU-Afrika-Gipfel. Ihren dort anwesenden Regierungschefs haben die Handelsminister der Staaten der Afrikanischen Union bereits nahegelegt, die laufenden Verhandlungen mit der EU über die weitere Öffnung des Handels zwischen den beiden Kontinenten für gescheitert zu erklären.

Wegen billiger Importe aus dem reichen Norden ist manche afrikanische Regierung erzürnt. Faire Entwicklungspolitik sehe anders aus, sagt der Senegalese Mboup.

EU-Afrika-Gipfel

2007 haben die EU und die Afrikanische Union eine weitgehende Zusammenarbeit verabredet. Dabei geht es unter anderem um Fragen der Migration und der Umwelt.

Beim Gipfel am Montag und Dienstag im libyschen Tripolis, zu dem rund 80 Regierungschefs erwartet werden, steht ein Aktionsplan auf der Tagesordnung.

Das Muster der Handelsbeziehungen ist oft dasselbe. "Im August 2009 wurde in Kamerun Milchpulver der Marke Nido von Nestlé für umgerechnet 51 Eurocent pro Liter verkauft", sagt Armin Paasch vom Hilfswerk Misereor in Aachen. Dagegen müssten die einheimischen Produzenten des westafrikanischen Staates über 60 Cent verlangen, um durch den Verkauf ihrer Milch den Lebensunterhalt finanzieren zu können. "Die afrikanischen Hersteller konkurrieren oft gegen sehr wettbewerbsfähige Produzenten aus der EU", erklärt Mboub.

Kamerun ist ein Beispiel, die Elfenbeinküste ein zweites. Wie Paasch weiß, habe dort der Import von Schweinefleisch unter anderem aus der EU zwischen 2000 und 2006 von 5.000 Tonnen auf 35.000 Tonnen jährlich zugenommen. Weil auch in diesem Fall die Einfuhrpreise unter den lokalen Produktionskosten lägen, sei die einheimische Herstellung eingebrochen, erläutert der Misereor-Mitarbeiter. Geringere Einnahmen führten beispielsweise dazu, dass die afrikanischen Familien statt drei Mahlzeiten am Tag nur noch zwei auf den Tisch bringen.

Deshalb fühlen sich die Handelsminister der Afrikanischen Union übervorteilt. Besonders ärgert sie allerdings, dass die EU die für sie günstige Situation auch für die Zukunft festschreiben will. Das ist ein Sinn der Abkommen für Wirtschaftspartnerschaft (Economic Partnership Agreements, Epa), die die EU unter anderem mit Afrika verhandelt. Diese Freihandelsabkommen sehen in der Regel vor, dass bestehende Zölle nicht erhöht werden dürfen.

Im Fall des Imports von Milchpulver und Schweinefleisch bedeutet dies: Kamerun und die Elfenbeinküste haben auch künftig keine Chance, ihre niedrigen Importzölle so anzuheben, dass der Endpreis für die eingeführten EU-Produkte über das Niveau der Waren steigt, die einheimische Produzenten herstellen. Die afrikanischen Produzenten hätten also auch weiterhin das Nachsehen. Solche Abkommen wollen die Afrikaner deshalb lieber nicht abschließen. Der am Montag in Tripolis beginnende EU-Afrika-Gipfel ist daher für sie eine gute Gelegenheit, auf die Misere aufmerksam zu machen.

Beim FDP-geführten Entwicklungsministerium in Berlin hat man wenig Verständnis für das Anliegen. Die EU verfolge ein richtiges Ziel, wenn sie auf offene Märkte und niedrige Zölle dränge, sagte ein Sprecher. Beide Seiten müssten Zugeständnisse machen. "Wir glauben, dass die Epa-Abkommen grundsätzlich eine gute Sache sind."

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9 Kommentare

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  • L
    linsenspaeller

    Ich war eigentlich der Überzeugung, daß Afrikaner überwiegend lactoseintolerant sind, also überhaupt keine Milch (mit Milchzucker) vertragen. (siehe auch Wiki)

  • V
    Vicky

    Wieder mal werden die Interessen einer Teilgruppe als die Interessen der gesamten Bevölkerung ausgegeben. Nicht die "Afrikaner" leiden unter den billigen Milchpulver-Importen, sondern nur die dortigen Milchproduzenten. Die arme Stadtbevölkerung profitiert sehr wohl von den niedrigeren Preisen für den importierten Milchpulver.

     

    Das gilt genauso für alle anderen Länder und Waren - wenn immer die einheimischen Produzenten ineffizient produzieren und mit den Importwaren nicht mithalten können, geht das übliche Geschrei los.

  • JK
    Juergen K

    Deutschland braucht verarmte Afrika Staaten,

    damit die Märkte offen sind,

    damit die Arbeiter hier auch ohne Mindestlohn auskommen können.

     

    Und produzieren und exportieren,

    und produzieren und exportieren

    und produzieren und ...

     

    Und dafür bekommt der deutsche Beitragsbemessungszahler

    nach 10 Jahren besten Aufschwunges

     

    diese Weihnachten ein Pfund Industrie-Gulasch oben drauf

     

    Wahrend eine Elite Tausende Milliarden anhäuft.

     

    "Verarmte pro Milliarde"

     

    sollte der Börsen-Index sein,

    an dem man den Zustand der Weltwirtschaft

    abliest.

  • K
    karen

    richtig lustig ist ja überhaupt, dass der europäische milchbauer auch nicht mehr von der produktion der milch leben kann- es sei denn, er ist ein eu-subventionierter massentierschinder, grundwasserverseucher, klimapupser. schön, dass diese subventionen nun wieder nicht mehr offengelgt werden müssen.

  • F
    Frank

    Warum ist es eigentlich so schwer fuer die afrikanischen "Verhandlungspartner" ihre Interessen, zB. Zoll auf auslaendische Milchprodukte, durchzusetzen? Welches Druckmittel besitzen die exportierenden Staaten um das erhoehen der Zoelle zu verhindern?

     

    Wieso gibt es "Probleme" bei der Nahrungsmittelversorgung in Afrika, wenn offensichtlich eine "Ueberproduktion", eine ueber den Bedarf hinausgehende Menge an Milch, zur Verfuegung steht?

     

    Warum stoppen die exportierenden Staaten nicht den Verkauf" von Nahrungsmitteln zu Preisen unterhalb der einheimischen Marktpreise?

     

    Der Verkauf von Lebensmitteln scheint so ziemlich das Gegenteil von Versorgung mit Lebensmitteln zu sein.

    Denken Sie mal darueber nach, und vor allem erinnern Sie sich daran, wenn es wieder heisst "Piraten" sind boese Menschen vor denen wir "uns" schuetzen muessen.

    Wer, und was -genau- , muss vor den "Piraten" geschuetzt werden? Wie, -genau- , will "uns" wer vor den Piraten schuetzen?

     

     

    Der Teufel und die Feuerwehr

    kommen mit dem Schiessgewehr

    fressen alle Toepfe leer

    und behaupten hinterher

    es brennt, es brennt

    als ob nichts gewesen waer

  • W
    Westberliner

    So sieht also die Politik eines ehemaligen Bundeswehrfallschirmspringers und Arbeitsvermittlers aus der FDP namens Dirk Niebel aus: Freie Fahrt für EU-Waren ohne Rücksicht auf Verluste für Afrika. Wenn es aber um die Freizügigkeit für Menschen geht, dann können die europäischen Mauern für Menschen aus Afrika nicht hoch genug sein. Das ist das Verständnis von Freiheit a la FDP.

  • B
    Bavi

    Ich träume davon das alles, was die Bürger zum leben brauchen, im eigenem Land produziert wird, mit Ausnahme auf Klima- bezogene Produkte. Nein die Grenzen müssen offen bleiben, aber die Mehrwertsteuer für die ausländische Produkte muss bestand unseres Lebens sein. Nachhaltige – Volkswirtschaft. Wer wirklich Qualität produziert, braucht kein Angst zuhaben, solche Produkte werden weiter hin in der ganze Welt gekauft. Jeder unnötigen Transport schadet die Umwelt mehr als die Produktion selbst.

  • B
    Bastl

    Wir sollten uns fragen was Afrika wirklich arm macht...

    Die sogenannte "Entwicklungshilfe" entwickelt nur den Markt zugunsten grosser transnationaler Konzerne wie Nestlé. Freihandel, offender Markt, Wachstum... bringt das denn überhaupt was? und vor allem WEM? - Ich würde mich freuen wenn die TAZ MEHR solcher Artikel schreiben würde und man mehr zu tieferen Ursachen erfährt!

     

    Beste grüsse!

    Bastl

  • E
    E.A.

    Liebe Afrikaner, bitte erhöht eure Zölle und kauft nicht mehr den Dreck aus Europa. Es ist zu eurem Wohl...