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Streit bei EntwicklungsorganisationGIZ-Frauen müssen warten

Politposse im Aufsichtsrat der Entwicklungsorganisation GIZ: Weil der zuständige Staatssekretär einen FDPler durchdrücken will, scheitert die Berufung des Vorstands.

Unumstritten, muss aber warten: Tanja Gönner. Bild: dapd

BERLIN taz | Entwicklungsstaatssekretär Hans-Jürgen Beerfeltz ist momentan nicht zu beneiden. Er ist qua Amt auch Aufsichtsratsschef der großen deutschen Entwicklungsorganisation Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) und in dieser Funktion seit längerem auf der Suche nach einem neuen Unternehmensvorstand.

Das Problem: Sehr viele Parteien und Interessen reden bei der Besetzung mit. Und der FDP-Mann muss diese Interessen koordinieren. Am Montag ist diese Aufgabe zunächst gescheitert. Der Vorstand konnte nicht berufen werden.

Nun ist der GIZ-Vorstand nicht irgendein Gremium, sondern seit seinem ersten Tag ein Politikum. Nach der Fusion dreier Entwicklungsorganisationen zur GIZ startete das Gremium Anfang 2011 mit sieben Männern – ein Affront in der gendersensibilisierten Entwicklungshilfe-Szene.

Schließlich machte Beerfeltz Zugeständnisse: Die Verträge wurden auf 18 Monate begrenzt, danach sollte neu entschieden werden. Dann würde die Organisation nur noch von fünf Personen geleitet werden, darunter mindestens 40 Prozent Frauen.

Vier Männer mussten also raus, eine Aufgabe, die Hans-Jürgen Beerfeltz seitdem einige Sorgen macht. Klar ist bisher, dass der jetzige Chef Bernd Eisenblätter aus Altersgründen ausscheidet, genauso Vorstandsmitglied Jürgen Wilhelm. Doch wie würde das Gremium aussehen? Wer würden die Frauen sein? Darüber sollte eigentlich an diesem Montag entschieden werden.

Chefposten wieder an die CDU

Dass es keine Entscheidung gab, lag an den festgefahrenen politischen Interessen. Denn alle Parteien wollen im Aufsichtsrat mitreden, auch die Arbeitnehmerseite will sich repräsentiert sehen. Früh hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel klargemacht, dass der Chefposten wieder an die CDU gehen solle. Für diese Position ist die ehemalige baden-württembergische Umweltministerin Tanja Gönner gesetzt. Doch alles andere war bis zum Schluss umstritten.

Bereits Tage vor dem Montagstermin hatte Beerfeltz einen Brief an einige Aufsichtsratsmitglieder geschickt – mit einem Vorschlag. Neben Gönner wollte er die bisherigen Vorstände Christoph Beier und Sebastian Paust im Gremium haben, dazu seinen FDP-Kollegen Tom Pätz und die ehemalige SPD-Bundestagsabgeordnete Karin Kortmann. Ein Vorschlag mit Kalkül: So wollte Beerfeltz verhindern, dass die Arbeitnehmer eine eigene Kandidatin durchbringen und mit Kortmann die Frauenquote erfüllen.

Mit demselben Vorschlag ging Beerfeltz in die Montagssitzung und erntete wieder Protest. Denn Pätz hat im Aufsichtsrat viele Gegner, auch in weiten Teilen der Belegschaft der GIZ ist er wegen seines zu Luxus neigenden Arbeitsstils unten durch. Schließlich setzte Beerfeltz den Tagesordnungspunkt „Wahl des Vorstands“ ab und vertagte ihn.

Für eine Frau heißt es deshalb warten bis nach Ostern. Für Tanja Gönner. Die einzige nicht kontroverse Personalie im neuen Vorstand der, man droht es vor lauter Querelen zu vergessen, Entwicklungsorganisation GIZ.

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8 Kommentare

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  • PJ
    Piet Johann

    FDP muss wohl heissen: "Für den Parteifreund." Anders ist die Dreistigkeit der FDP nicht zu erklären, trotz vollkommen fehlenden Rückhaltes in der Bevölkerung weiter damit zu machen, auch noch den letzten ihrer Parteibuchträger mit Posten zu versorgen. Bitter nur, dass dies gerade in dem Ministerium und seinem Umfeld so offensichtlich von Niebel und Beerfeltz praktiziert wird, das anderen Ländern dann im Namen Deutschlands den Zeigefinger der Good Governance zeigen will. Besser können die meisten Bananenrepubliken Selbstbereicherung und Heuchelei einer Regierungspartei auch nicht mehr vorleben...

  • SB
    Siegfried Bosch

    In Wirklichkeit müsste es lauten: Schon wieder Feministengeschacher. Wann versinken diese endlich außnahmslos in der Versenkung?

    Gibt es eigentlich auch eine Männermindestquote von 40%?

  • D
    Danni

    Welche Qualifikation hat denn Tanja Gönner für den Aufsichtsrat der GIZ? Es werden sich doch auch in der CDU ein paar Frauen mit entwicklungspolitischer Erfahrung finden, die gerade nichts zu tun haben.

  • L
    Langstrumpf

    Lieber Gordon Repinski,

     

    für gute Kenner der EZ-Szene hat der Artikel mit Sicherheit einen Nachrichtenwert. Für alle anderen liest sich der Artikel - gespinkt mit Namen, die auch einer politisch interessierten LeserInnenschaft nicht bekannt sind - wie ein interner Bericht. Die GIZ-Belegschft ist Ihnen wahrscheinlich sehr dankbar, für die vielen internen Details. Für alle Anderen: bitte das nächste Mal ein paar mehr Erläuterungen. Denn erst dann wird das Thema für alle greifbar und interessant.

     

    Gruß, Langstrumpf

  • C
    Cathrin

    wieso eigentlich sollte das gehen.

    Na FRau Gönner kann ja immerhin unsinnige Infra-Strukturprogramme durchsetzen. Das hat sie ja unlängst bewiesen. Aber warum müssen imm er abgehalfterte Ministerinnen oder Minister in solche fFunktionen gesetzt werden und warum stört das eigentlich niemanden mehr

     

    Wunder

  • C
    Cathrin

    wieso eigentlich sollte das gehen.

    Na FRau Gönner kann ja immerhin unsinnige Infra-Strukturprogramme durchsetzen. Das hat sie ja unlängst bewiesen. Aber warum müssen imm er abgehalfterte Ministerinnen oder Minister in solche fFunktionen gesetzt werden und warum stört das eigentlich niemanden mehr

     

    Wunder

  • R
    reblek

    "Am Montag ist diese Aufgabe zunächst gescheitert." - Seit wann kann eine Aufgabe scheitern. Ein Mensch scheitert an einer Aufgabe.

    "Denn alle Parteien wollen im Aufsichtsrat mitredend." - Mag ja sein, aber in diesem Artikel, Herr Repinski, geht es um den Vorstand der GIZ.

    "... dass die Arbeitnehmer eine eigene Kandidatin durchbringen und mit Kortmann die Frauenquote erfüllen." - Tja, da hinter "durchbringen" ein Komma fehlt, würden die Arbeitnehmer "mit Kortmann die Frauenquote erfüllen". Ist aber nicht so gemeint, nicht wahr?

  • S
    Schachi

    schon wieder FDP-geschacher. wann verschwinden diese (außer leuth.-schnarrenberger und baum) in der versenkung.