Streikwelle im öffentlichen Dienst: Müll bleibt liegen, Kitas zu
Im Rhein-Main-Gebiet geht nichts mehr. Kitas, Straßenbahnen und Verwaltungen werden bestreikt. Mit Warnstreiks fordert der öffentliche Dienst mehr Geld.
BERLIN taz | Ver.di macht ernst: Zehntausende Beschäftigte des öffentlichen Dienstes in Hessen, Rheinland-Pfalz und im Saarland beteiligten sich nach Gewerkschaftsangaben an den ersten Warnstreiks zur Tarifrunde 2012. In Frankfurt am Main standen U-Bahnen still. Müllmänner und Krankenschwestern waren ebenfalls zu den Warnstreiks aufgerufen, auch in Altenheimen, Bürgerbüros und Kitas wurde die Arbeit stellenweise niedergelegt.
Die Aktionen waren Auftakt einer Protestwoche, mit denen Ver.di die Forderungen in der Tarifrunde für den öffentlichen Dienst bei Bund und Kommunen untermauert. Am Dienstag sind Beschäftigte in Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Baden-Württemberg und Hamburg zu Warnstreiks aufgerufen. Der Ver.di-Vorsitzende Frank Bsirske sagte, er hoffe, dass die Arbeitgeber das Signal verstünden. Die nächsten Verhandlungen sind für den 12. und 13. März angesetzt.
Ver.di und die Tarifunion des Beamtenbundes, dbb, verlangen für die zwei Millionen Beschäftigten von Bund und Kommunen 6,5 Prozent mehr Geld, als soziale Komponente soll die Erhöhung für die unteren Entgeltgruppen mindestens 200 Euro mehr betragen. Die Arbeitgeber hatten beim Auftakt der Gespräche in der vergangenen Woche kein Angebot vorgelegt und erklärt, die Gewerkschaften müssten ihre Forderungen herunterschrauben.
Nun verurteilten sie die Warnstreiks jedoch scharf. Eine "derartige Eskalation" der gerade begonnenen Tarifverhandlungen sei in keiner Weise gerechtfertigt, sagte Manfred Hoffmann, Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA). Nach nur vier Stunden Verhandlungen hätten die Gewerkschaften zu einem "ganztägigen Streik" aufgerufen. "Damit streiken sie länger, als sie bislang verhandelt haben. Das ist absurd."
Gegen die Mindesterhöhung
Die Arbeitgeber wenden sich insbesondere gegen die geforderte Mindesterhöhung von 200 Euro im Monat. Dies ergebe ein Gesamtvolumen von 8 Prozent für die Gewerkschaftsforderung. Die Mindesterhöhung führe zu "überproportionalen Steigerungen in den unteren und mittleren Entgeltgruppen", so Hoffmann. Das beträfe vor allem kommunale Unternehmen, die im Wettbewerb mit der Privatwirtschaft stehen, zum Beispiel im Nahverkehr und in der Entsorgungswirtschaft.
Gehaltssteigerungen in der Größenordnung der Gewerkschaftsforderungen hätten unweigerlich Leistungskürzungen für die Bürger, Personalabbau und den Abbau von Ausbildungsplätzen zur Folge, sagte Hoffmann. Die kommunalen Arbeitgeber verweisen auf das Defizit in den Haushaltskassen der Gemeinden. "Trotz der gesamtwirtschaftlich guten Lage mussten die Kommunen 2011 wieder mit einem Milliardendefizit abschließen", heißt es in einem Papier der VKA zur Tarifrunde. Die Steuereinnahmen seien 2011 zwar gestiegen, lägen aber immer noch "unter dem Vorkrisenniveau von 2008".
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Haftbefehl gegen Benjamin Netanjahu
Er wird nicht mehr kommen