Streikführer Romuald Schaber: Der fröhliche Milchrevoluzzer

Ein fröhliches Gemüt und viel Grips: Landwirt Schaber aus dem Allgäu gründete vor zehn Jahren den Verband der Milchviehhalter. Nun fordert er mit dem Streik die Politik heraus.

Bild: ap

Alleine schon die herrliche Lage seines Bauernhofs, 35 Hektar, 40 Kühe, 40 Jungrinder, lässt Romuald Schaber, den Chef des Bundesverbands Deutscher Milchviehhalter (BDM) prinzipiell fröhlich lächeln. Der Mann hat unverkennbar ein sonniges Gemüt. Dabei kann er knallhart verhandeln und in großen Zusammenhängen denken. Ein Landwirt der neuen Generation, mit viel Grips und nicht nur mit der oft von der Bevölkerung wenig geschätzten Bauernschläue.

Der 51-jährige hat früh erkannt, dass die Landwirtschaft in veralteten und verkrusteten Strukturen keine Überlebenschance hat. Aber kann ein Milchbauer aus dem Allgäu mit einem für beispielsweise ostdeutsche Verhältnisse winzigen Viehbestand für alle deutschen Milchbauern sprechen? Kann er sie sogar auf dem verminten Feld der europäischen Milchpolitik angemessen vertreten, dort gar erfolgreich ihre Interessen in ein neues Handeln ummünzen?

Schaber hat zumindest die Hartnäckigkeit und auch den Charme, um quer durchs Land zu wirken. Er erklärt schlüssig, worum es geht: "Beim Milchpreis, der nach wie vor zu niedrig ist, um einen vernünftig bewirtschafteten Betrieb überleben zu lassen, ohne ständig an die Substanz zu gehen." Vor zehn Jahren hat er mit einigen Mitstreitern den Verband der Milchviehhalter gegründet, zuvor schon war er aktiv im "Krisenstab", in dem sich Bauern zusammen geschlossen hatten, denen die Politik des Bauernverbandes und die Nähe zur Milchindustrie ein Greuel war.

33.000 Mitglieder hat der BDM inzwischen, nach eigenen Angaben erzeugen seine Mitglieder knapp die Hälfte der Milch in Deutschland. Rund 28 Millionen Tonnen jährlich sind es, mehr als in jedem anderen Land Europas.

Selten sind sich die Bauern einig, doch beim aktuellen Milchstreik stehen auch Hunderte von Nicht-BDM-Mitgliedern auf der Seite der Milchbauern, nicht nur in Deutschland, auch in vielen Nachbarländern. Weil sie alle wissen, dass es die letzte Chance ist, künftig auf Augenhöhe mit den Großen der Milchindustrie zu verhandeln.

Vom "Zusammenhalt und der Solidarität der Milcherzeuger in Europa" spricht Schaber mit Stolz in der Stimme. Die Idee einiger BDM-Bauern von einer Art Milch-Opec, die europaweit die Preise (mit)bestimmt, wird freilich durchaus auch kritisch gesehen. Eines Tages könnte auch das Kartellamt Bedenken anmelden.

So wie in Zeiten der BSE-Krise einige engagierte und informierte Landwirte Bedenken gegen so mach abstruse Position des BDM zur Rinderkrankheit angemeldet haben, wie die, dass BSE als Folge von Tschernobyl den Kontinent heimgesucht habe.

Derzeit steht aber nicht BSE, sondern der alles entscheidende Milchstreik im Mittelpunkt und je knapper die Milch und die Milchprodukte in den Supermarktregalen werden, desto gefragter wird der Bauer aus dem Allgäu bei den Medien. Bevor er seinen Stall verlässt, um in Berlin in der Streikzentrale den Medien Rede und Antwort zu stehen, füttert er noch seine Tiere. Dann wird die blaue Arbeitshose mit dem Anzug getauscht und daheim wissen seine Kinder, dass ihr Vater bald wieder wortgewaltig dafür sorgen wird, dass auch künftig der Beruf des Landwirts ein lohnender sein könnte - wenn sich seine Vision erfüllt, dass Milchbauern in nicht allzu ferner Zeit mit Discountern und Molkereivertretern auf Augenhöhe verhandeln.

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