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Streik gegen Projektesterben

■ Etat der Lesben- und Schwulenprojekte drastisch gekürzt

Mit einer Streik- und Aktionswoche im Januar wollen die Lesben- und Schwulenprojekte gegen erneute drastische Kürzungen ihrer Senatsgelder protestieren. Der Etat für elf Projekte soll 1997 nur noch 303.000 Mark betragen. Dies bedeutet gegenüber 1996 (620.700 Mark) eine Halbierung der Mittel. Fünf Projekte, darunter das Lesbenarchiv Spinnboden und das Schwule Museum, werden von der Senatsverwaltung für Jugend, Schule und Sport gar keine Mittel mehr erhalten.

In ihrer Arbeitsfähigkeit sind aber auch diejenigen Projekte gefährdet, deren Zuwendungen „nur“ gekürzt wurden. Bei vielen Projekten müssen volle Stellen in 30-Stunden-Stellen umgewandelt werden. Allein bei vier Projekten reichen die Zuwendungen gerade noch für die Personalkosten, aber nicht mehr, um die Mietkosten zu decken.

Von der Senatsverwaltung wurde den Projekten mitgeteilt, sie müßten die Kosten für Veranstaltungen und die restliche Miete künftig „selbst erwirtschaften“. „Damit wird faktisch die Arbeit lahmgelegt“, stellt Michael Unger vom Sonntagsclub fest, einem Ostberliner Zentrum für Lesben, Schwule, Bi- und Transsexuelle. Für Veranstaltungen steht ab Januar kein Pfennig Geld mehr zur Verfügung. Ein Teil ihrer auf 30 Stunden reduzierten Arbeitszeit werden Unger und seine Kollegin Ilona Radandt künftig darauf verwenden müssen, Gelder heranzuschaffen. Für die Projekte kam die Hiobsbotschaft noch dazu überraschend und kurzfristig. „Wir haben am 6. Dezember erfahren, daß wir ab Januar nur noch einen Teil der Mietkosten erhalten“, so Unger.

Ausgelöst wurde die erneute Kürzungsrunde durch eine Auflage von Finanzsenatorin Fugmann-Heesing, wonach Senatorin Ingrid Stahmer (SPD) im Jugendetat noch 15 Millionen Mark einsparen müsse. Die Lesbenund Schwulenprojekte waren bereits im Nachtragshaushalt 1996 pauschal um 10 Prozent gekürzt worden.

Die Einsparungem treffen auch Projekte der Gewaltprävention und der Opferberatung. Das Schwule Überfalltelefon, dem ein Drittel der bisherigen 120.000 Mark gekürzt werden, wird nicht mehr wie bisher in der Lage sein, jährlich 250 Opfer antischwuler Gewalttaten zu betreuen.

Vor den parlamentarischen Haushaltsberatungen wollen die Projekte Druck machen, um die Kürzungen abzuwenden. Für den 6. Januar ist eine Demonstration geplant. „Die Schmerzgrenze ist schon längst überschritten“, erklärte der bündnisgrüne Abgeordnete Anselm Lange. Die Kürzungen müßten zurückgenommen werden, sonst sei die Finanzierung der Lesben- und Schwulenprojekte nur noch eine „Alibiveranstaltung“. Dorothee Winden

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