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Streik der PraktikantenProtest ist peinlich

Überstunden, kein Geld und das alles für ein Zeugnis – Praktikanten haben es nicht überall gut. Das Creative Village ruft jetzt Praktikanten zum Streik auf: Geht auf die Straße!

In einer taz-Beilage rufen die Praktikanten zum Streik auf. Bild: creative village

Seit Wochen fahre ich mit einem Fahrrad durch Berlin, an dessen Lenkrad ein Pappschild baumelt: "Prakti-Streik 2009" steht da drauf. Ich liebe, wie es schief im Wind hängt. Strampelnd ernte ich viele Blicke: aufmunternde von den Älteren (50+), abfällige von den Mittleren (35-50), gar keine von den Jüngeren (20-35).

Die schauen meist auf den Boden, hören Musik, sind mit den Sinnen woanders. "Was macht der Teenie-Aufstand?", fragt mein bester Freund Sven, der in einer Werbeagentur 5.000 Euro im Monat verdient und versucht, mein Pappschild herunterzureißen. "Geht", sage ich, halte das Schild fest und denke an all die jungen Augen, die tot an den roten Ampeln stehen.

Ich gehöre zu einer Generation, die am liebsten gar keine Generation mehr wäre; einer Generation von Einzelkämpfern, die sich ihr gemeinsames Lebensgefühl bei Sartre ausgeliehen hat: L‘enfer, c‘est les autres, die Hölle, das sind die anderen – und zwar mitnichten die Vorgesetzten, die nicht zahlen aber viel verlangen, sondern die Mitabsolventen, die einem den eigenen Platz an der Sonne streitig machen.

Der Praktikantenstreik

Die Praktikumsinitiative Creative Village hat zum letzten Mal acht junge Menschen für je zwei Monate zur taz, Scholz & Friends und zur UFA geschickt.

Dieses Mal ist das Thema der Creative Village taz-Beilage das Problem Praktikum. Creative Village ruft zum bundesweiten Praktikantenstreik am 9.10.2009 und zu einer Versammlung um 10 Uhr am Potsdamer Platz auf.

Aktuelles dazu im Streikblog.

Ausdrücklich richten sich die Macher der Beilage nicht gegen die Arbeitsbedingungen bei den Creative Village-Praktikumsstellen.

Die taz-Beilage zum Praktikantenstreit erscheint am Freitag, 25. September 2009, in Berlin und Umgebung.

Dass nach dem summa cum laude erst einmal ein Prakti cum laude folgen muss, hat diese Generation längst akzeptiert – und so vollständig in den eigenen Lebensentwurf integriert, dass sich das Bild des ausbeuterischen Chefs oder der sklaventreibenden Chefin oft erübrigt: Der junge Akademiker und die junge Akademikerin erniedrigen sich munter selbst, Hilfe Dritter bedarf es da wenig.

Wäre vor zehn, fünfzehn Jahren höchstens hinter vorgehaltener Hand zugegeben worden, dass die eigene Arbeitskraft für Nichts hergegeben wird, ist ein unbezahltes Praktikum heute zum Statussymbol avanciert: Je nobler die für den Lebenslauf gesammelte Büroadresse, umso lauter darf über sie geredet werden, umso größer fällt die Anerkennung der Umstehenden aus. Und während zumindest im engsten Familienkreise der Jammer über die finanziellen Nöte groß ist, wird in der Firma hofiert und gesäuselt, was das Zeug hält.

Dabei teilt diese Generation laut einer Studie des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales durchaus hehre, wenngleich etwas konservativ anmutende Ziele: Eine Arbeit mit einem verlässlichen Einkommen zu finden, die obendrein noch Spaß macht bewerten 92% bzw. 89% der Befragten als sehr wichtige Aspekte im Berufsleben, dicht gefolgt von der Sicherheit am Arbeitsplatz (89%) und einer würdigen Behandlung durch die Vorgesetzten (85%).

Paradoxerweise sind es jedoch keineswegs diese rechtschaffenen Forderungen, die meiner Generation ein Gesicht geben – vielmehr ist das Gegenteil der Fall: Geeint sind wir vor allem in der Bereitschaft, das, was wir im Berufsleben als wichtig erachten, mit Füßen zu treten – und zwar so lange, bis irgendwann auch ein Platz frei wird für uns.

Und so sitzen der und die Prakti bis spät abends noch hörig vor ihrem Computer-auf-Zeit, verzichten auf Urlaubstage, feiern niemals krank – während die Chefs sich ins Fäustchen lachen. Doch Recht haben sie, denn wer nichts fordert, verdient weder Geld noch Respekt. Wir sind Ehrenamtliche ohne Ehre noch Amt, doch protestieren, nein, das wagen wir nicht.

Mein Pappschild werde ich auch in den nächsten Wochen spazieren fahren. Ich werde es gegen Aggressoren verteidigen, vielleicht noch ein zweites an den Gepäckträger montieren. Und wenn meine Generation an roten Ampeln nach unten blickt, dann mache ich Krach – eine Hupe habe ich bereits.

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39 Kommentare

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  • PV
    Peter von Weyhe

    Unabhängig davon, ob es ein spezifisches problem der medienbranche ist, bleibt festzuhalten: in einem der reichsten länder der erde angst vor materieller armut, ausgrenzung und totalversagen zu leben, ist der skandal unserer zeit. arbeitslose wie arbeitnehmer sind erpressbar und werden erpresst. das dürfen wir uns nicht gefallen lassen. und deshalb müssen wir rebellieren - ja, ich weiß, das ist etwas altmodisch. machen wir aber trotzdem.

    z.b. fürs bedingungslose grundeinkommen?

  • F
    Franz

    Bin selbst aus der Medienbranche und kenne daher die teilweise schlimmen Verhältnisse genau. Daher ist der Parktikantenstreik eine gute und längst fällige Idee. Schön wäre eine weitergehende Solidarisierung, an der es gerade bei den Medien bisher fehlt: Journalisten sind kaum in Gewerkschaften organisiert.

     

    Beste Wünsche!

  • P
    Popanz

    Und wieder mal ein voellig selbstbezogener Artikel von Medienleuten fuer Medienleute. Mensch, dieses ganze Pratikumsgedoens gibts nur bei euch! Das kann man nicht auf alle Akademiker verallgemeinern, wie es hierim Text wieder mal gemacht wird. Nun bauscht mal nicht euer spezifisches Problem auf als ob es die ganze Gesellschaft betraefe. Das ist langsam nur noch peinlich. Mach Dich halt selbststaendig, wenn Du keinen Job findest. Offensichtlich bist Du ja superkreativ und supereloquent. Werd erwachsen, meine Fresse.

  • D
    Dieter

    Selbst bei den vielzitierten Ingenieuren ist die Not spürbar. Sobald es an die Gehaltsverhandlungen geht, wird jedem klar, dass es viele verzweifelte Familienväter jenseits der 45 und Hochschulabsolventen unter 30 gibt, die denselben Job für sehr viel weniger machen würden, hauptsache sie bekommen eine Arbeit! Sobald man den Wunschlohn nennt, ist man raus aus dem Wettbewerb.

    Alle wissen, wie schnell man abrutschen kann in Hartz 4 und die Angst vor der Armut lässt die Löhne überall ins Bodenlose sinken. Wo es feste Löhne gibt wie im öffentlichen Dienst kommen auch noch Halbtagesstellen (mit Ganztagesarbeit) bzw. ein- oder 0-Euro-Jobber immer mehr in Mode...

     

    Wer will denn noch eine Familie gründen, wenn er einen Zeitvertrag für 6 Monate und immer nur für 6 Monate hat und sich nichts zurücklegen kann??? Bei manchen Jobs sogar drauf zahlt?

  • J
    Julia

    Guter Artikel- Gute Initiative!

    Was mich des Weiteren ganz schön wütend macht, ist schon der sichtbare "Klassenunterschied" bei den Bezahlungen der Praktikas- Warum verdient ein Student der Wirtschaftswissenschaften bei Praktikas teils über 1000 Euro, ein Student der Kulturwissenschaften oder Pädagogik nichts? "Es gibt genug Praktika, die bezahlt werden" wird oben geschrieben- Das ich nicht lache! In den sozialen Berufen gibt es keinen cent und trotzdem sind die Praktika später im Lebenslauf entscheidend. Ich würde mich deswegen über einen "Mindestlohn" bei Praktikas freuen und hoffe, für den Praktistreik in Berlin aus Köln anreisen zu können!

  • E
    estellerigault

    Nur ein paar Anmerkungen:

     

    1) Wer diesen Praktikumswahn mitmacht, ist wenigstens zu einem gewissen Grad selbst Schuld. Ich habe kein einziges Praktikum außerhalb meines Studiums gemacht und mich schlicht geweigert, ohne Bezahlung zu arbeiten. Resultat: ein vernünftig bezahlter Job -- zwar ein Einsteigerjob, aber eine Festanstellung -- im Bereich "Irgendwasmitmedien". Das nötige Selbstvertrauen und das Wissen um den eigenen Wert muss man zwar mit viel Eigeneinsatz verkaufen, aber es ist absolut möglich. Vorausgesetzt natürlich, dass die zu verkaufenden Qualitäten auch wirklich vorhanden sind.

     

    Wenn ich also an der Ampel stehe, sind meine Augen weniger "tot" als mitleidig. Ich verstehe das Problem. Gut, dass ihr euch - jetzt, wo ihr in der Situation feststeckt - wehrt. Aber man kann sich auch nicht einfach selbst mit Gusto in die Nesseln werfen und dann behaupten, man wäre geschubst worden.

     

    2) Wer "l'enfer c'est les autres" so benutzt, hat "huis clos" meistens nicht gelesen. Die Schlussfolgerung ist so zu verstehen, dass wir uns die Hölle selbst bauen, indem wir unsere Situation an anderen Menschen festmachen: "Wir werden ausgebeutet" ist eben einfacher als "wir lassen uns ausbeuten". Und die Aussage hat sich die beklagte Generation mitnichten ausgeliehen, sie hat sie nur ebenso falsch verstanden.

  • HJ
    Herr Jeh

    Habe selbst 2 1/2 Jahre Vollzeit mit verschiedensten Praktika verbracht, in Agenturen, bei großen Blättern, beim öffentlich-rechtlichen sogar. Immer un- oder geringfügig bezahlt. Ja, auch beim öffentlich-rechtlichen. Finanziert wurde das durch Hartz4.

     

    Erschreckenderweise existiert in dieser Hinsicht leider kein Bewusstsein in der Gesellschaft. Mehr als einmal fragten meine Chefs verwundert: Was, Sie sind Hartz4?" Obwohl sie nichts zahlten...

     

    Auch im Parlament und der Politik im allgemeinen werden ja junge Leute gerne ausgebeutet, auch bei Parteien, die den Mindestlohn fordern.

     

    Das eigentlich traurige aber sind die Menschen, die einem noch einen Strick draus drehen. Die meinen, der Betroffene sei aus welchen Gründen auch immer selbst Schuld an seiner Situation.

     

    Dreckig geht es doch mittlerweile so vielen in Deutschland. Dem Briefträger, der Krankenschwester, der Einzelhandelskauffrau, der Kindergärtnerin, dem Maschinenschlosser und und und... Wo ist eigentlich die Solidarität zwischen diesen einzelnen Gruppen geblieben. Gab es die mal?

  • B
    Bernd

    ... und wie sieht es bei der taz selbst aus? Dort ist man doch auch nicht berühmt dafür, großartige Löhne zu zahlen, oder? Was bekommen Praktikanten bei der taz?

     

    ***Anmerkung der Redaktion: Das ist bei den Ressorts verschieden. Auf taz.de bekommen die Praktikanten mindestens 200€ im Monat, oder Zeilengeld, falls das am Ende höher ausfällt.

  • TK
    Tina König (fairwork)

    Sehr guter Artikel, der unserer Meinung nach die Stimmung der Zeit treffend darstellt. Auch wir als Interessenvertretung für Absolventen vermissen manchmal ein etwas aktiveres Auftreten der Betroffenen für Ihre Rechte!

    Wir freuen uns auf jeden Fall auf den Praktki-Streik, der - gerade mit Hinblick auf die Wahlergebnisse - mal wieder dringend erforderlich ist, um der dann neuen Regierung zu zeigen, dass wir junge Berufsanfänger uns nicht als bieten lassen! Wir hoffen auf viele Teilnehmer.

  • C
    claude

    Jawohl! Der Artikel trifft den Nerv der Zeit. Es geht nicht nur immer darum mit den Fingern auf die anderen zu zeigen oder immer der Meinung zu sein, alle anderen sind an den Pratikantenbedingungen Schuld. Es machen doch genügend mit!Es ist doch eine Schande, dass sich gerade die betroffenen jungen Leute wenig angesprochen fühlen. Wieviel bin ich mir selber Wert und was kann gerade die doch so schön verschriene "Generation-Praktikum" selber dagegen tun? Nur ertragen, sich ärgern und Unternehmen als Ausbeuter zu bezeichnen hilft dabei wenig - Stimme erheben, Vorschläge machen und für sich selber einstehen hilft dagegen wesentlich mehr!Ob beim Streik oder beim betreffenden Arbeitsplatz - jeder der sich für Veränderungen einsetzt, setzt sich nicht nur für sich, sondern für eine ganze Generation ein und zeigt: Wir sind was Wert!

  • K
    Kein-Euro-Jopp

    @ susannah

     

    Ich bin der Letzte,der persönlichen Grenzen nicht gelten ließe. (Solche Gespräche sind aber auch wie geschaffen, aneinander vorbeizuquatschen:)

    Ich denke nicht,dass es nur diese beiden Möglichkeiten gibt. Gerade der Streik ist doch schon eine weitere.Nur aufgrund eben der erwähnten Grenzen persönlicher Opferbereitschaft,scheitern selbst diese Mittel. Auch weil sich ein Großteil denken kann: Hab's doch bald hinter mir. Und das ist ein Problem der Mentalität.(Das hatten wir irgendwie schon,oder)

    Also muss wohl noch etwas vor dem Streik passieren, und das schon während der Ausbildung. Stichwort: politische Bildung. Beispielsweise in Veranstaltungen zur Berufsvorbereitung oder ähnlichem. Vielleicht existiert sowas ja auch schon, ich studier nich,deswegen fehlen mir die Erfahrungen...

    Denn ohne die Basis einer Vorstellung von Recht,gibt es auch kein Gewissen,das dieses einfordern könnte. Sach ich ma

  • D
    Dipleuse

    Ein Studium ist keine Berufsausbildung. Wenn die Studieninhalte auf dem Arbeitsmarkt nicht benötigt werden ist der "summa cum laude" Absolvent eben ein ungelernter Arbeitssuchender.

    Aber worüber regt Ihr Euch denn auf? Als Ingenieurin verdiene ich momentan gerade mal 100€ mehr als in meinem Lehrberuf als Gesellin. Wozu eigentlich studieren?

    Trotzdem viel Erfolg wünscht Euch die

     

    Iris

  • S
    susannahdean

    @ Kein-Euro-Job: Eben das. Sich fügen oder Hartz 4, wo genau ist da die Alternative?

  • K
    Kein-Euro-Job

    ät susannahdean:

     

    Leider tyisch für Foren. Da wird die marginalste Bemerkung herausgepickt und ein Strick draus gezwirbelt. Seis drum. Was ist nun die Alternative für "deine Generation"? Die Frage hat irgendwie Tiefgang. Welche Alternative hat ein Mensch, ohne Gewissen für die Konsequenzen seines Handels, ohne Würde, den geringsten Gemeinschaftssinn oder so etwas wie ein Rückrad? Du hast Recht. Das ist das Ende!!

  • ID
    Irgen Dwer

    Praktikum bedeutet im tieferen wortsinn, praktische erfahrungen machen und keinen arbeitsvertrag auf lebenszeit. Soweit sogut. Die krux daran ist,die gut ausgebildeten praktikanten fordern keinen monetären gegenwert für die geleistete arbeit. Wie dämlich muß man sein um sowas zu tun?!!

    Die gehören nochmal auf die schulbank der 6.klasse und nachsitzen bezüglich sozialkunde.

  • D
    dongenaro

    @andreas "krank feiern" ist in den festen Sprachgebrauch übergegangen genau wie "Feierabend". Ich weiss ja nicht, ob Du selbst arbeitest, aber nicht jeden Abend, den ich nach der Arbeit nach hause gehe, kehre ich ein Lokal zum "feiern" ein.

    Wer mit Grippe oder was auch immer zuhause im Bett liegt "feiert" sicherlich nicht! Der Begriff entstammt daher ziemlich sicher der Arbeitgeberschaft und SOLL sich so anhören - wahrscheinlich vor dem Hintergrund, dass "krankfeiern" in deren Augen schlicht die "Lohnfortzahlung im Krankheitsfall" bedeutet und ich bin mir sicher, dass derartige Termini bewusst erfunden wurden, um eben diese sozialen Leistungen, für die zig tausende Arbeiter gekämpft haben, auszuhöhlen.

    Offensichtlich gibt es genügend Vollidioten, auch auf derartige Neologismen hereinfallen, gelle, Andreas!

  • K
    Katharina

    Ich denke das bedingungslose Grundeinkommen würde diese Problematik lösen.

    Wenn für meine Existenz gesorgt ist, arbeite ich gerne auch ohne Geld für etwas, was mich erfüllt.

    Also, die Wahl steht unmittelbar bevor und man kann Direktkandidaten wählen, die sich für das bedingungslose Grundeinkommen einsetzen und parteilos sind.

  • U
    Ute

    Es ist mutig, eine Praxis zu geisseln, der man selbst gerade ausgesetzt ist. Bravo! Hoffentlich findet der Streik viele Anhänger, damit die schlechte Gewohnheit, die sich in deutschen Unternehmen immer mehr verbreitet hat, zumindest öffentlich und massiv an den Pranger gestellt wird.

  • D
    Doris

    Auch in den achtziger Jahren waren ja unbezahlte Praktika der High-Society-Kids schon durchaus üblich, die dann mal zwei Monate bei den VN in New York hospitierten, während man selbst in den Semesterferien einen 12-15DM/h-Job abreißen musste, um im nächsten Semester über die Runden zu kommen. Kleiner Unterschied: Heute scheint es auch diese Jobs nicht mehr zu geben, wenn ich meine Studenten, die für 6-7€ im Callcenter sitzen, richtig verstehe...von den verzweifelten Absolventen ganz zu schweigen.

  • YC
    Yannick Comenge

    We support you!

     

    From France,

     

    Yannick, Génération Précaire

  • F
    Freya

    Es scheint hinter dem Problem der Generation Praktikum ein breiter politischer Trend zu stehen, genauer gesagt ein Entpolitisierungstrend. Auch im Bereich der gewerblichen und industriellen Arbeiterschaft geht der Grad der gewerkschaftlichen Organisation drastisch zurück.

     

    Ist es also nur politische Trägheit? Eine Folge der Turbobeschulung, die das Denken eher kanalisiert als entfaltet?

     

    Oder geht es ganz einfach vielen (bei weitem nicht allen) Leuten einfach nur zu gut? Ein Zwei-Drittel-Gesellschaftsphänomen? Es ist ja immer wieder erstaunlich, wieviel Geld von vielen Leuten gerade auch in der jetzigen angeblichen Krise verschwendet wird, und sei nur für die "engagierte" Pflege der täglichen Verkehrsstaus und für die Zunahme zweifelhafter Urlaubsflüge, sogar seitens vieler "Praktikanten".

  • P
    Praktikantin

    Super Artikel!

    Es kommt aber auch darauf an in welcher Branche das Praktikum stattfindet. Die Medienlandschaft sowie Kultureinrichtungen sollten sich bei diesem Artikel wohl eher angesprochen fühlen als Wirtschaftsunternehmen (aus eigener Erfahrung). Es ist wirklich ne Sauerei, wenn man einen Job erledigen muss, der vom Arbeits- und Zeitaufwand dem eines Festangestellten gleichkommt. Ich selbst bin grade wieder in so einer Situation. Auch wenn die Bezahlung mit 400€ in dem Breich (Medien) ein Glücksgriff ist, ist es Ausbeutung pur!

    Mit einer 40 Std Woche entspricht das einem Stundenlohn von 1,60€. Noch schlimmer sind Institutionen die der Ansicht sind, dass ihr Name auf dem Zeugnis Entlohnung genug sind und null Euro zahlen.

    Die Ignoranz einiger Arbeitgeber ist entmutigend. Mindestanforderung: Das Praktikum muss ausreichen um Miete und Essen zu finanzieren (für den Fall Vollzeit-Prakitkum)

    Viva la revolución!

  • Y
    Yvonne

    "Es gibt genug Praktika, die bezahlt werden."

     

    Von 400 € lässt es sich auch super leben. Miete, Versicherung, Lebensmittel...alles kein Problem und ein Nebenjob nach einer 50 Std. Woche macht uns auch nichts aus.

    Aber wir verschulden uns ja gern, Kredite zur Selbstverwirklichung und das Anfang 20. Vielen Dank Deutschland für all diese wunderbaren Chancen.

  • A
    Andreas

    Der Satz "niemals krank feiern" entlarvt.

     

    Wer einen Beruf als Ruhekissen sieht, von dem aus man Krankheiten vortäuschen kann, der ist asozial und hat keinen Arbeitsplatz verdient.

  • M
    markus

    Es gibt genug Praktika, die bezahlt werden. Meine Firma würde niemanden ohne Gegenleistung praktizieren lassen. Wir hätten da tatsächlich ein schlechtes Gewissen, weil wir auch Engagement fordern. Wer sich kostenlos anbietet steht doch unter Verdacht, nichts beitragen zu können. Also Mut bei der Gehaltsverhandlung im Vorstellungsgespräch - auch bei Praktika!!

     

    @alle studenten: schaut mal nach dem leonardo-Programm. Praktika im Ausland inkl Stipendium. Sehr leicht zu bekommen!

  • M
    Martin

    Schöner Text! Ich finde aber das Problem ist überschätzt. Wenn Praktika wirklich dem Lernen dienen und nicht länger al ein paar Wochen dauern, finde ich es ok, wenn man kein Geld bekommt. Praktika nach dem Abschluss und über Monate hinweg sind nicht in Ordnung, bezahlt, oder nicht. Aber: Wie viele Praktikanten gibt es denn wirklich?

    Das eigentliche Problem ist doch die Inflation von Minijobs, Scheinselbständigkeit und Freelancing, bei dem der Preis der fehlenden Altersvorsorge einfach oft nicht mit eingerechnet ist. Gerade die Zahl der unterversorgten Freelancer ist aber auch ein Indiz für ein Überangebot (insbesondere) an kreativen Dienstleistungen.

    Es gibt ja gut bezahlte Praktika und es gibt sichere und gut bezahlte Jobs. Oft können die sogar nicht besetzt werden, weil sich keine geeigneten Bewerber finden - in technischen Berufen zum Beispiel. Das führt doch letztlich immer zu der schwierigen Frage: ist mein Ziel ein sicherer Job mit guter Bezahlung oder die Selbstverwirklichung. Jeder Weg hat seinen Preis, das sollte man vielleicht auch offen diskutieren. Wie gesagt, Ausbeutung nach dem Abschluss ist nicht ok, aber der Anspruch, alles auf einmal zu bekommen (Selbstverwirklichung und Freiheit bei guter Bezahlung und Absicherung) ist vielleicht auch überzogen?

  • K
    Kristina

    Schöner Artikel. Leider wird sich an dem "Prinzip Praktikum" erst etwas ändern, wenn sich auch PolitikerInnen für dieses Thema interessieren. Die kneifen da aber ja gerne mal den Schwanz ein.

     

    Andererseits ist es schwierig, für dieses Anliegen, Menschen zu mobilisieren, weil es leider wirklich so ist, dass diejenigen, die gerade so einen - wie auch immer schlecht bezahlten Job - ergattert haben, sich nicht mehr angesprochen fühlen. Obwohl auch sie vorher über dieses System ausgebeutet wurden...

  • M
    Matthias

    Schade nur, dass selbst die TAZ gerne die Zukunftsangst der Nicht-Generation nutzt und unbezahlte Praktika anbietet... Aber einfacher als selbst etwas zu ändern ist es dann auf die einzuschlagen, "die sich ja nicht wehren".

  • R
    Rainer

    Gelungener Artikel. Wird die Prakti- Beilage nur in Berlin erscheinen oder auch in der Bundesausgabe? Interessierte Grüße

     

    *Anmerkung der Redaktion: Die Beilage erscheint nur in Berlin und Umgebung.

  • S
    susannahdean

    @Kein-Euro-Job: Wo sollen sie denn sonst ihr Glück suchen? Unter der Brücke? Das ist doch die Alternative für meine Generation.

     

    Das größte Problem ist doch, dass sich wirklich arme Studenten ein Praktikum meist gar nicht leisten können. Für alle anderen ist es eine freie Entscheidung und oft auch eine sinnvolle, weil es auf dem Lebenslauf nunmal schön aussieht. Aber wer kein Geld hat kann nicht in eine andere Stadt gehen um dort für einen Hungerlohn zu arbeiten. Und hinterher wird er gefragt, warum er denn in so einem langen Studium nicht genügend Praxiserfahrung gesammelt habe.

    Das geht zwar alles so nicht, aber ein Streik wird es nicht ändern. Hinter jedem Praktikanten in einer renommierten Firma stehen mindestens fünfzig andere, die sich in jeder Hinsicht dafür prostituieren würden, seinen Platz einzunehmen. So ist das: Alles was wir tun ist mit den Ellenbogen die Konkurrenz zu verdrängen, anstatt sich mit ihr zu verbünden.

  • SL
    Sarah Ludwig

    Danke!für für diesen Artikel! Hat, trotz der bitteren Realität, gut getan darüber in einem öfftl. Medium zu lesen. Ich wünsch dir viel Erfolg und all den anderen. Und hoffe, dass die Chefs und Mitarbeiter, aber auch die Betroffenen selbst, endlich aufwachen und erkennen: Arbeit für wenig bis gar keinen Lohn ist menschenverachtend!

  • J
    Johannes

    hin oder her..

    aus dieser angenommenen generation die sich in leeren praktikas verliert, habe ich die befürchtung, dass diese manie mit dem selben stolz weiter gegeben wird..

    bei meinem letzten praktikum war es die schon fertig studierte Diplomantin die mir ohne kommenar den dreck als arbeit aufgegeben hat weil bei ihr das frûher nicht anders war;

     

    also fordern und aufmerksam machen

  • I
    instroemen

    Es steht jedem frei, eine Revolution anzuzetteln. Und wenn sie nur im Kleinen stattfindet. Danke für diesen Artikel.

  • K
    Kein-Euro-Job

    Ich sehe da nur ein Problem: So begrenzt wie die Zeit als Praktikant, ist auch die Zeit des Kampfes für die Rechte der Praktikanten. Denn nur da liegt die Macht des Managements - In der Gewissheit des Erniedrigten, nach der Zeit als Praktikant endlich auch dazuzugehehören. Denn wenn man die Leiter erstmal hochgestiegen ist, wird man diese Leistung nicht einfach vergessen wollen und nur schwer akzeptieren können, dass es die folgende Generation hochqualifizierter Arschlecker leichter hat als man selbst. So institutionieret sich dieses System der Edelsklaverei ganz von allein.

     

    Kampagnen für die Rechte für Praktikanten wirken irgendwie halbherzig. Es ist einfach schwer für die Rechte von jemandem einzutreten, der für nichts eintritt. Wer sein Glück im Kapitalismus sucht, braucht eine Therapie und keine Rechte.

    hihi

  • N
    Nigredo

    Für dieses sozialdarwinistische Gesellschaftsbild gibt es doch offensichtlich große Sympathien, Herr Westerwelle macht nur damit Politik und ist auf einem Allzeithoch.

    Und in dieser pseudodemokratischen Oligarchie sind es gerade diese, die auch bestimmen.

  • E
    Erwin

    Gott sei's gedankt, dass IT-Unternehmen in Amerika ihren Praktikanten alles andere als Hungerloehne zahlen. Dort versteht man das als Teil der Mitarbeiteranwerbung.

  • DT
    Dragan Trkulja

    hhm, schöner kommentar. wieso kapiert eigentlich höchstens die absolute minderheit in deutschland die realität?

  • JS
    jan Schöche

    Danke, für diesn schönen, sehr lebensbejahenden Artikel. Bin zwar selber kein Praktikant, würde aber niemanden nur ansatzweise diese Lebensform wünschen, nach den zahlreichen Informationen der letzten Jahre. Leider ist es ziemlich ruhig um uns werdende Arbeitsnehmer geworden. Man muss nicht unbedingt erst Praktikant sein, wenn es darum geht eigene Leistungen von anderen "Kollegen" für Eigenleistung derer vor'm Chef präseniert zu bekommen.

    Ich wünsche dir viel Erfolg gegen "Widersacher", die gegen deine freie Meinung angehen wollen.

  • LW
    Lasse Wißmann

    Im eigenen Praktikumsbetrieb einen Bericht zu veröffentlichen, der den Chef eben jenes Betriebs als Ausbeuter hinstellt, hat schon etwas ironisches...