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Streik bei Coca-Cola DeutschlandAbfüllen, bis der Arzt kommt

Wie viel Recht auf ein planbares Wochenende haben Beschäftigte? Die Angestellten von Coca-Cola wehren sich gegen kurzfristige Samstagsarbeit.

Wann kam die Cola in die Flasche? Bild: reuters

BERLIN taz | Schwarzer, heißer Kaffee statt brauner Brause – rund 90 Mitarbeiter der Coca-Cola Erfrischungsgetränke AG haben Dienstag früh in Berlin bei eisiger Kälte die bundesweite Warnstreikwelle fortgesetzt. „Wir arbeiten seit Jahren für weniger Geld, damit muss Schluss sein“, sagt Franko Lasener, Verkaufsfahrer am Standort Hohenschönhausen im Nordosten der Stadt, an dem 260 Beschäftigte arbeiten.

Lasener verdient Vollzeit rund 2.200 Euro brutto monatlich. Aber da die tägliche Arbeitszeit von neun auf achteinhalb Stunden reduziert worden sei – „obwohl wir immer noch neun Stunden arbeiten“ –, seien die Löhne faktisch gekürzt worden.

Seit Montag laufen die Warnstreiks, zu denen die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) aufgerufen hat. Am ersten Tag beteiligten sich daran laut NGG rund 600 Beschäftigte aus fünf Bundesländern. Die Gewerkschaft fordert in den Tarifverhandlungen, die am 30. Januar fortgesetzt werden, 6 Prozent mehr Lohn. Die Arbeitgeber halten mit 2,5 Prozent für das erste und noch einmal 2 Prozent für das zweite Jahr dagegen.

Doch der Konflikt dreht sich auch um eine Flexibilisierung der Arbeitszeiten. Coca-Cola ist mit über 10.000 Mitarbeitern der größte Arbeitgeber in der Erfrischungsgetränkeindustrie, die insgesamt rund 27.700 Beschäftigte zählt. „Wir brauchen mehr Flexibilität. Wenn es heiß ist oder der Handel Sonderaktionen macht, müssen wir schnell reagieren“, sagt Geert Harzmann, Sprecher der Coca-Cola AG in der Unternehmenszentrale Berlin-Mitte. „Die Leute sollen arbeiten, bis der Arzt kommt“, sagt Uwe Ledwig, Geschäftsführer der NGG Berlin-Brandenburg.

Arbeit auf Abruf

Bereits jetzt kann Coca-Cola die Arbeitnehmer zu 10 Samstagsschichten verpflichten, künftig sollen es 15 sein. Beschäftigten in der Produktion müssen die Schichten bisher acht Tage vorher angekündigt werden. Für den Vertrieb gelten drei Tage.

Coca-Cola wolle diese Frist auf 24 oder 48 Stunden verkürzen, berichtet die NGG aus den ersten Verhandlungsrunden. „Dann ist keine Freizeitgestaltung möglich“, sagt Winston Blaas, Betriebsrat in Hohenschönhausen. Harzmann will diese konkreten Fristen nicht bestätigen. Aber er spricht davon, dass die Abstände in „absoluten Ausnahmefällen“ kürzer werden müssten. Wie genau und für wie viele Mitarbeiter, da hält sich der Sprecher bedeckt.

Wie weit verbreitet Arbeit auf Abruf ist, darüber ist in der Forschung wenig bekannt. Ab und zu werden in den Medien spektakuläre Einzelfälle skandalisiert. Beispielsweise, dass es im Einzelhandel weit verbreitet ist, von einem auf den anderen Tag „gebucht“ zu werden.

Eigentlich schreibt das Teilzeit- und Befristungsgesetz vor, dass außerplanmäßige Arbeitseinsätze vier Tage vorher angekündigt werden müssen. Das Bundesarbeitsgericht urteilte zudem 2005, dass nur ein Viertel der gesamten Arbeitszeit „auf Abruf“ erfolgen dürfe. Doch es ist jederzeit möglich, die Viertageregelung durch anders lautende Tarifverträge zu umgehen.

Sofern es überhaupt einen Vertrag gibt. „In vielen Betrieben mit niedrigem Organisationsgrad und ohne Betriebsräte passiert es eher auf Zuruf, also völlig informell“, sagt Steffen Lehndorff, langjähriger Arbeitszeitforscher am Institut Arbeit und Qualifikation der Uni Duisburg-Essen.

Bei Coca-Cola hingegen gibt es Betriebsräte – und laut NGG immer mehr Beschäftigte, die wegen des Konflikts in die Gewerkschaft eintreten. „Wir haben allein im letzten halben Jahr rund 30 neue Kollegen gewonnen“, erzählt Betriebsrat Blaas in Hohenschönhausen.

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8 Kommentare

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  • I
    ich

    Krankenhaus TVÖD sieht aber vor das max 2 Tage überstunden aufgebaut werden dürfen, somit hält sich die Arbeitszeit in Grenzen da 2 Tage schnell erreicht sind. Bei Coke geht es um max 180 Stunden die konzentriert im Sommer anfallen. D.h. 4 Monate am Stück Arbeiten keine 2 Tage am Stück frei max 3-4 Tage frei Pro Monat, abbummeln unter Zwang.

    Germknödel provitiert auch von steigenden Löhnen in anderen Branchen da sich das direkt auf seinen Lohn auswirkt ( Lohnniveau/Mindestarbeitslohn den es in einigen Branchen gibt )

    Es steht ihn auch frei den AG zu wechseln wenn die Ümstände gegeben sind.

  • M
    Matze-G

    Bei Coke waren letztes Jahr 22000 Verstösse gegen das Arbeitszeitgesetz an der Tagesordnung. Alles wird nur noch nach Computersysteme berechnet, ist man schneller

    hat man minus-Arbeitszeit,ist man langsamer, hat man weniger Geld.

    Die Arbeiter haben sich in den letzten Jahren zurück gehalten mit Lohnerhöhungsforderungen....die grossen Chefs am Erfolg masslos beteiligt.

    Flexibel heisst dort einsetzbar bis täglich 10 Stunden.

  • J
    juli

    Warnstreik ist der richtige Weg!

    Die Kolleginnen und Kollegen bei Cola sind mutig und ich finde es toll, dass ihr über ihren Arbeitskampf berichtet.

    Und wenn mein Vorschreiber meint, es handle sich hierbei um "Klagen auf hohem Niveau", dann kann ich nur sagen, es klagen noch viel zu wenige!!!

    Diese Sprüche durften wir uns auch immer von unserem Chef anhören, bis wir uns einen Betriebsrat gewählt und die Gewerkschaft mal eingeladen haben. Ohne Witz, natürlich gibt es in Deutschland viel zu viele schlecht bezahlte Arbeitsplätze, aber daran wird sich auch erst etwas ändern, wenn sich die ArbeitnehmerInnen in diesen Bereichen organisieren und für ihre Rechte einsetzen. Hohe Tarifabschlüsse bringen übrigens der ganzen Gesellschaft etwas, weil sie die Sozialkassen füllen und sowohl Rente, als auch ALG 1 daran bemessen werden.

  • C
    caffeesatz

    Man muss bei solch einer Entwicklung auf die Tendenz achten. Und diese zeigt eindeutig: Rationalisierung der Arbeitszeiten für die Wirtschaftlichkeit der Unternehmen. Es wird, mit dem andauernden Zustand der Krise, die Prekarität der Arbeit zum Anlass genommen alles Recht der Arbeitnehmenden langsam aber sicher abzubauen. Das Primat der Wirtschaftlichkeit über die Menschlichkeit wird stillschweigend angenommen. Die Individualisierung der Konsumgesellschaft und der damit Verbundenen Erschaffung von künstlichen Bedürfnissen entsolidarisiert die Gesellschaft als ganze. Jedes aufgegebene Recht ist für immer verloren.

  • B
    B.i.g.

    Habe selbst schon dort gearbeitet und es ist in der Instandhaltung noch viel schlimmer. Kurzfristig Freitags kurz vor Feierabend bekommt man gesagt das man am Samstag kommen soll. Teilweise schon 6 Uhr morgens wenn man am Vortag ne Spätschicht hatte. Es ist echt heftig und ich bewundere die Menschen die das alles trotzdem durchhalten und sich dagegen wehren

  • Q
    quer-ulantin

    Für solche Konzerne und Betriebe ist es sinnvoll und wichtig, dass immer weniger Geld in die Bildung gesteckt wird - schließlich brauchen die willige, unkritische Arbeitssklaven!

     

    Hauptsache man hat Arbeit!

  • G
    germknödel

    klagen auf hohem niveau

     

    nun ja, ich verstehe die arbeitnehmer ja.

    wer kämpft kann verlieren...und so weiter.

    dennoch handelt es sich hier meiner meinung nach um luxuswünsche der beschäftigten. jeder klagt nun mal auf seinem niveau. ärzte, piloten und nun medienwirksam eben die beschäftigen des flüssigen american way of life...

     

    mein arbeitgeber garantiert mir 12 freie wochenenden im jahr, bei einem vollzeit-brutto verdienst von 1300€.

     

    klage ich? klar, es fuckt mich ab...

    von den arbeitszeiten und dem verdienst der brausepanscher kann ich aber trotzdem nur träumen.

    der fehler liegt im system.

  • JO
    jk one

    Im Krankenhaus ist hohlen aus dem Frei gang und gebe..

     

    Durchaus auch mal 10 Minuten vor Schichtbeginn.

     

    Einzige Lösung für ein ungestörtes Wochenende ist die Unerreichbarkeit.