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Streamingdienst löscht Comedy-FolgeKunstfreiheit mit Einschränkungen

Der Comedian Hasan Minhaj übt in seiner Show Kritik am saudischen Kronprinzen. Netflix verpasst die Chance, Haltung zu zeigen, und beugt sich Riad.

Comedian Hasan Minhaj hat sich bisher noch nicht zu dem Vorfall geäußert Foto: imago/Future Image

In den letzten Jahren hat Netflix es immer wieder geschafft, mit einem Angebot an progressiven Produktionen zu glänzen. In Serien wie „Dear White People“ oder „Sense8“ wurden Rassismus, Diversity und nicht-heteronormative Sexualität thematisiert. Auch in non-fiktiven Formaten ging es oft um politische Themen.

Jetzt hat Netflix diesen fortschrittlichen Ruf in den Sand gesetzt, als es davor zurückschreckte, für eins dieser Formate einzustehen: Eine Folge der Show „Patriotic Act with Hasan Minhaj“ wurde nach Aufforderung der Behörden in Saudi-Arabien vom Netz genommen, weil sie gegen ein Gesetz zur Cyberkriminalität des Königreichs verstoße.

Was für ein Armutszeugnis.

In der fraglichen Episode nimmt der US-amerikanische Comedian Hasan Minhaj den Fall Kashoggi zum Anlass, Saudi-Arabien, den Kronprinzen Mohammad bin Salman und den Krieg im Jemen auseinanderzunehmen. Er kritisiert, dass der Prinz lange als Reformer galt und nennt ihn einen Modernisierer der „saudischen Diktatur“.

Heuchelei im Silicon Valley

„Wir unterstützen mit Nachdruck weltweit die Kunstfreiheit und haben die Folge in Saudi-Arabien nur entfernt, nachdem wir eine rechtskräftige Aufforderung erhalten haben“, verteidigte sich Netflix dem Online-Magazin TheWrap gegenüber.

Dabei hätte der Streamingdienst hier die Chance gehabt, Haltung zu zeigen. Mit der Löschung der Folge bestätigt er stattdessen einen der Kritikpunkte von Minhaj: In den USA hüte man sich vor Konflikten mit dem Königreich. Denn die USA profitieren nicht nur vom Öl- und Waffenhandel mit Mohammad bin Salman. Der Kronprinz ist auch einer der Hauptinvestoren im Silicon Valley.

Fast 11 Milliarden Dollar zahlte er laut Minhaj seit 2016 an US-amerikanische Start-Ups. Unter anderem zum Beispiel an die Firma WeWork, die weltweit Büroräume vermietet und zuletzt Schlagzeilen machte, weil sie ihren Mitarbeiter*innen nur noch vegetarisches Essen zahlt. Die Heuchelei der Firma kommentiert Minhaj mit den Worten: „Ihr seid also gegen Schlachthäuser – es sei denn, sie sind im Jemen?!“

Dass die Folge im Rest der Welt online bleibt, ist nur ein schwacher Trost, denn gerade die saudische Bevölkerung sollte die berechtigte Kritik an ihrem Prinzen zu sehen bekommen. Bisher kann sie das noch, denn auf YouTube lässt sich die Folge auch in Saudi-Arabien finden. Zumindest solange YouTube nicht auch einknickt.

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4 Kommentare

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  • 9G
    97088 (Profil gelöscht)

    Ja, so ist das mit der schönen neuen Netzwelt. Zentral, unternehmerisch geführt, gewinnorientiert, ganz sicher undemokratisch und im Zweifel „Kundenfreundlich“.



    Der Start in die Diktatur der Unterhaltung hat ja schon vor Jahren begonnen und setzt sich z. B. im pay-TV in der Diktatur der Nachrichten(inhalte) fort.



    Dabei sind das nur Nebenaspekte einer erfolgreichen Geschäftsidee.



    Ich warte auf den Tag, am dem amazon & Co. festlegen, wer was kaufen darf bzw. muss.

  • "...nachdem wir eine rechtskräftige Aufforderung erhalten haben“, verteidigte sich Netflix.."

    Was sollte Netflix nach Ansicht der Autorin machen? Gegen die rechtskraftige Aufforderung verstoßen?

    • @DiMa:

      Mir scheint auch es wird hier immer wieder von Unternehmen erwartet dass zu tun wofür eigentlich die Politik zuständig wäre. Warum sollte denn ein gewinnorientiertes Unternehmen höheren ethischen Standards verpflichtet sein als unsere gewählten Regierungen.

  • Ja so sind die lieben Twitterlinken - die Klappe wird nur aufgerissen wenn es darum geht gegen Weiße, Heterosexuelle und moderat Konservative zu hetzen. Sobald es ans Eingemachte geht riskiert man dann aber lieber nichts.