■ Kommentar: Straßentheater
Wie sich die Bilder doch gleichen - DGB-Demo am Alsteranleger und Naturschutzaktion in der Spitalerstraße: Für wen eigentlich? Wer sieht noch hin in einer Stadt, in der die meisten Menschen mit dem samstäglichen Einkauf wirklich Wichtiges zu erledigen haben? Die Themen sind austauschbar wie die Inszenierungen: Zerstörung der Natur und Sozialabbau als nette Ablenkung auf dem Weg von Karstadt zum Alsterhaus, dargeboten mit den immer gleichen Mitteln. Endlose Rednerlisten, Fahnen im Wind und mal die Natur, mal die Renten im Krankenbett, verbunden mit dem manchmal zwanghaft wirkenden Versuch, mit den Menschen ins Gespräch zu kommen.
Die Politik(er)verdrossenheit wird hier förmlich greifbar: Obwohl mittendrin, finden diese Aktionen zunehmend unter Ausschluß der Öffentlichkeit statt - im wahrsten Sinne des Wortes: Die Öffentlichkeit hat kein Interesse mehr an Ihnen. Während die Gewerkschaftsfunktionäre aus arbeitsrechtlichen Gründen ausharren, spielt das reale Leben längst woanders: in den Passagen und Kaufhäusern.
Können also solche Aktionen überhaupt glaubwürdig sein? Sie können es nicht, weil ihre Hauptdarsteller es nicht (mehr?) sind. Wer glaubt denn noch einer Renate Schmidt, die auf der DGB-Demo über (!) die Armen und Alten in dieser Gesellschaft spricht und Verzicht der Besitzenden anmahnt? Die Bürger sind nicht so dumm wie eine durchschnittliche Gewerkschaftsdemo: Sie haben nur keinen Bock mehr auf immer diegleiche Inszenierung: Es geht sie einfach nichts mehr an! Wenn keine Taten folgen, hat Politik auch als Straßentheater bald keine Berechtigung mehr.
Sören E. Kurzhaar
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