Strafe gegen Deutsche Bank: Die Achse der Abzocker
Die Deutsche Bank rückt im Schurkenranking auf Platz vier auf. Sie muss wegen illegaler Geschäfte vor der Finanzkrise 7,2 Milliarden Dollar zahlen.
So geschieht es gerade mit der Deutschen Bank: Das US-Justizministerium veröffentlichte am Dienstagabend deutscher Zeit ein Urteil gegen das Geldinstitut, das von der Wortwahl her härter kaum hätte ausfallen konnte: „Illegales Verhalten“ warf US-Justizministerin Loretta Lynch der Bank vor. „Die Deutsche Bank hat nicht nur Investoren getäuscht. Sie hat direkt zu einer internationalen Finanzkrise beigetragen“, schrieb sie.
Dass die Deutsche Bank vor der Finanzkrise in großem Stil Kunden betrogen hat, ist mittlerweile dokumentiert. Die Finanzkrise nahm ihren Ausgang mit dem Absturz der Immobilienpreise Anfang 2007 in den USA. In diesem Jahr und dem Jahr 2006 hat die Deutsche Bank laut US-Justizministerium Investoren getäuscht.
Deutsche Bank hat sich „bereichert“
Genau genommen hat die Bank sogenannte mortgage-backed securities weltweit an Investoren verkauft, also Pakete von Immobilienkrediten, von denen sie intern längst wusste, dass sie eigentlich Ramsch waren. Damit habe sich die Deutsche Bank „bereichert“, so das US-Justizministerium.
John Cryan, Chef Deutsche Bank
Derartige Abzockergeschäfte waren damals allerdings üblich. Eine Studie der Organisation Good Jobs First in Washington von Juni 2016 zeigt: Eine Reihe von Großbanken mussten in mehr als hundert Vergleichen und Urteilen seit der Finanzkrise mehr als 160 Milliarden Dollar Strafen an US-Behörden zahlen, allen voran US-Banken. Hier das Ranking (Stand der Zahlen außer Deutsche Bank ist Juni 2016):
Platz eins, Bank of America, USA: In 28 Verfahren zahlte sie bisher 56,25 Milliarden Dollar Strafen, bei einer Bilanzsumme von 2,1 Billionen Dollar 2015.
Platz zwei, JPMorgan Chase, USA: Die Bank bringt es auf 38 Strafen und Vergleiche mit US-Behörden und eine Strafsumme von 28,35 Milliarden Dollar seit 2008. Die Bilanzsumme 2015 liegt bei rund 2,5 Billionen Dollar (Billionen ist übrigens kein Übersetzungsfehler).
Platz drei, Citigroup, USA: Immerhin 15,43 Milliarden Dollar musste diese Großbank abdrücken, in 24 Verfahren. Bilanzsumme 2015: 1,8 Billionen Dollar.
NEU! Platz vier, Deutsche Bank: Aufsteiger des bisherigen Jahres! Mit der neuen Strafe von 7,2 Milliarden, die größte in einem Einzelfall je verhängte, kommt das Geldhaus aus Frankfurt jetzt auf 11,75 Milliarden Dollar Strafen in 13 Fällen wegen der Finanzkrise. Allerdings liegen Wells Fargo (USA), BNP Paribas (Frankreich) und Goldman Sachs (USA) nur knapp dahinter.
Die Beispiele zeigen übrigens auch: US-Behörden verknacken mitnichten nur ausländische Banken zu Strafen. Allerdings ist der Terminus „Strafe“ eigentlich irreführend. De jure stimmt er zwar. Eher handelt es sich jedoch um ein Abschöpfen von zum Teil illegalen Gewinnen aus der Zeit des Immobilienwahns. Allein die US-Banken verdienten von 2003 bis 2007, die Zeit der Exzesse vor der Krise, rund 700 Milliarden US-Dollar, wie aus Daten des Einlagensicherungsfonds der USA hervorgeht.
Für die Deutsche Bank schafft das Urteil zunächst Erleichterung. Ursprünglich hatte das US-Justizministerium im Herbst 2016 14 Milliarden gefordert. Damals spekulierten Medien, ob die ohnehin kriselnde Bank damit pleite wäre – das Bundesfinanzministerium sah sich genötigt, Spekulationen über eine staatliche Rettung zurückzuweisen.
Kein Wunder, dass Bankchef John Cryan jetzt fast erleichtert schrieb: „Trotz dieser finanziellen Auswirkungen freuen wir uns, diese Angelegenheit beilegen zu können.“ Außerdem entschuldigte sich Cryan, der erst nach der Zeit der illegalen Geschäfte CEO der Bank wurde.
Das Geld geht an die Opfer
Die Krise der Deutschen Bank ist damit längst nicht vorbei. Sie ist in weitere Skandal verstrickt, wegen der weitere Milliardenzahlungen fällig werden könnten. Dazu zählt ein Geldwäscheskandal in Russland, mutmaßliche Sanktionsverstöße bei Geschäften mit dem Iran und Tricksereien auf dem billionenschweren Devisenmarkt.
Zumindest die jetzige Strafe kann die Bank nach Einschätzung verschiedener Analysten aus eigenen Mitteln zahlen. Noch ist die Bilanz für 2016 nicht fertig. Doch Rückstellungen für die schon damals absehbare Strafe führte zu Verlusten von rund einer Milliarde Euro – 2015 stand übrigens ein Minus von 7 Milliarden. Wie tief die Krise ist, zeigt auch eine Reaktion gestern: Für 2016 gibt es wahrscheinlich keine oder kaum Boni für die Mitarbeiter.
4,1 Milliarden Euro der Strafe in den USA kommen übrigens den Opfern der Finanzkrise zugute. Fast zehn Millionen Familien haben zwischen 2006 und 2014 in den USA ihr Haus verloren, mehr als 20 Millionen Menschen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“