: Stopp dem Mietwucher?
Sowohl Linkspartei als auch Grüne wollen überhöhte Mieten strenger sanktionieren. Die schwarz-rote Bundesregierung will lieber erst mal eine Expert:innengruppe einsetzen

Von Kai Vogt
Mieter:innen werden hierzulande nicht selten abgezockt. Besonders in Ballungszentren wie Berlin oder München, wo die Nachfrage nach Wohnraum steil steigt, zahlen Zehntausende Haushalte gesetzlich zu viel, wie Daten eines Vergleichsrechners der Linken zeigten. Mit dem sogenannten Mietwuchergesetz will die Partei dem nun einen Riegel vorschieben. Dieses kommt am Donnerstag im Bundestag zur Abstimmung.
Ziel des Gesetzes ist es, überhöhte Mieten künftig einfacher ahnden zu können. Denn auch wenn eine entsprechende Regelung bereits besteht, kommt diese juristisch nur selten zum Zug. Grund dafür ist, dass bisher nachgewiesen werden muss, dass Vermieter:innen die Knappheit an Wohnraum bewusst ausnutzen – was schwer zu belegen ist. „Wir wollen größere Rechtssicherheit für alle Beteiligten herstellen“, sagt die Linken-Bundestagsabgeordnete Caren Lay, seit Mittwoch Vorsitzende des Ausschusses für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen.
Einerseits soll künftig das bloße Vorliegen eines geringen Angebots als Beleg gegen den Vermieter ausreichen. Andererseits soll das maximale Bußgeld für Mietpreisüberhöhung von 50.000 auf 100.000 Euro erhöht werden. Der Vorschlag orientiert sich an einem Bundesratsbeschluss aus dem Jahr 2022. Eine Miete gilt dann als überhöht, wenn sie mehr als 20 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegt. Für Lay ist das kein Kavaliersdelikt. „Wer falsch parkt, muss schließlich ebenfalls mit einem Bußgeld rechnen.“
Hanna Steinmüller, wohnungspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, findet die Initiative richtig. „Doch eine Verschärfung des Wirtschaftsstrafrechts reicht nicht“, sagt sie der taz. Vielmehr müsse insgesamt verhindert werden, dass die Mieten so stark steigen dürfen. Ihre Fraktion hat deshalb ein umfassenderes Paket ausgearbeitet – das sogenannte Faire-Mieten-Gesetz, über das der Bundestag am Freitag zum ersten Mal berät.
Neben der Anhebung des Bußgelds sieht der Entwurf eine Verschärfung der Mietpreisbremse vor: Die Miete soll nur noch um höchstens 9 Prozent in drei Jahren steigen dürfen, aktuell sind es bis zu 15 Prozent. Die Regelung möchten die Grünen langfristig einführen, weiter sollen Indexmieten, also Mieten, die automatisch steigen, strenger reguliert und Eigenbedarfskündigungen erschwert werden.
Dass sich die Linken sowie die Grünen mit ihren Vorschlägen durchsetzen, ist angesichts der Mehrheitsverhältnisse im Bundestag unwahrscheinlich. Die SPD-Abgeordnete Sonja Eichwede teilt auf Anfrage mit, dass bei ihrer Partei zunächst die Verlängerung der Mietpreisbremse um vier Jahre im Fokus stehe. Ein entsprechender Gesetzesentwurf wurde am Donnerstag vom Bundesjustizministerium vorgelegt. Weitere Maßnahmen zum Mieterschutz würden „zeitnah in ordentlichen Verfahren angegangen“, so Eichwede.
Die Koalition plant, bis Ende 2026 eine Expert:innengruppe mit Mieter- und Vermieterorganisationen einzusetzen, die sich auch der Mietwuchervorschrift annehmen soll. Zuerst werde die Regierung diese Ergebnisse abwarten, betont CDU-Abgeordneter Günter Krings.
Ihre Priorität setzt die Bundesregierung auf „bauen, bauen, bauen“ – wie es Kanzler Merz in seiner Antrittsrede formulierte. In den ersten 100 Tagen plant die Koalition einen Gesetzentwurf für einen „Wohnungsbau-Turbo“, der das Angebot an bezahlbarem Wohnraum erhöhen soll. Auch Indexmieten und möbliertes Wohnen will sie stärker regulieren. Ob das reicht, um den Markt zu entspannen? Der Deutsche Mieterbund begrüßt eine Reihe mieterschützender Vorschläge im Koalitionsvertrag, kritisiert aber die fehlenden Maßnahmen gegen zu hohe Mieten. Den Gesetzentwurf der Linken unterstützt der Verband ausdrücklich.
Caren Lay, Linken-Abgeordnete
Dass ihre Initiativen wenig Erfolgschancen im Bundestag haben, ist der Linkspartei und den Grünen bewusst. Es geht ums Signal: Die Linke will zeigen, dass sie bei dem Thema Wort hält. Sie hatte die Wohnungskrise im Wahlkampf zu einem ihrer zentralen Anliegen gemacht.
Die Grünen wiederum nutzen die Vorlage, um sich als soziale Opposition zu profilieren – und um sich von der SPD abzusetzen, die in der Koalition in sozialen Belangen von der Union ausgebremst wird.
Gleichzeitig soll es wohl auch ein Zeichen an ehemals grüne Wähler:innen sein, die zuletzt bei der Linken ihr Kreuz gemacht haben.
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