Stopp-Kohle Demo in Berlin: Aufruf sorgt für Streit
Vor dem ersten Treffen der Kohlekommission rufen Umweltverbände am Sonntag zu Protesten in Berlin auf. Gewerkschafter sind empört.
31 Leute, eine entscheidende Aufgabe: Am kommenden Dienstag kommt in Berlin erstmals die Kommission zusammen, die in den nächsten Monaten einen Plan für den Kohleausstieg entwickeln soll. Doch schon vor dem ersten Treffen zeigt sich: leicht wird das nicht, sondern kontrovers.
Denn für diesen Sonntag rufen Umweltverbände und die Grünen zur großen „Stopp Kohle“-Demonstration auf. Darunter auch der BUND und Greenpeace, die in der Kommission sitzen. Tausende Menschen werden, so die Idee, in der Hauptstadt vor dem Kanzleramt, aber auch in anderen Orten Deutschlands mit schwarz bemalten Händen auf die Straße gehen. So soll Druck gemacht werden, auf die Regierung, damit die besonders klimaschädlichen Kohlemeiler rasch abgeschaltet werden. „Nimmt Deutschland die internationalen Klimaziele ernst, müssen wir spätestens bis 2030 aus der Kohle aussteigen“, erklärt Stefan Krug, der die politische Vertretung von Greenpeace leitet.
Der Aufruf löst bei der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie, der IG BCE, Verärgerung aus. Denn das hochrangige Gremium soll genau über jenen Zeitpunkt, wann Deutschland ohne Kohle auskommen kann, beraten. „Demonstrationen und kategorische Forderungen schon von dem Start der Strukturkommission stellen eine unnötige Vorbelastung ihrer ergebnisoffenen Arbeit dar“, sagt ein IG BCE-Sprecher. Das zeuge auch „nicht von der Souveränität einiger Verantwortlicher.“ Und weiter: „Sich in die Kommission berufen zu lassen und gleichzeitig die üblichen Parolen aufzufahren, lässt uns daran zweifeln, ob alle Akteure die Autorität für sachgerechte Lösungen mitbringen werden.“
Neben Umweltschützern und Gewerkschaftern sitzen in der Kohlekommission, deren Name offiziell Kommission für Wachstum, Beschäftigung und Strukturwandel“ lautet, Politiker aus den Kohleregionen, Vertreter von Wirtschaft und Wissenschaft. Sie alle sollen klären, wie die nächste Stufe der Energiewende nach dem Atomausstieg funktionieren kann, ohne die Stromversorgung zu gefährden und die Beschäftigten im Nichts stehen zu lassen. Im Braunkohletagebau und den Braunkohlekraftwerken sind rund 20.000 Menschen beschäftigt. Dazu kommen Mitarbeiter bei Zulieferern. So ergibt sich eine Spannungsfeld aus Klimaschutz, Versorgungssicherheit und Arbeitsplätzen.
Die Zeit drängt
Greenpeace-Mann Krug meint: „Wir sagen nicht: `Stoppt die Meiler sofort!´ Wir müssen gemeinsam einen Plan entwickeln für einen schrittweisen Ausstieg.“ Die Zeit dränge aber nun mal: „Klimaforscher warnen, dass die Polkappen schneller schmelzen als erwartet, in Deutschland wird der Klimawandel in Überflutungen und Wetterextremen sichtbar.“
Erst vor wenigen Tagen rechnete ein internationales Forscherteam vor, dass die Antarktis zwischen 1992 bis 2012 durchschnittlich etwa 76 Milliarden Tonnen pro Jahr an Eis verlor, zwischen 2012 und 2017 dann jedes Jahr fast dreimal so viel: 219 Milliarden Tonnen. Das sorge mittlerweile viele Bürger, nicht nur Greenpeace und der BUND riefen zur Demonstration auf, sondern viele verschiedene Verbände, sagt Krug. „Wir unterstützen es, wenn es eine große Stimme gibt, Bürger der Kommission signalisieren, was sie wollen.“ So argumentiert auch der BUND-Vorsitzende, Hubert Weiger. Er sagt: „Zwei Drittel der Deutschen wollen einen raschen Ausstieg.“
Bis Ende des Jahres soll die Kommission ein Datum für das Ende der Stromproduktion aus Braunkohle vorschlagen. Es gibt noch viel zu reden.
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