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Stolpe will „nur in Notsituation“

■ Kirchenmann im Gespräch als DDR-Ministerpräsident

Hamburg (dpa/taz) - Seit Tagen halten sich unter Journalisten gerüchte, der Konsistorialpräsident der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg, Manfred Stolpe, werde seitens der CDU als Ministerpräsident der DDR favorisiert. Auf Nachfrage, ob er für ein Ministeramt oder als Kandidat für den Posten des Regierungschefs zur Verfügung stehe, antwortete der 55jährige Kirchenführer jetzt in einem Interview der „Bild„-Zeitung: „Nein. Nur in einer Notsituation wäre ich bereit, in ein Kabinett einzutreten. Diese Situation ist aber nur dann gegeben, wenn Menschen gebraucht werden und man sonst keinen findet. Diese Situation sehe ich zur Zeit nicht. Es sind genügend Leute da.“ Die Spekulationen um ihn als Ministerpräsidenten kommentierte Stolpe zurückhaltend: „Es wäre ungewöhnlich, auf einen Außenstehenden zurückzugreifen.“

Gleichzeitig erklärte Stolpe, er befürworte eine Regierung mit einer breiten Mehrheit unter Einschluß der SPD. Die deutsche Einheit müsse schnell kommen. „Die Volkskammer sollte möglichst sofort eine Grundsatzerklärung zur deutschen Einheit abgeben.“ Das könne bis zu einer Absichtserklärung gehen, dem Grundgesetz nach Artikel 23 beizutreten. „Danach erst könnte zwischen den beiden Regierungen über die Bedingungen verhandelt werden.“

Dazu gehöre die Frage des Eigentums in der DDR, die „in das Grundgesetz hineingeschrieben werden“ müsse. „Diese wirtschaftlichen und juristischen Probleme müssen sorgfältig ausgehandelt werden“, sagte Stolpe. „Das wird in frühestens sechs bis acht Monaten möglich sein.“ Auf die Frage nach einer „Republik Deutschland“ sagte Stolpe, diese werde „nicht vor dem 31. Dezember 1995“ vollendet sein. Solange werde es dauern, bis alle Gesetze und Verordnungen in beiden deutschen Staaten aufeinander abgestimmt seien.

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