Störzeile: HVV-Immunität
■ Bürgerschaftsabgeordnete dürfen sich ihre Fahrkarten nicht selbst kaufen
Gaby und Kai-Uwe fahren auf einen Kaffee bei Kurt vorbei – von St. Pauli nach Othmarschen. Die vier S-Bahn-Stationen hin und zurück kosteten das junge Glück bisher 16,40 Mark, ab Sonntag 16,80 Mark. Ja, ist das etwa zu viel? Bei der schönen neuen S-Bahn, beziehungsweise – wenn nicht neu – bei den schönen Museumswaggons? Man muß schließlich auch bedenken, wieviel man auf so einer viertelstündigen Fahrt lernen kann: Über Alkoholprobleme und Drogensucht, über Obdachlosigkeit und Vandalismus. Und man trifft die netten ABM-Zugbegleiter in den roten Uniformen.
Kurz: Das Preis-Leistung-Verhältnis stimmt. Man könnte die HVV-Preise sogar erhöhen. Das weiß auch die GAL-Fraktion und stimmte der Fahrpreiserhöhung zu. Betroffene haben den grünen ParlamentarierInnen immer wieder berichtet, wie froh sie sind, den öffentlichen Nahverkehr in angemessener Weise bezahlen zu dürfen. Eigene Fahrpreis-Erfahrung zu sammeln, ist den Grünen leider verwehrt. Wie alle Parlamentarier bekommen sie eine Freifahrkarte. Abgeordnete, die studieren und ein Semesterticket haben, befinden sich in der schwierigen Lage, zum doppelten Nulltarif zu fahren.
Gegen die HVV-Fahrpreiserhöhung zu argumentieren, wie vereinzelt aus Grünenkreisen zu hören war, ist unsachlich. Welches Auto könnte Gaby und Kai-Uwe schon für 16,80 Mark von St. Pauli nach Othmarschen bringen? Und wenn die beiden weder Pkw noch Geld haben, sollen sie doch auf dem Kiez Kaffee trinken. Zuhause ist es schließlich immer noch am schönsten. Silke Mertins
Siehe Berichte Seite 24
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