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Störaktionen gegen Merkel-AuftritteCDU beschuldigt AfD-Anhänger

Wieder fliegen Tomaten bei einem Wahlkampfauftritt von Kanzlerin Merkel. CDU-Generalsekretär Tauber schimpft auf die mutmaßlichen AfD-Sympathisanten.

In Wolgast sichern Polizisten den Auftritt von CDU-Chefin Angela Merkel Foto: dpa

Berlin dpa | Zwei Wochen vor der Bundestagswahl greift die CDU von Kanzlerin Angela Merkel verstärkt die in Umfragen wiedererstarkte AfD an. Mit Blick auf Störaktionen bei Wahlkampfveranstaltungen der Union sprach CDU-Generalsekretär Peter Tauber von „selbsternannten Patrioten“, die „mit der einen Hand AfD-Plakate schwenken und die andere zum Hitlergruß heben“. „Sie schreien und pöbeln, nerven die wirklich interessierten Besucher“, kritisierte der CDU-Politiker in der Neuen Osnabrücker Zeitung.

Die Demonstranten, die Kanzlerin Merkel (CDU) ausbuhten, seien zu weiten Teilen Rechtsextreme, die „unter dem Banner der AfD“ CDU-Veranstaltungen störten.

Merkel war am Freitagabend bei einem Wahlkampfauftritt in Vorpommern von etwa 150 rechten Demonstranten mit Pfiffen und Buhrufen begrüßt worden, ihr Auto wurde bei der Einfahrt zur Veranstaltungshalle mit Tomaten beworfen. Demonstranten, darunter NPD- und AfD-Anhänger, riefen vor der Halle „Hau ab! Hau ab!“. Die CDU-Vorsitzende war zuvor bereits in Heidelberg mit Tomaten beworfen worden. Am Mittwoch wurde ihre gesamte Rede im sächsischen Torgau mit Buhrufen, Pfiffen und Hupen massiv gestört.

Meinungsforscher rechnen zwei Wochen vor der Bundestagswahl mit einer deutlich höheren Beteiligung als vor vier Jahren. 39 Prozent wollten Merkel auf keinem Fall mehr als Kanzlerin haben und gingen deshalb eher wählen, erklärte der Chef des Insa-Instituts, Hermann Binkert, der Stuttgarter Zeitung und den Stuttgarter Nachrichten. Manche frühere Nichtwähler fänden in der AfD ein Angebot, das sie zur Wahl motiviere. Im Gegenzug gingen viele nur zur Wahl, um ein zu starkes AfD-Ergebnis zu verhindern.

„Ich erwarte eine Beteiligung zwischen 75 und 80 Prozent“, sagte Binkert. 2013 hatten 71,5 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben. Auch Forsa-Chef Manfred Güllner rechnet mit drei bis vier Prozentpunkten mehr als vor vier Jahren.

In jüngsten Umfragen ist Merkels Union weiterhin klar stärkste Kraft – weit vor den Sozialdemokraten und ihrem Kanzlerkandidaten Martin Schulz. Eng ist das Rennen um Platz drei, wobei sich im ARD-„Deutschlandtrend“ die AfD mit 11 Prozent vor die Linke (10), FDP (9) und Grüne (8) schiebt. Das ZDF-„Politbarometer“ sieht FDP, Linke und AfD gleichauf bei je 9 Prozent und die Grünen bei 8 Prozent.

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11 Kommentare

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  • Wer Volksverräter ruft, wirft jetzt Tomaten und später Granaten. Recht besorgt also. Aber keine tiefere Sorgen, in Dresden und Sachsen-Anhalt stimmen sie mit der CDU und kennen folglich noch ihre geistige Herkunft aus dem konservativem Bereich geistiger Brandstifter wie de Maiziere, von der Leyen, Seehofer, ...

  • Pff, ich kann mich noch gut erinnern wie Frau Merkel 2012 in Stuttgart von den links-grünen Wutbürgern ausgepiffen wurde.

    Damals ging es um Stuttgart 21, und auch da wurde Merkel Verrat am Volk und Korruption vorgeworfen.

     

    Aber als er noch links-grün war ist Populismus ja kein Problem gewesen.

    • @Alreech:

      Stuttgart 21 ist verkehrspolitischer Unfug. Mit Populismus haben die die Proteste dagegen nichts zu tun. Oder sind Proteste gegen die Politik der ewigen Kanzlerin schon grundsätzlich Populismus?

    • @Alreech:

      Auch bei der Euro-Rettung bzw. der damit verbundenen Austeritätspolitik gab es Pfiffe und Proteste von Links. Da war ich auch gerne dabei.

       

      Und besonders perfide ist ja, dass man aus den gleichen sowie ähnlichen Gründen weiterhin gegen Merkel protestieren könnte/müsste, aber zu jenen, die sie aus den falschen Gründen kritisieren, will ich mich keinesfalls stellen...

      Der Feind meines Feindes ist eben nicht mein Freund ;)

       

      Was das ganze mit Populismus (oder nicht) zu tun haben soll, erschließt sich mir aber nicht. Allerdings hängt mE die ganze "Debatte" um diesen Begriff etwas schief; oft wird gar nicht auf den Wortsinn geachtet (also, was der Begriff "Populismus" bezeichnet) und es einfach nur als Sammelbegriff für verschiedene Strömungen benutzt, was nicht Not tut und echten Diskurs behindert.

      • @Existencielle:

        Die S21 Gegner haben beansprucht für das Volk zu sprechen.

        Befürworter von S21 wurde pauschal unterstellt das sie von den Projektbetreibern gekauft worden sind.

        Gegen S21 wurde mit Fake News Stimmung gemacht. Der kleine Bereich des Parks der S21 zum Opfer fällt wurde zum ganzen Schloßgarten definiert (einfach mal auf google Maps anschauen wie groß der Schloßgarten ist...) und wegen seiner schönen Bäume verteidigt.

        Komisch nur das den meisten Stuttgarter dieser Bereich nicht wegen der schönen Bäume sondern wegen den Obdachlosen am Landespavillion, den Drogendealern am Busbahnhof und den Strichern am Planetarium bekannt gewesen ist.

        Wie übertrieben die Behauptung der S21 Gegner gewesen ist für das Volk zu sprechen hat dann die spätere Volksabstimmung gebracht...

        Ich bewerte so ein Vorgehen als blanken Populismus.

        • @Alreech:

          Ja es ist einfach, sich aus der breiten Front der Gegner von Stuttgart 21 die passenden rauszusuchen und dann alle als Populisten zu verunglimpfen. Es gibt aber sehr gute verkehrstechnische Gründe, die Verschlechterung der Bahninfrastruktur in Stuttgart abzulehnen. Ein paar Bäume spielen dabei keine Rolle.

           

          Die Volksabstimmung ist übrigens ein sehr schönes Beispiel, wie mit viel Populismus und falschen Zahlen, eine Abstimmung beeinflusst werden kann. Es war interessant, wie speziell in Schwaben, mit Plakaten gearbeitet wurde, auf denen völlig unsinnige Summen standen, was ein Ausstieg angeblich kosten würde. Und das war dann ja wohl entscheidend...

          • @warum_denkt_keiner_nach?:

            dann sind es verkehrstechnische Gründe gewesen die dafür gesorgt haben das Frau Merkel bei ihrem Besuch 2012 in Stuttgart mit Trillerpfeifen empfangen worden ist ?

            • @Alreech:

              Natürlich. Oder wollen Sie den Bürgern ernsthaft verbieten, ihrem Unmut Ausdruck zu verleihen?

               

              (Beschimpfungen sind keine Unmutsäußerungen, sondern Ausdruck schlechten Benehmens)

  • 5G
    571 (Profil gelöscht)

    Hallo Peter Tauber,

    möglicherweise werden Sie noch als Generalsekretär den Koalitionsverhandlungen mit dieser Partei im Jahr 2021 beiwohnen...

  • Tja, so ist das. Wenn man mit Hilfe des Staatsfunks und der nicht vorhandenen Opposition sowie diverser Mainstreammedien aus dem Hause Springer et.al.

    bisher reinstes AfD-Bashing betreibt, alle deren Sympathisanten als minderbemittelte Psychopathen und Zukurzgekommene hinstellt. Ja, dann muss man sich nicht wundern wenn eben mal ein paar Tomaten fliegen.

    Das ist doch alles so korrekt.

    Die Antifa ist sich ja auch nicht zuschade und 'stört' als Clowns verkleidet AfD-Wahlveranstaltungen bzw. -stände.

    Waffengleichheit für beide Seiten, links und rechts. Das ist gerecht.

    • 5G
      571 (Profil gelöscht)
      @Horst Leverkusen:

      schade um die Tomaten