: Stimmung wie bei den Goldgräbern
■ DIHT-Präsident Stihl erwartet Invasion bundesdeutscher Unternehmen in der DDR / Gnadenlose Konkurrenz
Berlin (ap/dpa/taz) - Eine „Invasion westdeutscher Unternehmen“ sagte der Präsident des Deutschen Industrie und Handelstages (DIHT), Hans Peter Stihl, für die DDR noch in diesem Jahr voraus. Mit ihren niedrigen Löhnen und einer Arbeitszeit von 43 Wochenstunden böte die DDR sehr günstige Standortbedingungen. Nach Auskunft von Stihl gibt es schon 1.350 Verträge für eine Zusammenarbeit zwischen westdeutschen und DDR-Unternehmen. Die Öffnung des Ostens wertete er als großes Konjunkturprogramm für den Westen: Mindestens zehn Jahre lang werde das bundesdeutsche Wirtschaftswachstum bei 3,5 bis 4 Prozent liegen.
Damit sich diese Erwartungen erfüllen, müsse die DDR -Wirtschaft einem „gnadenlosen freien Wettbewerb“ ausgesetzt werden. Stihl beklagte in diesem Zusammenhang die „Anspruchshaltung“ der Arbeitnehmer und Betriebsleiter in der DDR. Umgehende Privatisierungen der DDR-Unternehmen forderte auch der Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft, Horst Siebert. Bei der Umstrukturierung der DDR-Wirtschaft sei, so Siebert, eine Übergangsperiode notwendig, in der zunächst nur die Struktur des westdeutschen Sozialversicherungssystems übernommen werden könne, nicht aber dessen Leistungen. Die Finanzierung hoher Sozialleistungen „würde die schwache Wettbewerbsfähigkeit der DDR-Unternehmen zusätzlich belasten“. Um die DDR -Wirtschaft konkurrenzfähig zu machen sind laut Siebert Investitionen in Höhe von 1,15 Billion DM nötig. Ein entsprechender Investitionsstrom sei „durchaus finanzierbar“ und werde einen Wachstumsschub auslösen. Voraussetzung für dieses optimistische Szenario sei jedoch eine möglichst rasche Freigabe von Preisen, Löhnen und Zinsen.
Eher skeptisch gegenüber der Investitionsbereitschaft bundesdeutscher Unternehmer hat sich dagegen die 'Wirtschaftswoche‘ in ihrer letzten Ausgabe geäußert. Verkaufen, nicht investieren sei die Devise. Der Standort DDR hätte für die bundesdeutsche Wirtschaft aufgrund der maroden Industriestruktur und der hohen Altlasten nur geringe Attraktivität.
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