Steueroasen weltweit: Die Schweiz wäscht weißer
Die Schweizer Standards gegen Steuerflucht genügen nicht den Standards der OECD. Besser stehen Luxemburg und Liechtenstein da.
GENF taz | Die Schweiz verstößt bei der Unterbindung von Steuerflucht entgegen der Behauptung der Regierung in Bern nach wie vor gegen zentrale Standards der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Und dies im Unterschied zu Österreich, Luxemburg und Liechtenstein, wo diese Standards seit 2011 umgesetzt wurden.
Nach Angaben von Pascal Saint-Amans, Direktor der Anti-Steuerflucht-Abteilung der OECD , „ist die Schweiz noch nicht dort, wo sie sein sollte, weil sie drei Anforderungen für Amtshilfe nach OECD-Standard nicht erfüllt“. Das habe der Vergleich der Schweizer Gesetze und Abkommen mit den OECD-Standards ergeben.
Zum einen erlauben die eidgenössischen Gesetze nach wie vor zwischenstaatliche Amtshilfe bei Steuerfluchtverdacht nur dann, wenn der jeweilige Kontoinhaber informiert wird. Daher hätte auch das mit Deutschland ausgehandelte, aber im deutschen Bundesrat gescheiterte Steuerabkommen nicht den OECD-Kriterien genügt.
Zweitens lassen sich mit den in der Schweiz noch zulässigen Inhaberaktien die wahren Besitzer von Unternehmen verschleiern. Und drittens hat die Schweiz noch nicht mit einer ausreichend großen Zahl von Staaten Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen, die den OECD-Kriterien zur Bekämpfung von Steuerflucht entsprechen.
Automatischer Informationsaustausch
Die Schweiz müsste mindestens eine dieser drei Anforderungen erfüllen, damit sie überhaupt zur zweiten Phase der OECD-Überprüfung zugelassen wird. Da wird überprüft, ob und wie wirksam die nationalen Regeln in der Praxis umgesetzt werden. Österreich, Luxemburg und Liechtenstein wurden im November letzten Jahres zu dieser zweiten Phase zugelassen, da sie die Anforderungen der ersten Phase seit 2011 erfüllen. Seit 2006 befinden sich rund 50 Staaten im Überprüfungsprozess durch die OECD.
OECD-Mindeststandard für zwischenstaatliche Amtshilfe bei Steuerfluchtverdacht ist der Informationsaustausch auf Anfrage. Saint-Adams unterstrich, dass die OECD darüber hinaus „schon immer auch den Mechanismus des automatischen Informationsaustauschs unterstützt hat“, der innerhalb der EU gilt und den in Deutschland auch SPD, Grüne und Linkspartei von der Schweiz fordern. Der oberste Steuerfluchtbekämpfer der OECD widersprach der Behauptung einer Ende 2012 veröffentlichten Studie, wonach die EU „schlechte Erfahrungen“ mit dem Automatismus gemacht habe.
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