piwik no script img

SteuerhinterziehungÜberlastete Fahnder

Der Kauf illegaler Daten wäre unnötig, wenn Finanzbehörden mehr Personal hätten. Die Bundesländer setzen jedoch nur zögerlich mehr Steuerfahnder ein.

Die Finanzämter benötigten 20.000 Beamte mehr als bislang, um den "Steuerdschungel Deutschland" zu durchdringen. Bild: ap

HAMBURG taz | Im Alltag stoßen die hiesigen Finanzbehörden schnell an ihre Grenzen. Die Schweiz rückt Daten über Bundesbürger nur heraus, wenn starke Indizien für eine steuerkriminelle Tat vorliegen. Wer "nur" seine Zinsen und Dividenden auf einem Nummernkonto in Zürich oder Basel dem heimischen Finanzamt verschweigt, kann sich auf die Verschwiegenheit der Behörden verlassen. Diese Geheimniskrämerei gibt es nicht nur in der Schweiz, sondern auch in Österreich und Belgien, Liechtenstein und Luxemburg sowie einigen osteuropäischen Staaten.

Nicht allein Deutschland stößt hier an seine Grenzen. So kaufte auch Frankreich schon in einem Akt von Notwehr illegal erworbene Konteninformationen. Die Bundesregierung verhandelt seit langem mit der Schweiz über ein Doppelbesteuerungsabkommen. Die nächste Verhandlungsrunde ist für März geplant. Zu erwarten ist letztlich ein Austausch von Steuerdaten nach den schwammigen Standards der OECD.

In der Fahndungspraxis wird selbst dann eine Amtshilfe die Ausnahme bleiben. Ohnehin müssten deutsche Steuerbeamte vor einer Anfrage in Bern zunächst europaweit nach den Konten eines Verdächtigen wie nach der Nadel in einem Heuhaufen suchen. "Europa muss besser zusammenarbeiten und sich vernetzen", fordert daher eine Sprecherin des Bundes der Steuerzahler (BdS).

Fahndungserfolge scheitern letztlich an hausgemachten Mängeln. Unter Schwarz-Rot hatte Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) zwar den Druck auf die Steueroasen erhöht, ohne jedoch eine gemeinsame europäische Reform der Steuerermittlung voranzubringen. In Deutschland trat zudem 2009 das Gesetz zur Bekämpfung von Steuerhinterziehung in Kraft, das nur als schwacher Kompromiss gilt.

Die schwarz-gelbe Regierung hat in ihrer Koalitionsvereinbarung das Thema "Steuerhinterziehung" hintangestellt. Den Steuerbehörden vor Ort fehlt es im Alltag entscheidend an Personal. Um den "Steuerdschungel Deutschland", so ein Experte, zu durchdringen, benötigten die Finanzämter etwa 20.000 Beamte mehr. Die heute überlasteten Beschäftigten können Unstimmigkeiten in den Steuererklärungen kaum noch nachgehen. Zweckmäßig wäre zudem eine größere Zahl von Ermittlern. Dies ist aber Sache der 16 Bundesländer. Sie setzen jedoch nur zögerlich mehr Steuerfahnder ein, weil eine schlappe Steuerkontrolle als lokaler Wirtschaftswerbefaktor gilt und weil die möglichen Zusatzeinnahmen von etwa einer Million Euro pro Fahnder überwiegend dem Bund und CDU-Finanzminister Schäuble zugute kämen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

10 Kommentare

 / 
  • KA
    Klaus A

    ...Der Kauf illegaler Daten wäre unnötig, wenn Finanzbehörden mehr Personal hätten...

    Naiver kann man das wohl nicht formulieren. Sollen die Fahnder die Daten in der Schweiz klauen oder wie stellen sie sich das vor? Die Steuersünder um die es in der Schweiz geht, werden wohl kaum ihre Kontoauszüge auf deutschen Küchentischen liegen haben. Vermögen, die schon seid jahrzehnten zum Großteil ins Ausland geschafft wurden, sind nicht durch mehr Fahnder in Deutschland zu entdecken.

  • P
    Passporti

    Zu all dem CD Kauf, es ging billiger : Seit ca. einem Jahr liegen mehrere tausend datensätze der Justiz in Frankreich

    vor. Seltsamer weise hat noch keine Deutsche stelle diese daten in Frankreich angefragt, obwohl dies sogar auf dem kleinen Dienstweg möglich wäre.

  • B
    Basti

    @Andreas: wenn aber jeder beamte durchschnittlich 1 Million Euro einbringt und dabei nur rund 200000 Euro kostet ist das allemal die bessere Alternative. Ausserdem würde das für ein Stück mehr Gerechtigkeit und geringerer Umverteilung der Reichtümer von unten nach oben sorgen und zeigen das unsere Regierung doch wenigsten Ansatzweise daran interessiert ist sich an geltendes Recht zu halten anstatt nur davon zu reden oder es nach belieben zu ändern...

  • D
    DenkSchlächter

    Was mit tüchtigen Finanzbeamten passiert, hat der ehrenwerte Herr Koch in Hessen demonstriert, als er sie vor die Tür gesetzt hat und fast in die Klapse beordert hätte.

    (Spannend, was bei dem jetzt begonnenen Prozeß um diese Abscheuligkeit heraus kommt…)

    Wäre man ernsthaft an Steuerehrlichkeit über den Tellerrand der Kleinverdiener hinaus interessiert, stellte man Steuerfahnder mit saftiger Erfolgsbeteiligung ein.

    Das wäre ein Schlachtfest, auf das ich mich freuen würden.

    Leider gibt es offenbar niemand, der an einer Änderung ernsthaft interessiert ist.

    So ist das eben, wenn man den Nutzen ( des deutschen Volkes ? ) mehren will…

  • TF
    Thomas Fluhr

    Man könnte ja statt bei Hartz IV Empfänger zu kontrollieren, mit diesen Leuten einigen Steuerhinterziehern auf die Finger schauen. Wieso kann man eigentlich die Helfershelfer der Steuerhinterziehung, die Steuerberater, auch noch steuerlich absetzen? (vielleicht nicht juristisch korrekt, aber in der Intention)

  • I
    ich

    Ich stimme Andreas zu:

    Gelegentlich ein paar Millionen für den Kauf von handfesten Daten (natürlich nur nach Stichprobenprüfung der Daten) auszugeben ist bedeutend günstiger als 20.000 weitere Pensionsanwärter einzustellen.

     

    Den zweiten Grund und relevanteren Punkt liefert die TAZ ja gleich selbst: Die Bundesländer (welche die Steuerbeamten einstellen, ausbilden und bezahlen müssten) haben gar kein Interesse daran, denn die von ihren Landes-Steuerfahndern ermittelten Mehreinnahmen fließen in der Regel zum Bund weiter. Davon haben die Länder wenig und verprellen die lokalen Steuerstünder (Parteispender).

     

    Der Förderalismus wurde als Diktaturenblocker im GG implementiert, er wird sich jedoch irgendwann zum Sargnagel dieses Landes entwickeln...

  • S
    skaninchen

    @andreas: nur dass jeder beamter der in dieser behörde sitzt einen satten gewinn erwirtschaftet für den Bund. ich finde es eine sauerei, deutschland hat ein wirklich effektives beamtensystem (im vergleich zu anderen ländern), nur wird das in wirklich wichtigen (finanziellen) angelegenheiten nicht genutzt.

     

    dem bund entgehen durch diese 20000 leute verdammt viele steuermehreinnahmene, mal von 20000 arbeitslosen weniger abgesehen. und das nur um im wettstreit mit anderen Kommunen oder Ländern einen Standortvorteil zu bekommen.

     

    Man sollte also mehr auf Steuergerechtigkeit achten, als die Steuern immer weiter zu erhöhen. Das würde endlich mal die richtigen Treffen, aber dadran besteht in Deutschland ja leider kein Interesse, weil diese Leute es sich ja nicht gefallen lassen.

  • S
    sixtie4

    Das ist falsch, denn wir sprechen hier von 30 bis 40 Mrd €, die dem Staat jedes Jahr durch zu wenig Personal entgehen.

     

    So gesehen sind die Diskussion um 2,5 Mio € um etwa 400 Mio € eintreiben zu können, wieder einmal so ein Scheingefecht.

  • S
    Schieflage

    Leider nix neues, während die neue Bundesregierung Hartz IV Bezieher verstärkt mit Sanktionen belegen will, läßt man gleichzeitig Steuerhinterzieher laufen -das ist seit vielen Jahren gängige Praxis, diese Schieflage scheint niemanden zu stören.

  • A
    Andreas

    20000 beamte sind wohl wesentlich teurer als der kauf von bankdaten, wohl tausend mal so viel.

    Insofern ein vernunfttiger Umgang mit Steuergeldern