Steuerflucht ins Ausland: Abgeltungssteuer? Geschenkt!

Die Regierung will die Steuer auf Kapitalerträge von 42 auf 25 Prozent mindern. Doch die Reichen schätzen die Offerte nicht: Die Kapitalflucht nimmt offenbar zu.

Die Devise der Kapitalflüchtigen: Lieber das Geld am Traumstrand durchbringen. Bild: dpa

Fördert das deutsche Steuersystem die Steuerflucht? Der SPD-Finanzexperte Joachim Poß hat vorgeschlagen, "das Thema Abgeltungssteuer noch einmal grundsätzlich zu überprüfen".

Diese neue Quellensteuer auf Kapitalerträge soll ab 2009 gelten. Für Zinsen, Dividenden und Spekulationsgewinne sind dann pauschal 25 Prozent fällig. Bisher unterliegen Kapitalerträge dem individuellen Steuersatz, der bis zu 42 Prozent betragen kann.

Trotz des Steuergeschenks könnte sich die Steuerflucht verstärken. "Wir stellen fest, dass wegen der Abgeltungssteuer mehr Geld ins Ausland fließt", sagt Dieter Ondracek, Chef der Steuergewerkschaft. Auch Steuerberater berichten, dass sich deutsche Kunden in der Schweiz oder Österreich erkundigen, wie sie ihr Vermögen vor der Abgeltungssteuer verbergen können.

Dabei wurde die Abgeltungssteuer eingeführt, um Kapitalflucht zu verhindern. Legendär ist der Satz von Finanzminister Peer Steinbrück (SPD), dass er lieber "25 Prozent von X als 42 Prozent von nix" besteuere. Das ließ er sich durchaus etwas kosten: Das Finanzministerium rechnet mit einem jährlichen Minus von 1,3 Milliarden Euro.

Doch die Anleger scheinen dieses Geschenk nicht unbedingt zu honorieren. Die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger "kann sich durchaus vorstellen", dass einige Aktionäre ins Ausland abgewandert sind. Grund: Der reduzierte Steuersatz von 25 Prozent greift auch bei Spekulationsgewinnen. Sie waren bisher steuerfrei, wenn die Aktien länger als ein Jahr im Depot lagen. Ondracek sieht "mit Sorge", wie die Banken "ihren Kunden Modelle andienen, wie sie die Abgeltungssteuer vermeiden können".

Wie viele Anleger ihr Aktienkapital über die Grenze schaffen, ist jedoch völlig unklar. Bekannt ist nur eine Statistik des Deutschen Aktieninstituts (DAI): 2007 ist die Zahl der privaten Aktionäre um 500.000 auf 3,7 Millionen gesunken. Damit ist jedoch nicht gesagt, dass sie ihr Vermögen ins Ausland transferierten: Sie können Kursgewinne mitgenommen oder ihr Vermögen in Rentenpapiere umgeschichtet haben. Allerdings stellt auch das DAI bei den Aktionären "eine gewisse Verunsicherung in Bezug auf die Abgeltungssteuer" fest.

Neben einer möglichen Kapitalflucht sieht Steuergewerkschafter Ondracek noch ein zweites Problem bei der Abgeltungssteuer: Die Steuerfahndung würde erschwert, weil Kapitalerträge künftig anonym von den Banken abgeführt werden. "Es ist nicht mehr abzugleichen, was Millionäre als Erträge im Inland angegeben haben." Statt einer Abgeltungssteuer plädiert Ondracek für mehr Transparenz: "Lohn- und Rentendaten werden komplett ans Finanzamt überspielt - warum nicht auch Bankdaten?"

Auch SPD-Finanzexperte Poß stellt sich die Frage, ob man bei der Abgeltungssteuer "nicht doch flankierende Kontrollmaßnahmen braucht". CDU-Finanzexperte Michael Meister hingegen setzt eher auf weitere "Steuervereinfachungen", um der Steuerflucht vorzubeugen. Damit ist gemeint: noch niedrigere Steuersätze.

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