Sterbehilfe in Belgien: Auch Kinder und Demenzkranke
Belgien will die Sterbehilfe ausweiten. Ärzte sollen auch Minderjährige und Demente töten dürfen. Patientenschützer sprechen von Bankrotterklärung.
BRÜSSEL/BERLIN dpa | Die vom belgischen Senat geplante Ausweitung der Sterbehilfe auf Minderjährige ist in Deutschland auf Kritik gestoßen. Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, sprach am Freitag in Berlin von einer Bankrotterklärung.
Nach dem vom belgischen Senat am Donnerstagabend verabschiedeten Gesetzentwurf sollen auch Menschen unter 18 Jahren unter bestimmten Umständen das Recht auf Sterbehilfe bekommen. Der Vorschlag muss noch von der ersten Kammer gebilligt werden.
Die regierenden Sozialisten in Brüssel wollen das Recht auf Sterbehilfe zudem etwa auf Demenzkranke ausweiten. Kindern soll Sterbehilfe erlaubt sein, wenn sie todkrank sind und schwer leiden. Die Eltern müssten zustimmen.
Belgien gilt in der Sterbehilfe als Pionier: Bereits 2002 wurde sie für Erwachsene legalisiert. Voraussetzung ist, dass sie unter unheilbaren Krankheiten leiden und Ärzte ihnen unerträgliche Leiden bescheinigen. Im vergangenen Jahr wählten 1.432 Belgier diesen Tod, ein Viertel mehr als im Vorjahr. In der EU ist Sterbehilfe derzeit nur in Belgien, den Niederlanden und Luxemburg erlaubt.
In Deutschland ist aktive Sterbehilfe – also Tötung auf Verlangen – verboten, Beihilfe zum Suizid dagegen nicht. Das heißt, wer einem Todkranken beispielsweise Gift besorgt, macht sich damit nicht strafbar. Dies ist erst der Fall, wenn er es dem Betroffenen aktiv einflößt.
Brysch forderte das Europäische Parlament und den Europarat auf, der Ausweitung der aktiven Sterbehilfe in Belgien entgegenzuwirken. „Jeder hat ein Recht auf Sterben, aber Töten ist nicht die Fortführung der humanen Sterbebegleitung.“ Denn die Frage sei, wer entscheide, wann ein Leiden unerträglich sei. „Einen objektivierbaren Leidenskatalog, den Ärzte bei ihrer Entscheidung für oder gegen das Leben nur abzuhaken brauchen, kann es nicht geben.“
Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) scheiterte in der vergangenen Legislaturperiode mit einem Gesetzentwurf, um die Rechtslage in Deutschland zu ändern: Bestraft werden sollte demnach, wer Hilfe zum Suizid anbietet, um damit Gewinne zu erzielen. Doch die Koalitionsfraktionen von Union und FDP wurden sich nicht einig. Im Koalitionsvertrag von Union und SPD finden sich keine konkreten Pläne zu dem Thema.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Scholz stellt Vertrauensfrage
Traut mir nicht
Wahlprogramm der Union
Scharfe Asylpolitik und Steuersenkungen
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
++ Nachrichten zum Umsturz in Syrien ++
Neue israelische Angriffe auf Damaskus
Russlands Nachschub im Ukraine-Krieg
Zu viele Vaterlandshelden