Steinmeiers Rede nach seiner Vereidigung: Offensiv für die Demokratie kämpfen
Der neue Bundespräsident fordert von Erdoğan Mäßigung und die Freilassung Deniz Yücels. Er kündigt außerdem an, bei Grundsatzfragen parteiisch zu sein.
Die auch gegen Kanzlerin Angela Merkel (CDU) persönlich gerichteten Nazi-Vorwürfe Erdoğans belasten seit Wochen das Verhältnis zwischen Berlin und Ankara. Die Inhaftierung des deutsch-türkischen Journalisten Yücel am 14. Februar verschärfte die Spannungen weiter. Trotz anderslautender Zusagen gewährte die Türkei bislang deutschen Diplomaten keinen Zugang zu Yücel.
Steinmeier sagte, die Anfechtung der freiheitlichen Demokratie finde nicht nur jenseits der europäischen Grenzen statt. „Die Wahrheit ist doch: Eine neue Faszination des Autoritären ist tief nach Europa eingedrungen.“ Die liberale Demokratie stehe „unter lautem Beschuss von Radikalismus und Terrorismus“, sagte der 61-Jährige. „Vom Machthunger der Autokraten, die rund um die Welt einer freien Zivilgesellschaft die Luft zum Atmen rauben.“
Steinmeier warnte davor, den Populisten auch in Deutschland noch mehr Raum zu geben. Zwar gebe es hierzulande keinen Grund für Alarmismus. Er sage aber „mit Blick auf das, was sich da am Horizont auftut“: „Wir müssen über die Demokratie nicht nur reden, wir müssen wieder lernen, für sie zu streiten.“
„Die Staatsform der Mutigen – das ist die Demokratie“, betonte er. Die Stärke von Demokratie liege dabei nicht in ihrem Sendungsbewusstsein, sondern in der Fähigkeit zur Selbstkritik und Selbstverbesserung. Nur in Demokratien könnten Minderheiten Gehör finden, sagte er. Steinmeier pochte auch auf eine faire politische Auseinandersetzung.
Die Bundespräsi-Partnerinnen
„Vor allem will ich, dass wir in Deutschland festhalten am Unterschied von Fakt und Lüge. Wer das aufgibt, der rührt am Grundgerüst von Demokratie“, mahnte er. Der SPD-Politiker betonte, dass er neutral nur im Sinne von Überparteilichkeit sein werde. „Aber neutral darf ich gar nicht sein, wenn es um das Grundsätzliche geht. Deshalb sage ich Ihnen: Ich werde parteiisch sein – parteiisch für die Sache der Demokratie. Partei ergreifen werde ich auch für Europa“, kündigte Steinmeier an.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
„Edgy sein“ im Wahlkampf
Wenn eine Wahl als Tanz am Abgrund verkauft wird
Denkwürdige Sicherheitskonferenz
Europa braucht jetzt Alternativen zu den USA
Überraschung bei U18-Wahl
Die Linke ist stärkste Kraft
RTL Quadrell
Klimakrise? War da was?
Ukraine-Verhandlungen in Saudi-Arabien
Wege und Irrwege aus München
Verlierer der Wahlrechtsreform
Siegerin muss draußen bleiben