Steinmeier, Impfen und die AfD: Die digitale Wanderdüne
Frank Walter Steinmeier will es noch einmal wissen, die AfD bei der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt auch. Und an die Kinder denkt immer noch niemand.
taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche?
Friedrich Küppersbusch: Merkel will sich nicht in den Wahlkampf einmischen.
Und was wird besser in dieser?
Merkel will sich nicht in den Wahlkampf einmischen.
Je nachdem welcher Umfrage man nun Glauben schenken möchte, könnte die AfD bei der Landtagswahl am 6. Juni in Sachsen-Anhalt stärkste Kraft werden. Mehr Verfassungsschutz, mehr Verständnis, mehr auf die Fresse – wie sollen Demokrat:innen mit so vielen Naziwählern umgehen?
Abhaken. Die Pandemie brachte unverhofften Beifang: Je autoritärer – und unparlamentarischer – die Regierung auftrat, desto mehr schwanden Umfragewerte der AfD und erglänzte der Stern des neulich noch unbeliebtesten MPs, Markus Söder. Ein – erreichbarer – Teil der Rechtskundschaft ist schlicht obrigkeitsgläubig, in Sachsen-Anhalt haben einige früher „links“ gewählt oder DVU. Für alles jenseits sollte sich gerade in Flügelländern der Verfassungsschutz interessieren; die diesseits kann eine versöderte Union noch erreichen. Sowohlalsauchismus ist Gift für diese Zielgruppe; das ist ein Problem für Haseloff.
Kinder impfen oder nicht, ist momentan die große Frage – das tatsächliche Problem ist, dass es nicht genug Impfstoff gibt. Sind die Jüngeren auch hier die großen Pandemieverlierer:innen?
Wenn meinem Kind was passiert, kann ich mir kein neues googeln. So ziemlich jede Meinung derzeit aber schon. Und diesmal bremst die sonst eher lobbyverdächtige StIKo, die Expertise fachlich ernst zu nehmender Kinderärzte klingt in Summe wie große Pause auf´m Schulhof. Die Kanzlerin betont, weder Unterricht noch Urlaubsreise sollen von einer Impfung abhängen. Unser Schulsystem hat sich unter der Pandemie als rückständig, bürokratisch, als digitale Wanderdüne erwiesen. Das muss man nicht wegspritzen.
Die Luftpiraterie des belarussischen Diktators Lukaschenko wird in linken Kreisen gern mit einer anderen Landungserzwingung verglichen: der des Flugzeugs des damaligen bolivianischen Präsidenten Evo Morales in Wien 2013. Was ist an dem Vergleich dran?
Da schossen die Faktenchecks aus den Portalen wie der Russe auf den Dissidenten. Tagesschau: „Whataboutism“, MDR: „Kein Vergleich“, und es fanden sich Details, um die Zeile vom „beispiellosen Vorgang“ zu halten. Morales flog Charter, Protasewitsch und Sapega Linie. Obamas Pressechef bestätigte damals US-Einflussnahme auf Transitländer, die UNO verurteilte routiniert. Gregor Gysi und andere hatten das Morales-Beispiel ausgegraben, und da nun weder Obama zurücktreten muss noch Lukaschenko es wird: Sei's drum. Was immer die Absicht des Vergleichs gewesen sein mag – das Ergebnis ist: Viele Medien, jederzeit empörbereit, ließen sich von linken Politikern vormachen, wie Recherche geht.
Die Bundesrepublik erkennt die Kolonialverbrechen des Deutschen Kaiserreichs in Namibia als Völkermord an. Ist jetzt also alles wieder gutgemacht?
Es ist ein Deal. Wir sagen „Völkermord“, Ihr akzeptiert den Deckel auf der gestischen Zahlung. 1,1 Mrd. € auf 30 Jahre mag viel klingen, Sprecher von Nama und Herero finden es wenig und befürchten, es komme nicht bei ihren Opfergruppen an. Die deutsche Entwicklungshilfe in den letzten 30 Jahren lag exakt bei diesem Betrag. Es hat über 110 Jahre gedauert; im Jahr 2130 wird man betrachten können, ob hinterm Geld noch Verantwortung übrig war.
Er legt sich fest: Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ist bereit zu einer zweiten Amtszeit. Die Frage bleibt: Ist Deutschland bereit für eine weitere Amtszeit mit Steinmeier?
Ganz schlecht kann er es nicht gemacht haben, nachdem auch Ramelow und Kubicki den Sozi unterstützen. Und, laut forsa, 68 Prozent der BundesbürgerInnen. Hülfe nichts gegen eine schwarz-grüne Mehrheit in der Bundesversammlung, die mit dem Argument „Frau“ etwa Katrin Göring-Eckart als gelernte Kirchentagspräsidentin promovieren könnte. Steinmeier nimmt ein Risiko, erfrischend bei dem oft ausbaldowerten Posten.
Mit „Princess Charming“ gibt es in Deutschland endlich eine lesbische Datingshow. Haben Sie schon reingeschaut?
Das schwule Pendant sprang vom RTL-Streamingkanal ins lineare Fernsehen bei Vox. Scheinbar ist das Potenzial solche Formate höher als erwartet. Nicht alle Queerdenker.
Und was machen die Borussen?
Wenn man zwei gute Trainer hat, kann man auch vier Torwarte haben.
Fragen: Carolina Schwarz, Ambros Waibel
Leser*innenkommentare
91491 (Profil gelöscht)
Gast
"etwa Katrin Göring-Eckart als gelernte Kirchentagspräsidentin "
Perfekt
Scheinbar ist im angeblich säkularem Deutschland, Taufschein und Kirchen Background
Voraussetzung für den Job.
Das Steinmeier der Bundespräsident nur der Hälfte der deutschen Bevölkerung ist , hat er ja schon mit seiner Rede beim letzten " ökumenischen Kirchentag " gezeigt.