piwik no script img

Steinbachs Bundestagsplatz unsicherDie Geister, die sie rief

Erika Steinbach muss sich bei der Wiederaufstellung als Bundestagskandidatin zwei jüngeren Gegenkandidaten stellen. Sie vertraut auf ihre Anhängerschaft.

Zuletzt machte Steinbach sich für Flüchtlinge in Syrien und für Christen im Nahen Osten stark. Bild: dpa

FRANKFURT/MAIN dpa | Erika Steinbach ist für viele eine Reizfigur – vor allem in Polen. In der Frankfurter CDU war die umstrittene Vertriebenen-Präsidentin zumindest als Bundestagsabgeordnete viele Jahre unangefochten. Jetzt wollen zwei Männer die siebte Kandidatur der inzwischen 69-Jährigen für ein Direktmandat verhindern.

Bei einem Parteitag am Samstag geht es nun um ihr politisches Überleben. Auch einer der vorderen Listenplätze verhilft ihr wegen der Überhangmandate nicht unbedingt zum Einzug in den Bundestag. Der Frankfurter CDU-Chef Uwe Becker rechnet mit einem Kopf-an-Kopf-Rennen: „Alle drei haben eine Chance“, betonte Becker. „Es ist keine Richtungsentscheidung, sondern eine Personenwahl.“ Und die Person Steinbach polarisiert und provoziert.

Als sie Polens Deutschland-Beauftragten Wladyslaw Bartoszewski 2010 unterstellte, er habe einen schlechten Charakter, löste Steinbach Empörung in Deutschland und Polen aus. Bei den östlichen Nachbarn war Steinbach schon lange ein rotes Tuch. Im Bundestag stimmte sie vor 20 Jahren gegen die Anerkennung der Oder-Neiße-Linie als Grenze zu Polen.

Ihre Forderungen nach einem Ausgleich für das Unrecht der Vertreibung stießen in Polen und Tschechien auf massive Kritik. 2004 zeigte sie sich kompromissbereit und war zum Verzicht auf materielle Entschädigung deutscher Heimatvertriebener bereit.

Minderheitenvertretung im Ausland

Steinbachs „Baby“ ist die Vertriebenen-Gedenkstätte. Außenminister Guido Westerwelle (FDP) verhinderte, dass sie Mitglied im Stiftungsrat der Gedenkstätte wurde. Im Gegenzug erreichte sie mehr Einfluss für die Vertriebenen. Als menschenrechtspolitische Sprecherin der Unionsfraktion machte sich Steinbach zuletzt für Flüchtlinge in Syrien und für Christen im Nahen Osten und Nordafrika stark.

„Das ist ein gewaltiger Aufgabenbereich“, sagt Steinbach, für den sie sich auch künftig weiter engagieren wolle. Auch im Innenausschuss will sie weiter mitarbeiten: „Deutschland ist Zielland des Menschenhandels, was uns als Innenpolitiker und Menschenrechtspolitiker beschäftigen muss.“ Und als Geigerin liege ihr der Kulturausschuss am Herzen. Was sie alles beschäftigt, tut Steinbach auch //twitter.com/SteinbachErika:per Twitter kund – oft mehrmals am Tag.

Trotz Steinbachs Prominenz und Erfahrung sieht in der Frankfurter CDU so mancher die Zeit für einen modernen Großstadtpolitiker wie Thomas Dürbeck gekommen. Der Anwalt und Kulturpolitiker, der mit einer Italienerin verheiratet ist und drei Kinder hat, gilt als weltoffen, energiegeladen und urban. Mit seinen 55 Jahren liegt er um drei bis vier Jahre unter dem Altersdurchschnitt der Frankfurter CDU.

Der andere Herausforderer Steinbachs, Betriebswirt Ulf Homeyer (30), wird vor allem von der Jungen Union gestützt, deren Vorsitzender er ist. Der Stadtverordnete, der in einer Agentur für Finanzkommunikation arbeitet, in New York City zur Welt kam und einige Jahre in Saudi-Arabien zur Schule ging, verkörpert für viele in der Partei den typischen Frankfurter aus der Finanzbranche.

Sie wollte erst gar nicht

Steinbach habe ihre Gegenkandidaten selbst auf den Plan gerufen, heißt es in der Partei. Weil sie zunächst angekündigt habe, sie werde nicht mehr kandidieren und dies nun doch tue. „Eine dezidierte Aussage von mir hat es nie gegeben“, dementiert Steinbach und gibt sich optimistisch.

„Ich vermute, dass ich gute Chancen habe.“ Denn: „Ich weiß, dass ich gute Arbeit gemacht habe, dass ich auch eine gehörige Anhängerschaft habe - man wird sehen.“ Den Vorwurf, sie mache sich in ihrem Wahlkreis zu rar, lässt sie nicht gelten: „Man muss den Kontakt zu den Bürgern halten. Das tue ich.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

6 Kommentare

 / 
  • S
    SunJohann

    Frau Steinbach sollte aus der CDU austreten, dann sind die linken CDU-Mitglieder unter sich, niemand stört sie bei den großen Entwürfen der Planwirtschaft (Energiewende) und beim Aufbau des Sozialismus mit menschlichem Antlitz in Deutschland und vor Ort, klimaneutral, durchgegendert, sowohl authentisch als auch nachhaltig. Heiner Geißler verteilt ökologisch einwandfreie Aufnahmeanträge für Attac. Die DDR war ein Erfolgsmodell, lautet eine CDU-Maxime, Nordkorea ist total Bio und ein ernährungsfreies Arbeiterparadies, und auf Kuba ist es in den Nächten und in den Parks am schönsten. Daran können jetzt alle in der CDU – störungsfrei – glauben. Rita Süßmuth reaktivieren, und das Glück ist – zum Bepieseln – herzallerliebst vollkommen. Die ehrenwerte taz sollte aber aufpassen, daß sie nicht ruf- und geschäftsschädigend zum Zentralorgan der CDU-Partei wird.

  • V
    vic

    Mir wird sie nicht fehlen, der Yellowpress schon.

    Ich sag schonmal tschüss.

  • G
    Gonzi

    Ein klein wenig Umsicht mit Frau Steinbach.

     

    Immerhin sollte man nicht vergessen, es gab auch Zeiten, wo Willy Brandt und der nicht als der Einzige in der SPD den Schlesiern eine "Rückkehr in ihre Heimat" in Aussicht stellte.

     

    Und der wußte auch, was so alles im deutschen Namen früher geschehen war so dass es nicht immer ganz überzeugend war, was seine Parteifreunde danach verlautbarten.

  • H
    Heiko

    Frau Steinbach ist eine der wenigen Politikerinnen, die man als Konservativ bezeichnen kann. Deutschland braucht dieses Klientel, weil es Kräfte des Aufbauens und des Erschaffes sind und außerden nationale Interessen vertritt.

  • A
    agtrier

    Die Steinbach ist vor allen Dingen ein "Real-Life Troll": Je mehr Leute sie mit ihren Provokationen aufregt, desto mehr Presseaufmerksamkeit bekommt sie, und desto mehr erweckt sie den Eindruck, man müsse sie ernst nehmen.

     

    Muss man nicht. Wie bei jedem Troll geht es ihr nur um die Aufmerksamkeit, nicht um die Sache.

     

    Ich empfehle, sie noch nicht einmal zu ignorieren. "Don't feed the troll", heisst es aus gutem Grunde immer.

  • P
    ProSteinbach

    Ich fände es schade, wenn sie ginge.

    An kaum einer Person innerhalb der Union lassen sich die oft nicht nur latent rassistischen Überzeugungen innerhalb der Partei so klar aufzeigen, wie an Erika Steinbach. Ginge Sie, würden diese Überzeugungen ja nicht verschwinden, wohl aber ihr hässliches Aushängeschild.

    Dann müsste man z.B. wieder mit dem Finger auf JungUnionler mit Reichskriegsflagge zeigen...und die lassen sich einfacher als Dummejungenstreiche darstellen.