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Steffen Grimberg Flimmern und RauschenLetzte Vorstellung: Der Kampf um die „Krone“ ist zu Ende

Foto: Regentaucher

Aus Wien kommt diese Woche eine traurige Nachricht. Eines der beliebtesten Boulevardstücke des österreichischen Medientheaters wird abgesetzt. Nach 36 Jahren ununterbrochener Spielzeit ist Schluss mit der beliebten Posse „Der Kampf um die Krone“. Dabei war da immer alles drin, von Verrat über Intrige bis zu Größenwahn.

Schließlich ist die Kronen-Zeitung so was wie die Bild Österreichs, nur viel mächtiger. Ihr früherer Chefredakteur und Altverleger Hans Dichand galt als Kanzlermacher der Alpenrepublik. Weil er in einem Interview mal behauptete, er würde lieber zu Hause sitzen und den Hund streicheln, als sich in die Politik einzumischen, bedeutet „den Hund streicheln“ in Österreich bis heute genau das. Einfluss auf die Politik hatte Dichand stets, auf die Banken weniger.

Und so konnte sich 1989 die deutsche WAZ-Gruppe wegen finanzieller Schieflage bei der Krone einkaufen und die Hälfte der Anteile übernehmen. Das war Dichand stets ein Dorn im Auge. Dichand hatte sich zwar vertraglich die Oberhoheit gesichert und blieb Chefredakteur und Herausgeber. Auch wirtschaftliche Entscheidungen durfte nur er treffen. Die WAZ-Gruppe hatte außerdem tief in den sauren Apfel gebissen und Dichand unabhängig vom realen Finanzzustand der Krone einen Gewinnanteil von mindestens 1 Million Euro pro Jahr garantiert, zahlbar im Voraus.

In ­WAZ-Geschäftsführer Erich Schumann hatte Dichand trotzdem seinen Lieblingsfeind gefunden. Hier Dichand, der mit dem Bundespräsidenten im K.-u.-k-Glanz der Hofburg Guglhupf aß. Dort Schumann, der im 50er-Jahre-Zweckbau der WAZ in Essen berühmt dafür war, sich mittags sein eigenes Bütterken mitzubringen.

In einer Neuinszenierung des Stücks Anfang der 2000er ging es für Dichand noch mal ganz nach oben auf die Palme. Die WAZ hatte sich erdreistet, die dynastische Nachfolge zunächst auszubremsen, und Dichand-Sohn Christoph als neuen Chefredakteur abgelehnt. Alle Versuche Dichands, zu Lebzeiten den WAZ-Anteil zurückzukaufen, liefen aber ins Leere. 2007 starb Schumann, 2010 Dichand, und 2013 wurde aus der WAZ- die Funke-Gruppe, was die Lage merklich entspannte.

Leider hatte das auch Einfluss auf den Erfolg des Theaterstücks. Zwar streichelt die Krone mit ihrer Gratisschwester heute, die Christoph Dichands Frau Eva herausgibt, weiter den österreichischen Polithund. Aber am Montag wurde bekannt gegeben, dass Funke seine 50 Kronen-Prozent an die Dichands verkauft. Das ist das Aus für den „Kampf um die Krone“! Oder?

„Es ist durchaus denkbar, dass in Zukunft die beiden Verlegerfamilien wieder zusammenfinden“, heißt es zum Deal auf krone.at. Und die Dichands geben auch allein genug Stoff her. „Es kann auch ein schönes neues Nischenformat zwischen Krone und heute entstehen“, meint die Mitbewohnerin.

Steffen Grimberg ist leitender Redakteur beim KNA-­Mediendienst.

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