Steffen Grimberg Flimmern und Rauschen: Der große Kirch, der kleine Kirch und das ganz, ganz große Geknirsch
Erinnert sich noch jemand an Leo Kirch? Der firmierte ja in den Medien meistens als „Filmhändler“, schraubte sich seit den 1950er Jahren aber ein achtbares Medienimperium aus Filmhandel, ProSieben, Sat.1 und noch ein paar Kanälen zusammen, übernahm fast feindlich Springer und startete mit DF-1 und später Premiere so kühn wie katastrophal ins digitale Geschäft mit dem Pay-TV. „Der Herr hat’s gegeben, der Herr hat’s genommen“, sagte Kirch dann lakonisch, als er 2002 pleiteging. Aber dass nach jahrelanger Prozessiererei die Deutsche Bank seinen Erben 2014 noch’ne knappe Milliarde wegen Aussagen zur Kreditwürdigkeit des Medienkonzerns zahlen musste, hätte den 2011 verstorbenen Kirch garantiert narrisch gefreut.
Neben diesem großen Kirch gab es fast alle die Jahre noch den „kleinen Kirch“, der natürlich nicht Kirch heißt, sondern so genannt wurde: Herbert Kloiber. In den 70ern hat der bei Kirch gearbeitet und sich dann auf die eigenen Füße verlassen. Wie Kirch als „Filmhändler“ unterwegs, war aber auch der gebürtige Wiener Kloiber immer viel mehr, wenn auch ein paar satte Nummern kleiner als der große Kirch. In München saßen sie beide, jetzt hat Kloiber seine Tele München Gruppe (Filmhandel, Filmvertrieb, Tele 5, Anteile an RTL2) an den US-Finanzinvestor KKR verkauft.
Kloiber hat sich in seiner Zeit mit dem großen Kirch zerstritten („Er konnte es nicht glauben und hat meine Kündigung aus dem offenen Fenster ins Restaurant vom Bayerischen Hof geworfen, wo meine Sekretärin den Brief dann irgendeiner armen Dame, die da gegessen hat, aus der Suppe geholt hat“), mit Rupert Murdoch die Champions-League-Rechte gekauft (und dafür das „frauenorientierte Spartenprogramm“ tm3 über Nacht in einen Fußballkanal umgewidmet) und mit Tele 5 einen der innovativeren kleinen Privatsender einfach machen lassen.
Nun steigt KKR ja auch demnächst bei Springer ein , und nur ein Schelm kann sich nichts Arges dabei denken. In einem Interview mit der Boulevardzeitung Kurier stapelt Kloiber trotzdem tief: Man solle das alles „nicht überinterpretieren“ und das, „wie Private-Equity-Firmen ihre Geschäfte am Köcheln halten, unter einer wahnsinnig übergeordneten Strategie sehen wollen“. Es gebe halt Branchen, die sich im Umbruch befänden. Bei Springer, wo sie den Umbruch eigentlich ganz gut gemeistert zu haben glauben, wird man das eher weniger gern hören.
„Ich glaube, wenn in der Folge Axel Springer von der Börse genommen werden wird und die Tele München Gruppe mit den drei, vier weiteren Erwerbungen integriert worden ist, dann wird sich aus dem Ergebnis vielleicht eine Strategie ableiten lassen“, sagt Kloiber dann noch. Und dass die „Grundfesten“, auf denen all diese Geschäfte über Jahrzehnte fußten, „einige große Schrammen“ abbekommen hätten. Wie wahr!
Steffen Grimberg, Medienprofi, bringt hier jede Woche Unordnung in die aufgeräumte Medienwelt.
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