Stefan Reinecke zum Koalitionsstreit über die Schwarze Null: Sparen wird teurer
Flüchtlinge kosten viel Geld. Und man kann nur so ungefähr abschätzen, wie viele Mittel noch nötig sein werden. Aber es ist klüger, jetzt mehr in Deutschunterricht, Kitaplätze, ErzieherInnen und sozialen Wohnungsbau zu investieren, als später die Reparaturarbeiten zu bezahlen. Denn die verursachen mehr Kosten, nicht nur finanzielle. Anders als in den 90er Jahren scheint es den Regierenden, auch der Union, klar zu sein, dass viele der Flüchtlinge bleiben werden. Allerdings tut sich die Union schwer, die Konsequenz aus dieser Einsicht zu ziehen.
Die SPD hat schon im Herbst angekündigt, was die Integration kosten könnte – etwa 5 Milliarden pro Jahr. Das dürfte eher niedrig kalkuliert sein. Es ist richtig, Geld für sozialen Wohnungsbau und Langzeitarbeitslose einzurechnen – um die Konkurrenz zwischen Flüchtlingen und ärmeren Alteingessenen abzufedern. Migration ist immer mit harten Rivalitäten verbunden, gerade in der sozialen Unterschicht. Und viele Flüchtlinge werden im Arbeitsmarkt im Niedriglohnbereich einsteigen. Es ist der Job vorausschauender Politik, solche Gegnerschaften zu mildern. Dass die SPD eine Aufweichung des Mindestlohn verhindert hat, war nicht dogmatisch, sondern nötig.
Im Streit zwischen SPD und Union sind rhetorisches Gewölke und das, worum es im Kern geht, mitunter nicht leicht auseinanderzuhalten. Von der SPD gab es die markige Ankündigung, den Haushalt und damit die Koalition zu kippen, wenn dort Lebensleistungsrente und Geld für Behinderte fehlen. Falscher Alarm. Beides steht im Koalitionsvertrag, die Regierung wird darüber nicht stürzen.
Eng wird es, wenn die Kosten für Flüchtlinge den Etatüberschuss, die schwarze Null, kippen. Denn die ist ein Symbol für die Union, ein Identitätszeichen in einer Zeit, in der diese Mangelware sind. Deshalb macht die Union die schwarze Null zum Fetisch. Die SPD tickt in dieser Frage pragmatisch, die Union ideologisch.
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