Statistik zu Sozialleistungen: Hartz-IV-Missbrauch nimmt zu
Die Missbrauchsquote bei Hartz-IV-Leistungen ist im vergangenen Jahr leicht angestiegen. Bei rund 6,5 Millionen Hilfsbedürftigen lag der Anteil bei 1,9 Prozent, so ein Bericht der Bundesagentur für Arbeit.
BERLIN afp | Die Zahl der Straf- und Bußgeldverfahren gegen Hartz-IV-Empfänger ist im vergangenen Jahr nach Informationen der Süddeutschen Zeitung um 1,8 Prozent auf knapp 165.000 Fälle gestiegen. Dies gehe aus der Jahresbilanz der Bundesagentur für Arbeit (BA) über den Leistungsmissbrauch im Hartz-IV-System hervor, berichtet die Zeitung in ihrer Dienstagsausgabe. Zumeist gehe es um falsche Angaben von Langzeitarbeitslosen gegenüber den Jobcentern und Arbeitsgemeinschaften (Argen) mit dem Ziel, höhere Leistungen zu kassieren, als ihnen eigentlich zustünden.
Ertappt wurden dem Bericht zufolge auch deutlich mehr potenzielle Schwarzarbeiter. Die Jahresbilanz zeige zudem auf, dass von den gut 126.000 erledigten Verfahren 39.000 Fälle wegen des Verdachts auf Schwarzarbeit an die zuständige Zollverwaltung weitergegeben worden seien. 2008 seien es noch etwa 36.500 Fälle gewesen. Zunehmend mehr Akten von Hilfebedürftigen landen danach auch bei den Strafverfolgungsbehörden. Bei knapp 13.000 Zahlungsempfängern seien die Akten "mit einem begründeten Straftatbestand an die Staatsanwaltschaft abgegeben" worden. Dies entspreche einem Zuwachs von 4,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Insgesamt hatten 2009 laut dem Bericht im Jahresdurchschnitt etwa 6,5 Millionen Menschen Anspruch auf die Grundsicherung (Hartz IV). Bezogen auf diese Gesamtzahl lag die Missbrauchsquote nach Angaben der Bundesagentur bei 1,9 Prozent. Darunter fallen Ordnungswidrigkeiten, also geringfügige Verletzungen von Rechtsregeln, für die das Gesetz eine Geldbuße vorsieht. Das eingetriebene Verwarnungs- und Bußgeld, über das die Jobcenter selbst entscheiden können, belief sich bei etwa 74.000 Fällen auf 3,7 Millionen Euro. Ein Leistungsmissbrauch liegt zum Beispiel vor, wenn ein Bezieher von Arbeitslosengeld II grob fahrlässig unrichtig oder unvollständige Angaben über seine Nebeneinkommen oder Vermögen macht.
Unter der Regierung des früheren Bundeskanzlers Gerhard Schröder (SPD) wurden Anfang 2005 die Arbeitslosenhilfe und die Sozialhilfe zum Arbeitslosengeld II zusammengeführt. Der Name Hartz IV geht auf Peter Hartz, ehemaliges Vorstandsmitglied der Volkswagen AG, zurück.
Ursula von der Leyen will Hartz IV umbenennen
Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hatte sich vor einigen Tagen für eine Umbenennung der sogenannten Hartz-IV-Zahlungen für Arbeitslose (Arbeitslosengeld II) ausgesprochen. "Das Wort Hartz IV ist sehr negativ besetzt", sagte von der Leyen der ARD-Sendung "Bericht aus Berlin" vom Sonntagabend. Eine Umbenennung sei unvermeidlich.
Sie selbst machte allerdings keinen Vorschlag für eine Neubenennung. "Ich finde, man darf so ein Wort oder einen Namen nicht von oben verordnen, sondern das muss sich entwickeln", sagte die Ministerin.
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