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Stasi-Verdacht bei LinksparteiDeckname "Müller"

Im Landesvorstand Mecklenburg-Vorpommern der Linkspartei gibt es offenbar einen neuen Stasi-Fall. Das berichtet die "Bild". Der Vorsitzende spricht von "Halbwahrheiten".

Der Linken in Mecklenburg-Vorpommern weht ein neuer Stasi-Verdacht entgegen. Bild: dpa

BERLIN taz | Im Landesvorstand der Linkspartei Mecklenburg-Vorpommern wurde möglicherweise ein neuer Stasi-Fall aufgedeckt. Landesschatzmeisterin Renate Malchow soll sich unter dem Decknamen "Ingrid Müller" 1976 als IM verpflichtet haben. Das berichtet die Bild-Zeitung unter Berufung auf Unterlagen der Birthler-Behörde. Ein Sprecher bestätigte den Bericht.

"Sollte das zutreffen, haben wir ein Problem", sagte der Linkspartei-Landesvorsitzende Steffen Bockhahn der taz. Es gebe einen Beschluss, dass alle, die sich in der Partei um ein Amt oder um ein Mandat bewerben, über eine frühere Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Staatssicherheit (MfS) informieren müssen. Eine solche Stellungnahme sei ihm von Malchow nicht bekannt. "Wenn sie das verschwiegen hat, wäre das keine Lappalie", so Bockhahn. Malchow befinde sich im Urlaub. Nächste Woche werde er ein Gespräch führen.

Bild berichtet neben der Landesschatzmeisterin von drei weiteren bisher unbekannten Stasi-Fällen im 18-köpfigen Landesvorstand: Manfred Millow, Karen Stramm und Wolfgang Weiss. "Das ist schlichtweg falsch. Die drei Fälle sind teils seit Jahren bekannt", erklärt Bockhahn. Millow sei schon 1992 als Vorsitzender der PDS-Kreistagsfraktion Güstrow wegen seiner IM-Tätigkeit zurückgetreten. Stramm und Weiss hätten ihre Kontakte zum MfS stets offengelegt. "Die Bild strickt sich ihre Geschichten so, wie es passt", kritisiert Bockhahn. Es würden gezielt Halbwahrheiten gestreut, die ein Klima der Denunziation schaffen.

Vizelandeschef und Landtagsabgeordneter Torsten Koplin hatte sich schon 2001 zu seiner Stasi-Vergangenheit öffentlich bekannt und sich dafür entschuldigt. Von den vier in der Bild erwähnten PolitikerInnen war bis Redaktionsschluss keine Stellungnahme zu erhalten.

Zuletzt hatte die Linkspartei in Brandenburg Ende 2009 mit der Stasi-Vergangenheit mehrere Landtagsabgeordneter zu kämpfen. Mindestens zwei Fraktionsmitglieder hatten ihre IM-Tätigkeiten verschwiegen. Nach dem Start der ersten rot-roten Koalition folgte eine monatelange Stasi-Debatte.

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4 Kommentare

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  • IA
    Ingo aus Westfalen

    Und was ist mit IM Erika?

  • S
    Steffen

    Kommt immer darauf an wie die Zusammenarbeit mit der Staatssicherheit geartet war.

     

    Staatssicherheit ist ein weiter Begriff und die zu verurteilende Bespitzelung zb. von Freunden und Bekannten ist nur ein Bruchteil des Aufgabenbereichs der Staatssicherheit gewesen.

     

    Gibt kein Land oder Staat ohne Behörde dieser Art.

     

    Gibt genug Stasi-Mitarbeiter die im Personen- und Objektschutz tätig waren, die in der üblichen Spionage- und Spionageabwehr tätig waren, die reine Verwaltungsangestellte waren usw.

     

    Solche Posten werden auch heute von speziellen Behörden und div. Mitgliedern der heutigen Staatssicherheitsorgane besetzt.

     

    Die brauchen sich weder entschuldigen noch schämen.

     

     

    Sollte die Dame tatsächlich bewusst geschwiegen und damit gelogen haben hat diese unverzüglich die Konsequenzen zu tragen. Mit solch Verhalten schadet man den ehrlichen Menschen die sich da redlich engagieren für den guten Zweck.

  • C
    Celsus

    Eine Entschuldigung fällt Politikerinnen und Politikern offensichtlich nie so leicht. Deswegen nehme ich derartiges schon ernst. Bei anderen Parteien gibt es doch sogar eine Budneskanzlerin die mal Blockflötistin und erfolgreiche "FDJ-Mutti" war. Gab es da je eine Entschuldigung? Die FDP hingegen hat die NDPD und die LDPD geschluckt. Wo gab es da Entschuldigungen?

     

    Ich bin dafür, dass jetzt für alle im öffentlichen Leben stehenden Personen aus allen Parteien die Karten auf den Tisch gelegt werden. Der Missbrauch für politische Zwecke bei solchen Daten dürfte damit für alle Zeit beendet sein. Aber dagegen sträuben CDU und FDP sich! Aus angeblich ehrenhaften Gründen. Ja. So sagt jede Partei das für sich.

  • R
    reblek

    "Vizelandeschef und Landtagsabgeordneter Torsten Koplin hatte sich schon 2001 zu seiner Stasi-Vergangenheit öffentlich bekannt und sich dafür entschuldigt." - Das ist lustig: "Ich entschuldige mich" und damit ist gut, oder? Eigentlich geht das so: "Ich bitte um Entschuldigung." So werden Subjekt und Objekt vertauscht - und die Überwachten noch einmal düpiert. "Nur sprachlich"? Aber was anders als die Realität soll die Sprache einer Zeitung wiedergeben?