piwik no script img

Start von Cannabisclubs in BerlinBehördenchaos par excellence

Die Genehmigung der Cannabisclubs könnte nach dem Willen der Senatskanzlei vom Lageso übernommen werden. Dort will man davon nichts wissen.

Es grünt so grün. Überall. Nur nicht in Berliner Social Clubs Foto: Imago/Panthermedia

BERLIN taz | Die Disziplin Behördenchaos beherrscht Berlin bekanntlich bravourös. Das zeigt sich aktuell bei der Frage, wer in Hauptstadt dafür zuständig sein soll, den Cannabisclubs ihre Genehmigungen zu erteilen.

Zur Erinnerung: Seit dem 1. Juli sollen diese beantragt werden können. Können sie aber auch eineinhalb Monate später noch nicht. Denn die Genehmigungszuständigkeitsfrage ist nach wie vor ungeklärt.

Mehreren Medienberichten zufolge hat sich jetzt die Senatskanzlei des Regierenden Bürgermeisters Kai Wegner (CDU) in die Angelegenheit eingeschaltet und verkündet, dass eine Lösung des Problems gefunden worden sei: Das Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) solle fortan die Anträge zentral bearbeiten. Allein, die Kommunikation scheint nicht funktioniert zu haben.

Eine Sprecherin des Lageso teilt auf taz-Anfrage mit, sie wisse eigentlich von nichts, außer, dass es die Pläne mit dem Lageso schon länger gebe. Stets habe man dabei aber klargestellt, nicht für die Cannabisclubs zuständig sein zu wollen.

Auch fast alle Bezirke haben kein Interesse

Das hat das Lageso wiederum gemein mit den zwölf Bezirken, denen die Genehmigungen wiederum nach anderen Senatsplänen übergeholfen werden soll. Diese haben allerdings fast geschlossen erklärt, den Job nicht übernehmen zu wollen. Mehr noch: Einer taz-Abfrage zufolge weigern sich die meisten Bezirke, eingereichte Anträge überhaupt zu bearbeiten.

Nun soll es also das Lageso richten? Gesundheitsstaatsekretärin Ellen Haußdörfer (SPD) hat am Donnerstag gleich mal mitteilen lassen, dass nichts in trockenen Tüchern und die Zuständigkeit auch noch gar nicht rechtsgültig an das Lageso übertragen worden sei. Von Problemlösung also keine Spur, stattdessen noch mehr Hickhack. Anders formuliert: Willkommen in Berlin.

Die Cannabisvereine sollen im Rahmen der beschlossenen Teillegalisierung von Cannabis gemäß Bundesgesetz ohne kommerzielle Absichten Hanf anbauen und in begrenztem Maß Cannabis an ihre Mitglieder abgeben dürfen. In allen Bundesländern wurden ohne größere Probleme Ansprechpartner für die Clubs klar benannt. Nur in Berlin hat das nicht funktioniert.

Die Berliner Anbauvereinigungen sehen sich so mit enormen Unsicherheiten konfrontiert und können den Anbau der Hanfpflanzen und die spätere Abgabe von Cannabis nicht planen. Dementsprechend groß ist deren Unzufriedenheit.

Gesundheitsverwaltung will weiter diskutieren

Staatssekretärin Ellen Haußdörfer gibt an, es werde nun weiter im Austausch mit den Bezirken und der Senatskanzlei diskutiert, ob am Ende nicht doch ein Berliner Bezirk stellvertretend für die anderen Bezirke die Genehmigungen für die Cannabisclubs bearbeiten wird oder tatsächlich das Lageso. Sie schränkt jedoch auch gleich ein, dass „eine Übertragung der Zuständigkeit an das Lageso eine Gesetzesänderung erforderlich machen würde“. Und bis diese durch wäre, könne es dauern.

Bis auf Weiteres mögen die Clubs ihre Anträge doch bitte weiter bei den Bezirksämtern abgeben, heißt es weiter. Wie es dort und wie es überhaupt weitergeht: „Der Senat wird zeitnah eine Entscheidung treffen“, teilt Senatssprecherin Christine Richter knapp mit.

Die taz-Umfrage hatte ergeben, dass man sich ausgerechnet im Bezirk Marzahn-Hellersdorf mit seiner Bürgermeisterin von der Anti-Cannabis-Partei CDU offen zeige, eingereichte Anträge auch zu bearbeiten. Der Berliner Cannabisclub High Ground strebt dort nun ein Genehmigungsverfahren an. Der Vorstandsvorsitzende Oliver Waack-Jürgensen sagt, man habe ihm Hoffnung gemacht, bereits in zwei Wochen einen Bescheid zu bekommen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen