Standortschließungen: Stiller Streik bei Sparkassen
Die Sparkassen wollen ihre Technik rationalisieren und dafür Standorte schließen. Service-Mitarbeiter streiken seit elf Wochen. Nun zeichnet sich ein Kompromiss ab.
HAMBURG taz Informatiker und Servicepersonal der Sparkassen wehren sich noch immer gegen die geplante Schließung der Standorte in Köln, Duisburg, Karlsruhe und Mainz. Im bisher größten Arbeitskampf bei einem deutschen IT-Dienstleistungsunternehmen streiken die Bank-Mitarbeiter bereits seit Mai. Nun ist ein Ende des Marathon-Disputs absehbar. Ver.di-Streikleiter Gerald Herrmann ist "optimistisch", dass bis Ende September ein Kompromiss stehen könnte. "Wir sind in den Verhandlungen einen guten Schritt weitergekommen", sagte Herrmann.
Bis ein Kompromiss vorliege, werde jedoch weitergestreikt, sagte Hermann. Die bisherigen Angebote der Sparkassen-IT-Geschäftsführung sehen viele Kündigungen vor. Nach Gewerkschaftsangaben wären von den rund 3.800 Mitarbeitern 1.250 nach den geplanten Schließungen ohne Job.
Die Beschäftigten des IT-Dienstleisters sorgen normalerweise für einen reibungslosen Ablauf im Zahlungsverkehr an Bankautomaten und Kontoauszugsdruckern. Da von dem Streik nicht die beiden Rechenzentren, sondern die Servicestationen erfasst werden, spüren die Sparkassenkunden am Geldautomaten (noch) keine Auswirkungen. Dafür bleiben schriftliche Überweisungen liegen und interne Aufträge bleiben unerledigt.
Bereits im Dezember hatte die Geschäftsführung der Sparkassen Informatik (SI) beschlossen, ihre neun Standorte "zu bündeln". "Für die Frankfurter Geschäftsführung gibt es keine Alternative zur Zentralisierung", sagte Vorstandsvorsitzender Fridolin Neumann. Es gehe jetzt darum, attraktive Arbeitsplätze auch langfristig in Deutschland zu erhalten. Im Gegensatz zu anderen IT-Unternehmen verlagere man keine Arbeitsplätze ins Ausland. Neumanns einstweilige Verfügung gegen den Streik war vor dem Amtsgericht Karlsruhe gescheitert.
Der Streit bei der Sparkassen Informatik hat grundlegende Bedeutung. Auch genossenschaftliche Volks- und Raiffeisenbanken, private Kreditinstitute sowie Versicherungskonzerne wie Allianz, Ergo und Generali basteln an einheitlichen, konzernweiten IT-Plattformen. "Das Thema durchzieht die ganze Finanzbranche", analysiert Jörg Reinbrecht vom Ver.di-Bundesvorstand. Die Zentralisierung werde Beschäftigung kosten, trotzdem seien "manche Konzepte betriebswirtschaftlich nachvollziehbar". Es sei aber nicht zwingend, alle Computer an wenigen Standorten zu konzentrieren. Gerade im IT-Bereich sei es leicht möglich, von verschiedenen Orten aus bundes- und europaweit zusammenzuarbeiten.
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