■ Standbild: 50 Jahre nabelfrei
„Itsy Bitsy Teeny Weeny. Der Bikini wird 50.“ Mittwoch, 21.45 Uhr, ARD
„Ihr seid die Schlampen der Nation, mit eurem schmalen Band überm Hintern!“ ranzt Louis Farrakhan seine schwarzen Mitbürgerinnen an. Für den amerikanischen Führer der Nation of Islam ist im Jahre 1996 die Eroberung der weißen Badekultur Amerikas durch die Schwarzen Teufelswerk – und der Bikini wieder eine ungeheuerliche Obszönität.
Und das, nachdem sich das nabelfreie Trikot in 50 Jahren unbeirrt von einer frivolen Sensation zum ganz normalen Kleidungsstück emanzipierte. Ein Dutzend Recherchedienste hat Filmautor Diego Mas Trelles weltweit in unzählige Archive gejagt, die in enormer Fleißarbeit viel Kurioses und – vor allem für deutsche Zuschauer – nie gesehenes Bildmaterial aus Amerikas, Englands und Frankreichs Schlager-, Werbe- und Badewelten zusammentrugen. Itsy Bitsy...
Vom Sonnenkult über „womens lib“ zur Fitneßwelle – in Dekadenschritten montiert, sind die interessantesten Dokumente natürlich die Belege für die prüden Anfangsjahre: So fand etwa Bikini-Erfinder Louis Réard für die Pariser Weltpremiere im Juni 1946 kein Mannequin für die Präsentation und mußte deshalb Nachtclubtänzerinnen engagieren. In den USA legten Strand-Cops eigenhändig das Maßband an, ermittelten die Fläche unbedeckter Haut und versahen bei Einhaltung der erlaubten Quadratzentimeterzahl das nackte Fleisch mit einem Freistempel – gültig für einen Badetag. Und im Sommer 1959 demonstrierten in Londons Innenstadt Hunderte von Frauen gegen ein Bikiniverbot in öffentlichen Bädern – im Bikini, versteht sich. Barbara Häusler
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