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■ StandbildGlitschen & ablaichen

„Die Welt der Aale“, Di., 20.15 Uhr, ZDF

„Sie können einen Kubikzentimeter einer gelösten Substanz verdünnt in der 58fachen Menge Wassers des Bodensees erschnüffeln“ – mit solchem Überschwange veranschaulichte der Sprecher den Geruchssinn des Aals, und zum Glück wurde der „Mythos Aal“ bis zum Ende von Hans Frickes Bericht nicht wirklich entzaubert.

Die Anfänge des Aals liegen in der Tiefe des „Jahrhunderträtsels Sargassosee“ im Westatlantik. Dorthin kehrt der Aal am Ende seiner Wanderjahre zurück – per Lebenszielverordnung durch Mutti Natur. Das Rätselhafte aber ist: Einen dort ablaichenden Aal oder ein Aalei „hat noch keiner gesehen“. Aber immerhin entdeckte die Kamera in der Tiefe Aallarven, und am Schluß des Films belauschte man sogar das „anmutige Zusammenspiel der Geschlechter“.

„Die Welt der Aale“ folgte dem Aal auf seiner Laufbahn: vom Golfstrom Tausende von Kilometern in Richtung Europa geschwemmt, wird er als streichholzkurzer Glasaal gern in Styroporbehälter gepackt, um zu Zuchtzwecken und gesalzenen Kilopreisen in ferne Länder verschifft zu werden – und wird folglich nie wieder die Gewässer des Sargassosees erschnüffeln, nicht einmal verdünnt in der 58fachen Menge. Für alle unverschifften Glasaale beginnt in den Flüssen, Bächen und Seen Europas ihr Süßwasserleben, bevor sie eines schönen Herbstes geschlechtsreifen und sich – geleitet „durch Umweltsignale und Mondphasen“ – schließlich wieder ins Meer ergießen. Gen Sargassosee. Schuppennah folgte Frickes Kamera den schlängelnden Muskelpaketen in einer rasanten Reality-TV-Verfolgungsjagd. Unerschrocken filmte das Team auch in düsteren Flußuntiefen, wo die Aale wie „geisterhafte Phantome“ am Objektiv vorbeischlittern.

Und wie überqueren Aale eigentlich den Atlantik? Mit Hilfe von „Driftbojen“ fand man heraus, daß sie mit dem Azorenstrom „wie Kolumbus“ über den Atlantik gespült werden, um sich, endlich zu Hause, bei Neumond und in sechs Kilometern Tiefe dem geheimnisvollen Fortpflanzungsvorgang mit anschließendem Sterben zu widmen – den jedoch kein Mensch je gesehen hat. Monie Schmalz

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