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■ StandbildSchöne Frauen und Freizeithemden

„Tierarzt Dr. Engel“, Freitag, ZDF, 19.25 Uhr

Auf der Motorradrennstrecke sitzt ein flauschiges Kaninchen. Großäugig starrt es den heranrasenden Maschinen entgegen, seine Zeit als Ragout scheint gekommen. Aber keine Angst: Wolfgang Fierek alias Tierarzt Dr. Quirin Engel läßt die 3.000 Mark Preisgeld sausen. „Ich brems' halt auch für Tiere“, erklärt er grinsend. Ja, so erobert man sich die Herzen der sechs- und die der 88jährigen Zuschauer – alle anderen werden etwas schwermütig und erinnern sich an eine Zeit, in der Landtierärzte noch mit Vorkriegsautos durch englische Landschaften gebrettert sind, um dann mit gottergebenem Blick den Arm tief im Rektum einer Kuh versinken zu lassen.

In der Hinterskreuther Serienwelt dagegen scheint es nur Spektakuläres zu geben: Tigerbabys in Tierasylen, schöne Frauen und der böse Bauer Hallhuber (Hans Brenner), der mit dem Bürgermeister und der großen, tonangebenden Partei unter einer Decke steckt. Hallhuber will den Dr. Engel, als dieser seinen Betrieb wegen Seuchengefahr schließen läßt, von seinen Wirtshaus- Spezln per Mordanschlag aus dem Weg räumen lassen. In Oberbayern fällt man zu diesem Zweck einen Baum, und hofft, daß das Opfer gerade darunter steht. Aber nicht Tierarzt Dr. Engel, der springt zur Seite und schöpft sogleich Verdacht.

Und während wir mißmutig Fiereks großgemusterte Freizeithemden betrachten, sein ausdrucksloses Spiel und seine immer gleiche Mimik, da hören wir irgendwo jemand singen, immer lauter, und das Lied gefällt uns immer besser: „Wärst du doch auf Rü-hügen geblieben, schöner Playboy, du wirst nie ein Tierarzt sein...“ Stimmt, nicht mal so einer wie Tristan. Stefan Kuzmany

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