■ Standbild: Hämmern, Klopfen
IHM '98: Ein Streifzug über die 50. Internat. Handwerksmesse, So., 15.55 Uhr, 3sat
Die Schaltzentrale des internationalen Gewohnheitsverbrechens sitzt auf einem Messegelände bei München, und keiner schreitet ein. Die Bezeichnung „50. Internationale Handwerksmesse“ verweist auf die internationale Vernetzung eines absonderlichen Menschenschlags im teuflischen Kreislauf handwerklicher Betätigung. Maurer, Heizungsmonteure, Tischler, Klempner, Hörgeräte-Akustiker, Seifensieder, 3sat-Redakteure, Besenbinder, Kfz-Mechaniker, Bastler und Heimwerker laufen frei herum. Handwerksmeister dürfen ungeniert mit „solider Verarbeitung und originellen Ideen“, „Innovationen“, „kreativen Lösungsansätzen“, dynamischen Entwicklungen“ und immer wieder „Innovationen“ prahlen. Menschenverachtende Versuchsreihen, wohin das Auge reicht: ein „intelligentes Haus“ mit zentralem Staubsaugersystem und Sprachsteuerung, die Hebebühne „Jumbo-Lift“, Stühle aus Papier, Blumen aus kandierten Schrauben, höllisch perfektionierte Massenvernichtungswaffen i.e. Werkzeuge, dreimal abgesägt und immer noch zu kurz, ein einziges Bohren, Hämmern und Klopfen, präsentiert im Stil von Commercial Presentation, moderiert von Monica Stiehl und Peter Fraas. Schamlos offenbaren sich die Verstrickungen von Kriminalität und Politik: Die herausragendsten Leistungen werden sogar mit einem „Bayerischen Staatspreis“ dekoriert. Da fragt man sich doch ehrlich, wo das noch hinführen soll: Wo soll das noch hinführen? In eine Welt am Abgrund, eine geleimte und gelähmte Gesellschaft, die sich im Würgegriff einer parasitären Kaste ihren finalen Zuckungen entgegenwindet. Und wir haben wieder einmal tatenlos zugeschaut. Michael Rudolf
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