■ Standbild: Warmstart
„Vorsicht! Friedman“, Di., 20.45 Uhr, Hessen 3
„Am liebsten hätte ich Albert Einstein, Sigmund Freud und Karl Marx als Gäste in meine Sendung eingeladen“, erklärte Michel Friedman in einem vorab verteilten PR-Interview. Nun waren die drei leider verhindert. Besonders Freud konnte sich nicht dagegen wehren, daß Friedman ihn zum New-Age-Faseler verunglimpft: „Sigmund Freud erinnert uns ununterbrochen daran, daß es Worte gibt, die nicht so gemeint sind...“
In diesem Sinn fragte der CDU-Politiker Friedman seinen Parteikollegen Heiner Geißler (der statt Karl Marx in die Alte Oper in Frankfurt am Main gekommen war): „Ist es nicht Zeit, daß die CDU nach 16 Jahren aufhört?“ Das war wahrscheinlich auch „nicht so gemeint“. Genauso wie die Frage, die Friedman im vergangenen Jahr in seiner schnell wieder abgesetzten Premiere-Talkshow „43:30 – Zeit für Politik“ an Klaus Töpfer stellte: „Warum machen Sie nicht Neuwahlen, anstatt das Land ein Jahr in Lethargie zu halten?!“
Das klingt nach „Gut gebrüllt, Löwe“, und in der Tat könnte man den Eindruck gewinnen, daß Friedman sich im Gespräch mit Heiner Geißler und Michael Naumann redlich um Klarheit bemüht: „Was ist die wirkliche Nachricht, die mit Ihnen verbunden ist?“ – „Was sind denn die Hoffnungen, die Sie den jungen Menschen in den neuen Ländern verkaufen wollen, wenn die SPD regiert?“ Fragen, die den Eindruck erwecken, daß jemand etwas wissen will.
Kaum aber verstrickte sich die Diskussion in Detailfragen, da wirkte Friedman überfordert. Besonders wenn es darum ging, aus dem Gestrüpp der Details heraus die politische Position der Gesprächspartner zu sondieren. Mit großen Gesten, die den Wadenbeißer-Journalisten mehr imitierten, als daß er diese Rolle ausfüllte, brachte Friedman nicht mehr zu Wege als – computertechnisch gesprochen – einen „Warmstart“.
Immer wieder hackte der Talker mit einer Grundsatzfrage dazwischen, ohne die (vermeintlichen) Tiefen des Gesprächs seiner Kontrahenten auszuloten. Dabei gab es interessante Punkte: Geißler führte Rostock- Lichtenhagen darauf zurück, daß die Neonazis „die zehn Gebote nicht kannten“. Naumann konterte: „Warum konnten sie trotzdem hoffnungsvoll CDU wählen?“ Das werden wir in dieser Runde so schnell leider nicht erfahren. Manfred Riepe
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