■ Standbild: Brave Wege nach Rom
„Der Schein des Anstoßes“ Do., 23.00 Uhr, ARD
Abtreibungsschein ja oder nein – da hatte wohl auch die ARD gehofft, die katholischen Bischöfe würden mit einer klaren Entscheidung rüberkommen. Der Krach – mit Papst oder Kirchenvolk – wäre programmiert gewesen. Also wurde flugs eine Gesprächsrunde mit Bettina Böttinger plaziert. Doch aus dem Spektakel wurde nix, weil die Bischöfe erst mal in aller Stille beim Papst anfragen, wie böse er denn genau wäre, wenn sie nun vielleicht doch ein bißchen Schein ...
Folglich lahmte denn auch die brave Gesprächsrunde, aufgelockert durch Versprecher der salopp-forschen Moderatorin („Herr Bischof, jetzt hätte ich sie fast Jupp genannt“) und durch die obligatorische Lebensschützerin, Siegerin nach Rhetorikpunkten. Die Juristin hatte das durchdringendste Organ, fiel der Schwangerschaftsberaterin ins Wort – und hatte eine klare Mission: Mord verhindern. Schließlich war die potentielle Mörderin, die schwangere Frau, auf dem Weg zur Tat: „Und niemand kann sich ihr in den Weg stellen!“ Szenenapplaus.
Der Rest blieb zivil: Jeder steuerte sein Sätzlein bei, der Bischof erklärte uns den aufgepeppten Beratungsschein, den die Kirchengrüne Christa Nickels prima findet. Ketzerisches war nicht zu hören, den katholischen Papst-Absolutismus verbrämte der Bischof als „gemeinsame Suche nach Wegen“, und alle Wege führen nach Rom.
Und dann gab es noch die katholische Musterbetroffene: nicht, daß die abgetrieben hätte. Nein, Lilith wurde geboren dank katholischer Beratung und mit Schlußplädoyer Richtung Vatikan: Die junge Mutter wollte den Schein, der zur Entscheidung frei macht. Hätte sie den bei den Katholiken nicht bekommen, wäre sie gar nicht erst hingegangen. Kapiert, Papa? Heide Oestreich
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