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■ StandbildBittere Pilgerin

„37° – Nur von Luft und Liebe“, Dienstag, 22.15 Uhr, ZDF

Ach, die extremsten der Extremisten kommen doch immer noch aus Schwaben. Diesmal ist es eine 25jährige „Pilgerin“, die das Hohelied von Enthaltsamkeit und Selbstkasteiung singt und im Kartoffelsackgewand durch das von „Gier“ zerfressene Konsumentenland BRD trampt. Leider ernährt sie sich nicht von Luft und Liebe, wie der Titel dieses Leben im Kalten behübscht, sondern von Wildkräutern, Fallobst und Wurzeln: „Es hat allerdings einen etwas bitteren Nachgeschmack. Aber man gewöhnt sich daran, und es ist gut für die Verdauung.“

Daß die junge Frau mit blassem, maskenhaftem Gesicht sogar das Ausbleiben der Menstruation als Reinigung ihres Körpers begrüßt, daß ihr Freund mit dem hohen Pathos des Märtyrers sein Fasten bis zum Tode ankündigt, stimmt die ansonsten mit notorisch therapeutischer Warmherzigkeit beobachtende Regisseurin Ute Schneider dann doch mütterlich-besorgt. Die Spießer-Eltern haben die Tochter verstoßen, reden wollen sie nicht. Bei solch spärlichen Hinweisen auf den familiären Hintergrund läßt es der Film bewenden, und das ist schade. Zwischen den herrlich verständnislosen Passantenaussagen und etwas hilflosen Respektbekundungen von Bekannten deutet sich die Pathologie einer einsamen Frau, die sich selbst radikal ins Außerhalb manövriert hat, nur an. Nur äußerst behutsam werden die Fragen formuliert – zu behutsam, um hinter die handgestrickte Fassade zu sehen. „Motive und Beweggründe“ für einen übersteigerten Masochismus wollte die Dokumentation beleuchten und hat doch nur viel Selbstpropaganda referiert. Pietistischer Extremismus – extrem bitter.

Heide Oestreich

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