Standard & Poor’s, Moody’s, Fitch: Aufstand gegen die Ratingelefanten

Eine Berliner Firma will die Macht der großen Ratingagenturen brechen. Doch auch „Scope“ ändert nichts an der Misere mit den Märkten.

zwei Elefantenbabys spielen im Wasser, dahinter ein ausgewachsener Elefant

Elefantenkinder bekommen definitiv immer ein AAA-Rating Foto: dpa

Berlin taz Das hier ist eigentlich keine Nachricht: Die Ratingagentur Scope beurteilt die Münchner Linde AG mit dem Rating A+/S-1+, Ausblick stabil. Eigentlich, denn bei Linde handelt es sich um einen DAX-Konzern und bei Scope um eine deutsche Ratingagentur aus Berlin. Traditionell wird der Markt von den drei großen angloamerikanischen Anbietern Standard & Poor’s, Moody’s und Fitch beherrscht.

Das sind jene drei, die mitverantwortlich waren für die globale Finanzkrise ab 2008. Sie bewerteten Milliarden an wertlosen Immobilienanleihen als vorzügliche Geldanlagen. Als der Schmu aufflog, kollabierte um ein Haar die Weltwirtschaft. Trotzdem hat es bisher niemand geschafft, die Marktführer zu verdrängen. Der Aufbau einer von der Beraterfirma Roland Berger erdachten Ratingagentur scheiterte 2013.

Nun also kommt Scope. 2002 gegründet, bläst Unternehmenschef Torsten Hinrichs, seit 2014 Scope-Chef, unter anderem mit Geld des BMW-Erben Stefan Quandt zum Angriff auf die großen drei. Der erste DAX-Konzern markiere den Sprung in das große Geschäft, nun sollen weitere Großkonzerne folgen, so Hinrichs, früher Deutschland-Chef von Standard&Poors. Er spielt dabei die Karte des Underdogs: Man wolle die europäische Alternative werden in einer Industrie, die „vom angloamerikanischen Establishment dominiert wurde“.

Ob, das steht in den Sternen. Werner Stäblein, Vizechef Unternehmensanalyse, erklärt, man setze auf die Unterschiede zwischen europäischen und US-Unternehmen. „In den USA herrscht die Ideologie des Shareholder Value und kurzfristiger Gewinnmaximierung vor“, sagt er der taz. Europäer hielten dafür mehr Kapital im Unternehmen, das würde Scope würdigen.

Allerdings ist die Agentur wohl keine Ratingrevolution. „Eine vierte große Ratingagentur würde das Grundproblem nicht lösen“, sagt der Wirtschaftswissenschaftler Rudolf Hickel. „Bei einem Rating zahlen die Firmen ihre eigenen Prüfer. Diese sind also strukturell nie unabhängig.“ Hickel schlägt vor, dass künftig Investoren die Ratings bezahlen, weil die ein größeres Interesse an einer realistischen Bonitätsprüfung haben. Doch genau daran scheiterte die Roland-Berger-Idee.

Ob eine Firma ökologischer oder sozialer wirtschaftet, ist auch für Scope irrelevant: Ein Rating sei eine Aussage über die Bonität des Unternehmens, sagt Stäblein. „Es ist sehr schwer, dort Fragen wie eine gute CO2-Bilanz, hohe Mitarbeiterzufriedenheit oder eine nachhaltige Kontrolle über die Lieferketten zu integrieren. Das können wir leider auch nicht leisten.“

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.