piwik no script img

Stalking im InternetBetreff: Du stirbst

„Wollen wir Mailfreunde werden?“, fragt der Mann. Sie schreibt ihm eine nette Abfuhr – ein Fehler. Was folgt, sind sieben Jahre Belästigung.

Der Stalker steht nicht vorm Haus und verbreitet dennoch Schrecken. Bild: photocase / patklik

Der Stalker stand der Bloggerin noch nie gegenüber. Er lauert ihr nicht vor der Haustür auf. Er verfolgt sie nicht auf der Straße. Er terrorisiert sie nicht mal mit Anrufen. Und genau das ist ihr Problem.

Der Mann schreibt ihr seit sieben Jahren Mails, und er kommentiert Artikel auf ihrem Blog. Er macht ihr Komplimente und beschreibt, wie er sie ermorden will. „Die Bedrohung ist real, auch wenn er mir all das nicht ins Gesicht sagt“, meint die Bloggerin.

Doch gerade weil er ihr nichts ins Gesicht sagt, wird sie ihn nicht los. Vor vier Jahren zeigt sie ihn zum ersten Mal an. Erfolglos. Die zuständige Staatsanwältin findet nicht, dass der Stalker in seinen Nachrichten „tatsächlich die Begehung eines Verbrechens in Aussicht stellt“. Er kenne die Frau schließlich nur aus dem Internet.

Genau genommen muss sich die Bloggerin seitdem nicht nur gegen den Stalker verteidigen. Sie kämpft an zwei Fronten. Zusammen mit denen, die im Internet arbeiten, Freunde treffen und Smalltalk machen, die im Netz zu Hause sind, gegen die Skeptiker, denen das Internet unwirklich und gefährlich erscheint.

Nach dem Motto: Wer dort seine Zeit verbringt, muss mit Ärger rechnen. Oder mit einem Stalker. Die Bloggerin könnte auf diesen Kampf verzichten, und sie könnte auf den Stalker verzichten. Sie hat sich das Problem nicht ausgesucht. Die Bloggerin hatte vor allem – Pech.

Als der Fremde ihr zum ersten Mal schreibt, bloggt sie seit einem Jahr. Ihren Lesern erzählt sie viel Privates, aber nichts Brisantes: Geboren im September 1980, wohnt mit ihrem Freund und zwei Katzen in einem Dorf im Rheinland. Sie empört sich über die Vorratsdatenspeicherung und arbeitet als selbstständige Mediengestalterin. Vor allem entwirft sie Internetseiten.

Die Frage nach dem Dreck

Kurz bevor der Mann auf ihr Blog stößt, fragt er sich, welches Geschlecht auf der Toilette mehr Dreck hinterlässt. Die Antwort sucht er auf Google, die Suchmaschine verweist ihn auf einen Artikel der Bloggerin: Sie ekelt sich vor der Toilette im Büro eines Auftraggebers. Eine Mitarbeiterin vergisst nämlich regelmäßig, die Spülung zu drücken. „Wie gerne würde ich sie mit der Nase tief in ihre Hinterlassenschaft tunken“, schreibt sie.

Dem Fremden gefällt ihre Wortwahl. Er klickt sich durch ihr Blog, nebenbei trinkt er Bier. Um 23.14 Uhr schickt er seinen ersten Kommentar ab.

Was denkst du, wollen wir Mailfreunde werden? Ich bin 33 Jahre alt, bin nicht verheiratet, war es noch nie, fahre einen ausgebleichten und 17 Jahre alten 5-er BMW.

„Spinner“, denkt sich die Bloggerin. Nach drei Tagen schreibt sie ihm eine lange Antwort. Eine nette Abfuhr. Heute weiß sie: Wer sich einen Stalker vom Hals halten will, sollte ihm möglichst wenig Aufmerksamkeit schenken. „Ich hätte ihn ignorieren sollen. Aber ich konnte ja nicht ahnen, dass er mich sieben Jahre lang verfolgen wird.“

Ein Elektriker ohne Arbeit

Der Mann schreibt weiter, vor allem über sich selbst. Dass er als Elektroniker arbeitete, dann krank wurde und seinen Job verlor. Er wohnt allein, hat wenig Freunde. Wenn er nüchtern ist, hat er sich unter Kontrolle. Als er wieder getrunken hat, schickt er der Bloggerin ein Foto und betont, dass er gute Zähne hat.

Hast du einen Freund, so sexuell gesehen? Ich bin solo und würde dich gerne heiraten!

Sie möchte nicht. Diesmal antwortet sie kurz und deutlich: Er solle sie bitte in Ruhe lassen.

Er schreibt weiter, immer anonym. Die Bloggerin ignoriert ihn und löscht seine Nachrichten. Sie bloggt über Günter Wallraffs neue Reportage und ihren Urlaub in Las Vegas. Den Fremden erwähnt sie mit keinem Wort. Dann, irgendwann im Jahr 2007, gibt er plötzlich Ruhe. „Für mich war die Sache erledigt“, sagt die Bloggerin heute. „Ich hatte eine Zeit lang einen komischen Kauz am Hals, und nun war er weg.“

Er las alles

Er war die ganze Zeit über da. Er las alles, was sie schrieb. Er hielt nur still, warum auch immer. Nun legt er wieder los, und zwar richtig. Früher nervte er die Bloggerin, jetzt macht er ihr Angst.

Am Flussufer lege ich dir den Mühlstein um den Hals. Und dann nur ein kleiner Sprung und alles ist vorbei.

Der Stalker kann mit einem Klick herausfinden, wo sie wohnt. Name und Adresse stehen im Impressum. Weil sie nicht weiß, wie sie reagieren soll, fragt die Bloggerin die Polizei. Über die „Internetwache“, ein Onlineformular. Sie denkt, dass sie dort Fachleute erreicht.

Aber die Cybercops leiten ihre Anfrage an einen Beamten der örtlichen Polizeiwache weiter. Der wertet ihre Anfrage als Anzeige gemäß § 238 StGB – Nachstellung – und lädt die Bloggerin zur Zeugenvernehmung. „Da hat er mir erzählt, dass es im Internet keine Regeln gebe“, sagt sie. „Und dass man den Absender einer E-Mail eh nicht ermitteln könne.“

Kein Kontakt mehr

Seine Kollegen wissen es besser und finden den Stalker. Auf dem Revier verspricht er ihnen, die Bloggerin nie wieder zu kontaktieren. Dann fährt er nach Hause und schickt den nächsten Kommentar ab.

Sag mal spinnst du, was fällt dir ein mich anzuzeigen? Als ob ich nicht schon Probleme genug hätte, ey. Küss mich lieber, wenn du sonst nichts zu tun hast.

Die Bloggerin schreibt über ihre erste Falte. Die Staatsanwältin stellt das Verfahren ein. Als Stalker gilt nur, wer „die Lebensgestaltung des Opfers schwerwiegend beeinträchtigt“. Das Verhalten des Mannes sei aber höchstens „unschön und/oder lästig“. Schließlich könne die Bloggerin das Problem selbst lösen – „durch Schließung des Blogs“.

Das kommt für sie nicht infrage. Mit dem Blog wäre es ja nicht getan. Damit der Stalker sie nicht mehr erreicht, müsste alles weg: Die Homepage ihrer Firma, ihr Facebook-Profil, ihr Twitter-Account. „Ich arbeite im Homeoffice, und das Internet ist mein Großraumbüro. Die Menschen dort sind wie Kollegen“, sagt die Bloggerin.

30 Mails in einer Nacht

Zur Sicherheit entfernt sie ihren Namen aus dem Impressum und veröffentlicht nur noch freigeschaltete Kommentare. Der Stalker schreibt trotzdem weiter. Sie sperrt sein Pseudonym. Er legt sich ein neues zu. Sie blockiert seine IP-Adresse. Er weicht auf E-Mails aus.

DU hättest längst erkennen müssen, dass ich kein Nachsteller bin. Und wenn du wieder nicht antwortest, dann komme ich nicht umhin, dich bis an mein Lebensende zu fragen …

16 Nachrichten im August. 16 im September, 9 im Oktober. Die Bloggerin denkt, sie müsse damit leben. Der Stalker erhöht die Schlagzahl. 144 Nachrichten im Monat, 30 in einer einzigen Nacht.

Betreff: Du stirbst wenn ich es will.

Die Bloggerin ruft eine Anwältin an, die sich mit Stalkern auskennt. „Sie hat von einer Anzeige abgeraten, weil er noch nie vor meiner Tür stand“, sagt die Bloggerin. Aber die Anwältin beantragt Akteneinsicht, und so kommt ihre Mandantin an die Daten des Mannes, der sie seit fünf Jahren belästigt. Name, Geburtstag, Adresse.

Kein Wort zuviel

Den Ortsnamen hat die Bloggerin noch nie gehört. Sie könnte ihn nachschlagen und würde erfahren, dass der Stalker in einem anderen Bundesland lebt, 227 Kilometer entfernt. Aber sie macht es nicht. Einmal, Monate später, wird sie seine Adresse bei Google Maps eingeben. Doch noch während die Seite lädt, wird sie das Fenster wieder schließen. „Ich habe gelernt, solche Sachen von mir fernzuhalten“, sagt sie.

Noch etwas hat sie gelernt: ihre Worte genau abzuwägen. Manchmal zu genau. Bevor sie einen Artikel veröffentlicht, löscht sie die Hälfte ihrer Sätze. Bloß nicht zu viel offenbaren. Überhaupt bloggt sie nur noch selten. Wenn doch, dann meist Unverfängliches: Kochrezepte.

Ihren wichtigsten Artikel wägt die Bloggerin besonders genau ab. Den ersten Satz tippt sie am Sonntagnachmittag. Als sie den Computer ausschaltet, ist es nach Mitternacht. Diesmal geht es nicht ums Kochen.

Ein Weckruf

Ein erfolgreicher Stalker bringt sein Opfer zum Schweigen. „Es liegt nicht in meiner Natur, stillzuhalten“, sagt die Bloggerin. Aber genau das tat sie jahrelang. Dass sie ihr Schweigen bricht, liegt an einem Hashtag auf Twitter. Unter dem Stichwort „#aufschrei“ berichten Tausende Frauen über Anmache, Belästigung und Vergewaltigung. Ein Weckruf. Die Bloggerin macht mit, schreibt über ihren Stalker und verlinkt auf seine neueste Nachricht.

Wenn du nicht bald schwanger wirst, schick ich dir was im Brief.

Mehr als 200 Leser kommentieren den Artikel. Einer von ihnen empfiehlt ihr einen neuen Anwalt. Einen, der sich im Internet auskennt.

Der Anwalt schreibt eine Anzeige. Diesmal soll die Justiz verstehen, worum es geht: Dass die Bloggerin schlecht einschläft, wenn der Stalker ihr droht. Dass sie Geld verliert, wenn sie auf dem Blog nicht für ihre Firma wirbt. Dass das Internet kein Spielzeug ist, sondern Teil ihres Lebens. Dann beantragt er eine einstweilige Verfügung gegen den Stalker, ein Kontaktverbot für die nächsten sechs Monate. Er wird es bekommen.

Er macht sich strafbar

Als sich der Stalker vier Wochen später an seinen Computer setzt, weiß er, was er riskiert. Noch ein Kommentar, und er macht sich strafbar. Er schreibt.

Ich werde hier niemals mehr einen Eintrag machen, ich denke darüber bin ich endlich hinweg. Vergessen wir es, OK? Ein Mann, ein Wort.

An diesem Abend schickt er der Bloggerin noch fünf Nachrichten. Falls sie sich jemals freut, von ihm zu hören, dann heute.

Der Stalker verstößt gegen eine gerichtliche Anordnung, er könnte dafür ins Gefängnis kommen, und danach wird er sich vielleicht nie wieder melden. Nach sieben Jahren ist das alles, was die Bloggerin will. Sie will keine Heiratsanträge mehr und keine Morddrohungen. Sie will sich nicht dafür rechtfertigen, dass sie im Internet schreibt. Und sie will nicht stundenlang abwägen, was sie ins Internet schreibt. Sie will nur in Ruhe bloggen.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

25 Kommentare

 / 
  • K
    Kalle

    53 % der Stalker sind weiblich.

     

    "Talking statt Stalking" (Tescher/Rainer), S. 185 ff.

     

    Nur, dass jetzt hier kein falsches Bild entsteht. :)

     

    Und in manchem Fall (nicht dem hier geschilderten) ist es auch sinnvoll, das "Stalking" mittels Herstellung einer störungsfreien Kommunikation zu beenden, da die Ursache eben oft eine gestörte Kommunikation ist. Hört sich einfach an, isses auch.

  • A
    agztse

    @Jason

    Der Verweis auf "Trolle" kommt für mich nicht unerwartet, so wird von einer bestimmten Seite seit langem jede Diskussion beantwortet die nicht dem eigenen ideologischen Horizont entspricht. "Trolle" oder "Rechtsradikale".

     

    Ich finde auch Wohnungseinbrüche nicht gut und verurteile jeden Angriff auf das Eigentum anderer als unethisch. Dennoch schliesse ich meine Wohnung ab und lasse keine Wertsachen sichtbar in meinem Auto. Bin ich nun Ihrer Ansicht nach gleichzusetzen mit einem Anhänger einer "radikal-religiösen Splittergruppe" weil ich mich nicht der gesellschaftlichen Realität entziehe, das es Uebergriffe auf mein Eigentum geben kann wenn ich den Anreiz dafür schaffe?

     

    Sie wehren sich vehement dagegen dem Opfer, in dem Fall dem Stalkingopfer, auch nur die gerinste Teilschuld zu geben. Ich kann nur wiederholen, für mich entspricht das was Sie vertreten einem seltsamen Frauenbild.

  • MD
    Michael D. R.

    @chris:

     

    Den Vergleich mit der sperangelweiten Haustür hinkt. Selbst wenn man es genau nimmt und von Jemandem spricht, der sein Haus direkt an einer Straße baut, seine Fenster nicht mit Vorhängen verhängt und gern in seinem Garten steht und mit Nachbarn und Passanten Smalltalk hält.

     

    Der Analogie nach ist so Jemand naiv und trägt eine signifikante Mitschuld, wenn an ihm eine Straftat verübt wird. Sagen Sie da auch: "Was steht der auch öffentlich herum und redet mit den Leuten? Und warum hängt der auch keine Vorhänge auf?"

     

    @agztse

     

    "Betreiben Hausratsversicherungen dann auch "Victim Blaming"?"

     

    Ich hoffe sehr, dass in Ihrem Weltbild das Verhalten von Hausratsversicherungen nicht das Maß aller Dinge ist.

  • J
    Jason

    @agztse

     

    "Weil Frauen, ebenso wie kleine Kinder, unmündig sind und keine Verantwortung übernehmen können? Ist das Ihre Ansicht?"

     

    Den Versicherungsvergleich habe ich erwartet, so weit, so gut. Diesen bemerkenswert pauschal frauenfeindlichen Einwurf mal außer Acht lassend, aber ein solches Verständnis einer "angemessenen Sorgfaltspflicht" erwarte ich nur bei Trollen, bei Anhängern radikal-religiöser Splittergruppen, oder bei Patienten im pathologischem Zustand - keinesfalls aber bei halbwegs gebildeten Mitbürgern, die eine moderne, aufgeklärte, zivilisierte und gesellschaftsfähige Ethik (!) vertreten.

  • A
    agztse

    @Jason

     

    "...einen Diebstahl mitzuverschulden, wenn man die Türen sperrangelweit offen stehen lässt".

     

    Betreiben Hausratsversicherungen dann auch "Victim Blaming"? Unter Umständen ist man für Schäden, die man erleidet, mit verantwortlich. Das ist so im Strassenverkehr, das ist so bei Einbrüchen. Nur bei anderen Delikten soll es partout anders sein? Warum? Weil Frauen, ebenso wie kleine Kinder, unmündig sind und keine Verantwortung übernehmen können? Ist das Ihre Ansicht?

  • J
    Jason

    chris:

    "Niemand findet das im Netz übergriffige des Mannes vermutlich gut oder hat es, soweit ich las, verteidigt."

     

    ... und doch wirst Du nicht müde, dem Opfer Mitschuld zu geben. Das ist nicht besser, als Frauen in aufreizenden Klamotten Mitschuld an einer Vergewaltigung zu geben, oder - um Deinen Vergleich zu bemühen - einen Diebstahl mitzuverschulden, wenn man die Türen sperrangelweit offen stehen lässt.

     

     

    Bloß weil man die Eintrittswahrscheinlichkeit des Schadensfalls, also das Risiko, wissentlich oder unwissentlich erhöht, oder gar notwendigerweise (weil es Teil der Arbeit sein kann!), sagt dies aber doch nichts über die Schuld des Opfers aus!

     

    Das ist schändliches "victim blaming".

     

     

    Es gibt noch einen weiteren, deutlichen Unterschied: Vergewaltigung, Hausfriedensbruch und Diebstahl sind ganz eindeutige Straftaten, und es gibt sehr gute Rechtsmittel, um die Schuldigen hier entsprechend mit Strafen und Maßnahmen zu belegen.

    Der Straftatbestand Stalking ist im Vergleich dazu noch recht jung, das äußerst verbreitete sowie stetig zunehmende Cyberstalking noch jünger. Die Rechtsmittel zur Ahndung und zum Opferschutz sind karg, wenig verstanden, und man wird - siehe Artikel - schnell doppelt zum Opfer, nämlich der unfähigen Justiz.

     

    Oder, wie man hier in Kommentaren leider gut sehen kann: man wird sogar dreimal Opfer! Beschimpft und verhöhnt von Kommentatoren, denen es an jeglicher Emphatie mangelt ... - wo ich mich bei dem Wunsch ertappe, daß Sie - all ihren Vorkehrung zum Trotz - auch mal sowas durchmachen dürfen. Das würde Ihrem Verständnis von "Schuld" gut tun.

  • C
    chris

    @Carola H.

     

    "Nur noch mal sicherheitshalber: Weil die Frau gebloggt hat und nicht "vorsichtig" genug war (was sicherlich Definitionssache ist), darf sie jetzt gestalkt werden?"

     

    Nein, sie darf es natürlich nicht. Allerdings hat sie so viel Privatheit und Geplauder angeboten, das sie ihren meist anonymen Lesern servierte, dass es mich nicht im Mindesten wundert, dass das einer oder mehrere als Einladung verstehen, denn so wirkt selbst auf mich dieses freundschaftlich wirkende Plaudern oftmals und ich bin weder einsam noch arbeitslos oder gar psychisch krank und suche keinen Kontakt zu einer Frau.

     

    "Es hört sich ein bisschen nach "Vergewaltigen ist OK bei kurzen Röcken" an. Der arme Stalker, man muss wirklich mehr Verständnis für übergriffige, aufdringliche und rechteverletzende Menschen haben, das Angebot an Opfern ist halt auch so groß ..."

     

    Schade, dass Du das so siehst.

     

    Niemand findet das im Netz übergriffige des Mannes vermutlich gut oder hat es, soweit ich las, verteidigt.

     

    Aber wenn ich meine Haustür - in diesem Fall virtuell - sperrangelweit öffne, darf ich mich nicht wundern, wenn es sich Menschen daraufhin bei mir gemütlich machen wollen und das als Einladung verstehen.

     

    Die Tür zu meinem Privaten mit der Begründung, das sei eine Um-die-Ecke-Akquise zu öffnen und dabei Grenzen, die ich selbst nicht lebe, einzufordern, ist eine schwierige Sache, an der sich auch Juristen schwer tun, was man nicht auf wenig routinierte Polizisten und Staatsanwälte schieben kann.

  • CH
    Carola H.

    Nur noch mal sicherheitshalber: Weil die Frau gebloggt hat und nicht "vorsichtig" genug war (was sicherlich Definitionssache ist), darf sie jetzt gestalkt werden?

     

    Es hört sich ein bisschen nach "Vergewaltigen ist OK bei kurzen Röcken" an. Der arme Stalker, man muss wirklich mehr Verständnis für übergriffige, aufdringliche und rechteverletzende Menschen haben, das Angebot an Opfern ist halt auch so groß ...

  • A
    agztse

    Schlimme Geschichte, gehen wir mal davon aus das sie stimmt. Aber „#Aufschrei“ legitimiert sie nicht, im Gegenteil. Cybermobbing ist ein Problem dem gemäss einer Studie des Medienpädagogischen Forschungsverband Südwest bereits 15% der Jugendlichen zwischen 12 und 19 ausgesetzt sind – Mädchen (17%) wie Jungen (13%). Das zu adressieren ist richtig. Nur eine einseitig geführte, ideologisch aufgeheizte Pseudodebatte wie „#Aufschrei“ ist der falsche Weg. „#Aufschrei“ leidete von Beginn an an einer Diskrepanz zwischen der medial herbeigeredeten öffentlichen Wahrnehmung und dem tatsächlichen Gehalt der Kommentare, sowie der Art wie die Debatte im Twitter geführt wurde. Da wurden anonym, oftmals von ein und dem selben Nutzerkonto, die verwegendsten Stories von angeblich erlittener Belästigung produziert; das ging zu wie bei der Kölner Büttenrede, nach dem Motto „einen hab ich noch“ – und schon überschlugen sich die Claqueure ohne den Wahrheitsgehalt der „Erlebnisse“ auch im Geringsten zu hinterfragen. Auf der anderen Seite stand der überwiegende Teil der Kommentare die sich entweder allgemein zu „#Aufschrei“ äussern oder sogar kritisch zum Thema Stellung bezogen.

     

    Die Medien hatten all das umgedichtet zu Berichten tatsächlich erlittener Belästigungen und das stimmt einfach nicht, wie sich jeder der den Hashtag verfolgte überzeugen konnte. Diese Diskrepanz zwischen medialer Darstellung und tatsächlicher Substanz führte zu einer aufgeheizten Stimmung in der sich die „#Aufschrei“ Aktivisten zwar medial profilieren konnten aber die eigentliche Debatte, die wie Ihr Beispiel zeigt wichtig ist, auf der Strecke blieb und unterging in gegenseitigen Schuldzuweisungen.

     

    „#Aufschrei“ hat der Debatte geschadet, „#Aufschrei“ hat es wirklichen Opfern schwerer gemacht gehört zu werden.

  • C
    chris

    Die beschriebene Frau ist also beruflich aktiv im Internet und würzt ihre Akquise würzt sie mit Geschichten aus dem Privatleben, die öffentlich Privatheit suggerieren und dennoch distanzwahrend wirken sollen?

     

    Sind das (Jahrgang 1980) die digital natives, die angeblich damit aufgewachsen sind und sich darin aufhalten, diesem Netz?

     

    Ich könnte ihre ältere Schwester sein, bin ebenfalls schon lange im Netz aktiv, mit einer solchen Naivität hätte ich mich aber wohl an ihrer Stelle mit einem netten, kleinen, privaten FB-Account in eine Werbeagentur zurück gezogen und das mit dem selbststänigen Arbeiten im Internet Menschen überlassen, die sich dem Medium angemessen verhalten.

     

    Mich wundert, dass sie nur einen Stalker hat, der auch noch so hübsch klischeehaft gezeichnet werden kann

     

    ... und bin tatsächlich entsetzt über diese Naivität eine (angeblichen) Profis.

  • CH
    Carola H.

    Die Herren Kommentatoren müssen das Problem gar nicht akzeptieren, es ist trotzdem noch da: Ein Stalker ist eine Belastung, bei der niemand anderes darüber zu entscheiden hat, ob sie eine ist. Wo das Problem ist, kann ich auch gerne erklären: Ein Mann setzt sich konsequent und immer wieder gewaltsam zu nahe an eine Frau. Zufällig nicht in der Bahn (wo die Kommentatoren sicherlich auch zum Teil weggucken würden), sondern in einem anderen Lebensraum. Da entscheiden nicht die Zuschauer, wann es zu nah ist. Sondern das Opfer und die Rechtslage.

  • J
    Jason

    Ich bin schon einigermassen entsetzt über die naiven und gleichermassen von keinem Funken Verstand benetzten Aussagen eines Schmidt Georg, einer Antonie Buddenbrook , Reginald oder u11...

     

    Habt ihr den Artikel überhaupt gelesen, geschweige denn verstanden?! Wenn man einen Absendernamen oder eine email-Adresse blockt, dann legt man sich halt andere zu.

     

    Mit "Klick und Weg" ist es auch nicht getan, wenn man es dutzende Male täglich und vor allem Jahrelang machen muss. Chinesische Wasserfolter, schonmal gehört?

     

    Wenn ihr das mit dem NEULAND nicht versteht, dann ist das umso mehr ein Grund, nicht in Victimg-blaming zu verfallen, und Dinge zu kommentieren, die man ganz offensichtlich im Ansatz schon nicht versteht.

  • S
    Shibirian

    Von daher bloggt man dann wohl doch wohl am besten unter Pseudonym.

     

    Grau-en-voll.

  • Z
    zzz

    @Reginald

    schon mal was von Impressumspflicht gehört?

  • U
    u11

    hat ihr denn nie jemand erzählt, dass man mails und kommentare filtern kann?

  • R
    Reginald

    Die Frau hat falsch gemacht was man falsch machen kann:

    Die Privatadresse ins Internet gestellt? Wie kann man so naiv sein? Und für diese Frau ist das Internet der Arbeitsplatz? - Ich fasse es nicht!

  • C
    Cybertottel

    Das ist es doch was die Kanzlerin meinte als sie sagte, das Internet sei "für uns alle Neuland".

    Das Internet ist kein rechtsfreier Raum, jedoch fehlt der Justiz wie den Behörden die Rechtssicherheit.

    Als ich einen Kommentator auf Youtube wegen Volksverhetzung anzeigen wollte ging das nur per eMail.

    Die Antwort der "zuständigen" Behörde war, ich solle doch mein Account nutzen um den Irren zu sperren.

    Die Server stünden in den USA und da hätten sie keine Handhabe.

    Mag sein dass es eine Rolle spiele, dass es sich um einen Deutschtürken handelte und nicht um einen "arischen" Neonazi.

  • G
    Geißel

    Herzzererreißend ist der Artikel und ich fühle mich auf intensive Art in die Vergangenheit katapultiert, als ich Sätze an meiner Büroscheinbe las wie "Wenn ich Dich nicht bekomme, dann keine". Heute, 4 Jahre, 1262 anonymen Anrufen, diversen Drohungen auch gegenüber meinem Umfeld und einem Gerichtsurteil weiter habe ich mitunnter immer noch Angst, dass ein bekannter böser Mensch an der Ecke steht, um mir weh zu tun.

     

    Diese Narben heilen langsam und sind für immer da.

     

    Ein guter Artikel. Vielen Dank!

  • HT
    Holger Thies

    Herzlich willkommen im Web 2.0!

    Ich bin schon auf 3.0 gespannt, wenn solche Vollpfosten erkennen dass sie bei TAZ, FAZ & Co eine Bühne bekommen, und demnächst ehrbare Geschäftsleute erpressen: Geld her oder ich starte mit meinen 5.000 "Freunden" gegen Dich einen Shitstorm auf Facebook! Oder halt gegen Privatpersonen...

    Ich denke das wird kommen.

  • O
    Orangensaft

    Hängt ihn höher liebe taz! Den Schurken, den Bösewicht, den ... Mann!

     

    Ja, es gibt Männer und Frauen, die mit dem Internet nicht klar kommen und der hier gehört polizeilich verfolgt, wenn es gar nicht anders geht eingeknastet.

     

    Mit Extrembeispielen hier Aufmerksamkeit zu erregen und euren Lesern zu raten sich im Netz möglichst assozial zu verhalten ist allerdings beschämend für euch. Nicht eine Sekunde wird hier im Artikel über die Psyche des Stalkers nachgedacht. Das sind oft hochverzweifelte Menschen, die nicht selten auch kurz davor sind sich das Leben zu nehmen. Und Sie raten ihren Lesern hier indirekt diese Menschen einfach zu ignorieren. Ich werde mein taz-Abo demnächst abbestellen, was hier geliefert wird ist ja nicht mehr normal.

  • A
    ABERHALLO

    Wer es im Internet nicht aushält, soll halt nicht über Privates bloggen. Keine BloggerIn hat das Recht, im Internet nur Zustimmung für die gebloggten Inhalte zu erwarten.

  • T
    Ted

    Im Internet braucht man enorm starke Nerven, die Psychopaten dieser Welt treffen sich zum Stelldichein. Wo kann ein Dorfdepp, den im Örtchen wirklich niemand ernst nimmt, seine kruden Theorien los werden? Leider sehr wenig in Dorfdeppen-Foren.

     

    Meistens sind das die Leute, die bei bestimmten Stichwörtern ihr Billigbier absetzen und sich auskotzen: Ausländer, Linke, Toleranz, Sensibilität, Mitfühlsamkeit, Freiheit, also, alles was gut ist. Nun hat es eine "kleine" Bloggerin getroffen. Ein seltsamer Typ, der seine kaputte Welt einem anderen Menschen überstülpen will. Und das Schlimmste dabei: die Polizei, dein Freund und Helfer, winkt ab, weil sie blind im "Neuland" herumirrt.

     

    Ich denke, dass es noch eine ganze Weile dauern wird, dass auch die einfachen Menschen verstehen, dass man sich auch im Internet benehmen sollte (politisch korrekt sein). Auch wenn man keine Strafe befürchten muss, wissen z.Z. nur gebildete und kluge Menschen, dass es insgesamt doch schadet, wenn man nur seinen eigenen Frust mit viel Hass verbreitet.

  • AB
    Antonie Buddenbrook

    Ehrlich gesagt verstehe ich das Problem nicht. Erstens kann man Antworten an einen Stalker unterlassen, zweitens kann man Absender sperren lassen und ihm gleichzeitig eine automatisierte Antwort schicken. Wenn er diese etwa 250 mal gelesen hat, dürfte es ihm langweilig werden. - Ich verfrachte unerwünschte Post gleich in den Müll,ohne sie gelesen zu haben.

  • SG
    Schmidt Georg

    klick-und weg bist Du-wo ist das Problem ? und wer stellt schon persönliches ins Internet-schreibt einfach mal wieder einen Brief !

  • P
    Peter

    Da kann man nur allen Blog-Betreibern raten niemals eine .DE Domain zu benutzen. Stets was anderes (.COM o.ä.) was man im Ausland registrieren lässt, um die Impressums-Pflicht zu umgehen.

    Nicht nur wegen Stalkern, auch um sich vor Leistungsschutzrecht, Abmahnungen etc. zu schützen.