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Stadtwerke für Atomausstieg"Das Zeug muss vom Netz"

Mehr als 150 Stadtwerke fordern ein Festhalten am Atomausstieg. Oder es müssten alte Kohlekraftwerke vom Netz. Geschehe dies nicht, würde der Wettbewerb "gewaltig verzerrt".

Attac-Aktivisten weisen auf die Marktmacht der vier großen Stromkonzerne Vattenfall, RWE, Eon und En.BW hin. Bild: ap

BERLIN taz | Mehr als 150 Stadtwerke warnen vor einer Wettbewerbsverzerrung auf dem deutschen Strommarkt, sollte die schwarz-gelbe Bundesregierung die Laufzeiten der Atomkraftwerke verlängern. "Das Zeug muss vom Netz", sagte Johannes van Bergen, Geschäftsführer der Stadtwerke Schwäbisch Hall, am Montag. Geschehe dies nicht, würde der Wettbewerb "gewaltig verzerrt".

Schließlich seien die Atomkraftwerke der vier großen Stomkonzerne Eon, RWE, EnBW und Vattenfall voll abgeschrieben, während die Kommunen mit neuen Kraftwerken die vollen Kapitalkosten zu tragen hätten. Die Folge: Der von den Stadtwerken produzierte Strom, etwa in neuen Kohlekraftwerken, ist teurer als der Atomstrom - und das stelle die Wirtschaftlichkeit neuer Kraftwerke infrage.

Van Bergen stützte seine Aussagen auf das neue Gutachten "Effekte einer Laufzeitverlängerung der Kernkraftwerke auf Wettbewerb und Klimaschutz", das die Beratungsfirma Enervis und eine Anwaltskanzlei im Auftrag von mehr als 150 Stadtwerken und regionalen Energieversorgern erstellt haben. Demnach erzielten die vier AKW-Betreiber schon bei einer Laufzeitverlängerung um acht Jahre Zusatzgewinne in Höhe von 60 Milliarden Euro. "Zusatzgewinne, die selbst bei einer teilweisen Abschöpfung durch den Staat bei diesen vier Konzernen verbleiben, können von diesen dann zum Ausbau ihrer Marktposition im Bereich der konventionellen und auch der erneuerbaren Energien eingesetzt werden", heißt es in der Studie.

Deshalb fordern die Stadtwerke die vollständige Abschöpfung der Zusatzgewinne der AKW-Betreiber bei einer Laufzeitverlängerung. Sollte dies nicht durchsetzbar sein, verlangen die Stadtwerke strukturelle Markteingriffe. Die AKW-Betreiber müssten dann verpflichtet werden, alte Kohlekraftwerkskapazitäten in gleichem Maße stillzulegen, wie sie ihre Atomkraftwerke länger betreiben, hieß es.

Die Befürchtungen vieler Stadtwerke teilt auch Hans-Joachim Reck, Hauptgeschäftsführer des Verbandes Kommunaler Unternehmen (VKU). "Beim Thema Laufzeitverlängerung haben wir die Sorge, dass es durch vorzeitige Festlegungen zu Marktverschiebungen kommt, die anstehende kommunale Investitionen nicht mehr rentabel machen", so das CDU-Mitglied Reck in einem Gespräch mit der taz. Es gehe nicht, dass ein Teil der Bundesregierung auf Zuruf die Laufzeiten verlängere, die Hälfte des Geldes einsacke, aber andere dabei belastet würden. "Wer das macht, versündigt sich an der Energiepolitik, an der Umweltschutzpolitik und an der Wettbewerbspolitik in Deutschland."

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3 Kommentare

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  • M
    m4ld3

    @toblo:

    An das Moralverständnis des Endverbrauchers zu appelieren ist zwar schön, aber nicht wirkungskräftg. Man muss über den Preis kommen, denn da bekommt man jeden. Oder über die Qualität. Dummerweise haben Strom und Wärme die Eigenart keinen sichtbaren oder fühlbaren qualitativen Mehrwert für den Verbraucher zu generieren. Atomstrom und Windstrom sind von außen her gleich. Das heißt, dass nur der Preis entscheiden kann. Hierzu bedarf es dann aber widerum politischer Steuerung um es den fortschrittlich denkenden kommunalen Versorgern einfacher zu machen. Zumal dies auch den Wettbewerb anheizt, welcher von der Regierung ja gewünscht ist.

     

    Du hast Recht: Revolution von unten. Erster Anlaufpunkt dafür sollten die Kommunal- und Landespolitiker sein.

  • T
    toblo

    Wo bleibt die "Revolution von unten?"

     

    Es gibt ja viele Abstufungen, eine echte Revolution zu machen. Eine sehr wirksame Form ist "die Macht des Verbrauchers". Ich kann oft nicht glauben, dass wir im aufgeklärten Zeitalter leben: Wie kann es für Stadtwerke immer noch schwer sein, sich mit einem höheren, aber moralisch sauberen Preis, durchzusetzen? Sprich: Warum ist Otto Normalverbraucher nicht bereit, den neuen, sauberen Markt mit einen höheren Preis zu unterstützen? Die Auswirkungen wären doch grandios. Mittelfristig werden dadurch AKWs und KKWs endlich verschwinden und die alternativen Energien rentabel- die Preise sinken. Das wäre doch eine Revolution! Und sind wir mal ehrlich: Das Mehr an Geld hat hier in der BRD jeder übrig!

    Stattdessen höre ich landauf, landab bei fast jedem politischen Thema: "Man kann ja doch nix machen. Die da oben machen doch eh, was sie wollen...".

    Nein! Es braucht manchmal noch nicht mal Mut,um eine Revolution zu machen. Die Chance ist gerade günstig, da sich viele kommunale Stadtwerke wiederbeleben.

    Warum packen wir nicht mit an?

  • T
    t-claudius

    "Es gehe nicht, dass ein Teil der Bundesregierung auf Zuruf die Laufzeiten verlängere"

    Nicht auf Zuruf. Auf Parteispende.

    Eine Wettbewerbsverzerrung ist vom Spender ja gewünscht. Traurig offensichtlich das Spiel. Unsere Demokratie ist am Ende.