Stadtschloss: Architekten lehnen Fesseln ab
Schlossfassade? Ohne mich! Nach David Chipperfield kritisieren jetzt auch der Berliner Bund Deutscher Architekten und Denkmalschützer die Vorgaben des Bauwettbewerbs.
Den Schlossfans steht wegen ihrer Pläne, das sogenannte Humboldtforum im Gewand einer barocken Fassade zu errichten, ein unruhiges Jahr 2008 ins Haus. Nach dem englischen Stararchitekten David Chipperfield haben sich nun auch Denkmalschützer und der Berliner Bund Deutscher Architekten (BDA) gegen die geforderte Wiedererrichtung der historischen Schlossfassaden beim derzeit laufenden Architektenwettbewerb ausgesprochen.
Christine Edmaier, Vorsitzende des BDA Berlin, erklärte, der vom Bauministerium ausgelobte Wettbewerb sei in der derzeitigen Fassung abzulehnen. Edmaier: "In der Auslobung des Wettbewerbs muss einer eigenständigen Entwurfshaltung zum Thema Schlossfassade Raum gegeben werden." Der Wiederaufbau verpflichte zu einer "intellektuellen Auseinandersetzung" mit dem Ort, so Edmaier in der aktuellen Ausgabe des BDA-Magazins Der Architekt.
Nach Ansicht Edmaiers müsse das Bundesministerium den Auslobungstext ändern und so einen "freien geistigen Wettbewerb" zulassen. Sie fürchte sonst, dass die Motivation der Architektenschaft, an einem Bauwettbewerb teilzunehmen, "wo lediglich nach Lösungen im Innern gesucht" werde, "nicht besonders groß" sein könnte.
Zuvor hatte Adrian von Buttlar, Kunstgeschichtler und Vorstand des Berliner Landesdenkmalrats, kritisiert, der Bauwettbewerb sei der Architektenzunft nicht angemessen. Die in den Vorgaben festgelegte Rekonstruktion der historischen Fassaden einerseits und eine moderne Nutzung des Humboldtforums andererseits seien "höchst widersprüchlich", sagte von Buttlar. Die unterschiedlichen Stile - außen alt und innen zeitgemäß - degradierten das Schloss zu einer "reinen Kulissenarchitektur", so der Denkmalexperte.
Der Bund will 2008 den Architektenwettbewerb für das Humboldtforum entscheiden. Zuvor hatte sich der Deutsche Bundestag für eine Wiedererrichtung der barocken Fassade ausgesprochen. Anvisierter Baubeginn für die rund 500 Millionen Euro teure Rekonstruktion ist 2010. 2013 soll der Bau anstelle des Palastes der Republik fertiggestellt sein.
Die Debatte über die festgelegten Barockfassaden hatte David Chipperfield angestoßen. Chipperfield, der auch Mitglied der Jury sein wird, kritisierte die Vorgaben des Bundestages für den Schlosswiederaufbau. Das Parlament habe zu genau "definiert, was passieren soll", sagte Chipperfield. Die Rekonstruktionsregelung sei "ärgerlich". Alle weiteren Diskussionen würden so "abgewürgt."
Chipperfield plädierte zugleich für eine Terminverschiebung beim Bau auf dem Schlossplatz und regte an, nach alternativen "Variationen" zu suchen. Der kulturpolitische Sprecher der Berliner CDU-Fraktion, Michael Braun, forderte daraufhin, dass Chipperfield seinen Sitz in der Jury zur Verfügung stellen müsse.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!