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Stadiondebatte bei der EuroHalb gefüllt ist voll verkackt

Bisher waren die Arenen bei Frauenfußball-Events stets zu groß, nun sind sie angeblich zu klein. Was ist das los?

Mut zur Lücke: Norwegerinnen jubeln in Southampton vor magerer Kulisse Foto: dpa

I ch erinnere mich noch ganz gut daran, wie ich mit einem vom Deutschen Fußball-Bund mitfinanzierten Ticket, also quasi als Embedded Journalist, von der Frauenfußball-WM im Jahr 2007 berichtete. Die fand seinerzeit in China statt. Ich saß in großen Stadien herum, in Schanghai, Wuhan, Hanghzou oder Tianjin, und nicht einmal China, der große Kollektivist, schaffte es, die Hütte voll zu bekommen.

Die Pressearbeit des DFB war ähnlich vielversprechend wie die Kulisse, aber gut, seit über einem Jahrzehnt hat sich dann doch einiges getan. Der Frauenfußball hat sich professionalisiert, die Gagen sind höher, das Medieninteresse durch TV-Platzierung und Werbung gestiegen. Was aber immer noch wie früher ist: Die Diskussionen über gefüllte oder nicht gefüllte Stadien, deren Größe und Dimension.

Waren die Arenen in der Vergangenheit fast immer zu groß, sind sie nun bei der Euro in England plötzlich zu klein. Kritik kommt etwa von Islands Mittelfeldspielerin Sara Björk Gunnarsdóttir, die mit ihrem Team angeblich zwei Partien „auf dem Trainingsplatz von Manchester City“ bestreiten muss: Das sei „einfach peinlich“. Das Leigh Sports Village und das kleine Stadion von Manchester City werden als Beispiele für mangelnde Weitsicht genannt. Und wie das heutzutage ist, gibt die Seite der Kritiker die Stadionkapazität mit 8.100 und 4.700 Plätzen an, während die andere, die Uefa, ihre Zahlen nennt: 7.000 und 12.000.

Mit Tiktok-Hüpferinnen und so

Das Eröffnungsspiel der Euro war fast ausverkauft. 68.800 Zuschauer sahen im Old Trafford Englands 1:0 gegen Österreich. Der Veranstalter hat heute nachzuweisen, dass er kein Nieselpriem ist und es zumindest schafft, dieses Hinguckerspiel gut auszulasten. Das ging mit billigen Tickets ab 5 Pfund und einem Familienticket für 30. So ergab sich die für Frauenfußball typische Kulisse aus wohlwollenden Mittelständlern und Tiktok-Hüpferinnen.

Einen Tag später herrschte im Stadion von Southamp­ton teilweise schon wieder gähnende Leere, was doch für die kleineren Stadien zu sprechen scheint. Ein volles Stadion ist immer noch besser als ein halb volles, ließe sich anmerken. Aber anscheinend geht es eher darum, groß zu denken, um dann klein zu scheitern.

Aber nein, der Zuspruch wird auf hohem Niveau bleiben, denn Stadionbesuche in Manchester bei City oder United sind normalerweise viel kostspieliger. Wenn City bald in der Premier League gegen Tottenham spielt, muss der Kunde für Restbestände 80 Pfund berappen, wie wir in aufwendiger Recherche herausgefunden haben. Ich habe da zwei Fragen: Sollten die EM-Stadien bei solchen Schnäppchen nicht pickepackevoll sein? Und: Warum wird Equal Pay stets nur nach oben gedacht?

Ein Fan des Männerfußballs, mithin kein Krösus, hat meiner Meinung nach ein Recht auf günstige Tickets. Diese Diskussion wird aber immer seltener geführt. Der Fußball als hochtourige Kommerzmaschine sei nun einmal so, Qualität teuer. Der Handlungszwang der Anbieter ist klein. Die Stadien sind ja auch fast immer voll. Mirakulös.

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Redakteur
Seit 1998 mehr oder weniger fest bei der taz. Schreibt über alle Sportarten. Und auch über anderes.
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