Staatssekretärs-Roulette: Wer wird der neue Schmitz?
Berlin sucht einen neuen Kulturstaatssekretär. Klaus Wowereit soll ihn am Mittwoch bekanntgeben. Wir präsentieren die heißesten Kandidaten.
Ausgebuffter Apparatschik
Knut Nevermann (70) kann beides: Kultur - und Staatssekretär. Derzeit sitzt er als ein solcher in der Senatsverwaltung für Bildung. Zuvor war er in ähnlicher Funktion bereits in Hamburg und Sachsen tätig. Klar, er ist ein echter Apparatschik, aber Kultur ist nebenbei sein Steckenpferd. Beim Beauftragten der Bundesregierung für Kultur hat er das bewiesen: Er war Staatssekretär unter Michael Naumann, Julian Nida-Rümelin und Christina Weiss. Aus dem radikalen Linken Nevermann ist übrigens heute ein anständiger SPD-Mann geworden, der Wowereit gut beraten könnte. Ausgebufft.
Der klare Favorit
Björn Böhning (35) hat die Rolle als neuer Kulturstaatssekretär schon geübt. Am Montag saß er neben Klaus Wowereit im Kulturausschuss - als Schmitz-Vertreter. Ob der Ex-Juso-Chef gern ins Theater oder ins Museum geht, ist nicht bekannt. Seis drum. Wichtiger für den Job als Berliner Kulturstaatssekretär ist, dass man Erfahrung in der Verwaltungsarbeit besitzt, gut vernetzt ist in der Berliner Politik und einen speziellen Draht zum Regierenden Bürgermeister hat. Den hat Böhning. Schließlich ist er SPD-Mitglied und seit Jahren Chef der Senatskanzlei. Ganz nah dran also. Unser Favorit.
Die Ex-Olympionikin
Hortensia Völckers (56) wäre für die Berliner Kunst- und Kulturszene sicher ein Gewinn, "von außen, mal was Neues", wie man so sagt. Früher war Völckers Olympia-Schwimmerin für Argentinien - ihr Geburtsland. Derzeit trägt sie den schönen Titel der Künstlerischen Direktorin der Kulturstiftung des Bundes mit Sitz in Halle. Völckers kann alles, sie kennt das kulturelle Berlin: Theatertreffen, die Kunstbiennale oder die Tanztage, die Künstler, freien Gruppen und Tanzkompanien. Und sie hat Schneid, was Wowereit zur Abwechslung einmal ganz guttäte. Fazit: Ohne Parteibuch, aber mit Chancen.
Der Künstler-Freund
Martin Hoffmann (55) hat schon ziemlich viel gemacht: Er ist Jurist, war als Anwalt tätig und schaffte es 1994 bei Sat.1 als Programmleiter bis in die Geschäftsführung. Über den Job dort kann man geteilter Meinung sein: In seiner Zeit wurde der Nachmittag auf Pseudo-Reality-Formate wie Gerichtsshows umgestellt. Hoffmann ist mit Harald Schmidt befreundet und produzierte Filme. Was hat der Mann mit Berlin und unserer Kulturpolitik zu tun? Seit 2010 ist er Intendant der Berliner Philharmoniker, Stardirigent Simon Rattle ist begeistert, die Musiker und der Regierende ebenso. Passt.
Die seriöse Außenseiterin
Isabel Pfeiffer-Poensgen (59) ist das, was die Berliner Kulturpolitik lange nicht mehr hatte: eine seriöse, studierte Grande Dame für Kultur. Das soll nicht heißen, dass die Uhren bei ihr rückwärts gehen. Die Frau tanzt auf allen Hochzeiten, ist gut vernetzt und bestimmt die Richtung in ihrem Laden. Seit 2004 ist Pfeiffer-Poensgen Generalsekretärin der Kulturstiftung der Länder und auch Mitglied des Deutsch-Französischen Kulturrats sowie der Stiftung Genshagen. Das sieht nach Hochkultur und Leuchttürmen aus, ist es wahrscheinlich auch, dürfte aber Wowereits großen Projekten, die alle wackeln, guttun. Außenseiterchance.
Die geheime taz-Favoritin
Es gab in der Berliner Kulturpolitik einmal Zeiten, da war richtig was los. Nein, keine Steueraffäre samt Rücktritt des Kulturstaatssekretärs, sondern mit Alice Ströver (60), Grüne. Sie kämpfte für die freie Szene, machte Dampf, entwickelte Konzepte und gab als Vorsitzende des Kulturausschusses den Widerpart zu Klaus Wowereit. Mit Erfolg. Ströver machte Kulturpolitik aus Leidenschaft und mit großer Kenntnis. Unter Rot-Grün war sie einmal Staatssekretärin, sie kann also den Job. Seit 2011 ist Ströver draußen aus dem Polit-Zirkus. Wenn sie wieder dabei wäre, wäre das für die Kultur und die Szene super. Hach ja...
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“