Staatsoper-Untersuchungsausschuss: Klaus, der Unschuldsengel
Im Ausschuss gibt der ehemalige Regierende Bürgermeister den Ahnungslosen. Er habe von all den Problemen bei der Sanierung nichts gewusst.
Es ist wie in alten Zeiten: Im Saal 311 des Abgeordnetenhauses arbeiten sich Kulturpolitiker an Klaus Wowereit ab. Eine Gruppe um Wolfgang Brauer von der Linkspartei stellt bohrende Fragen, stichelt, versucht Angriffe. Und alle lässt Wowereit an sich abprallen. Im blauen Blazer, die Füße lässig um die Stuhlbeine geschlungen, pariert der 62-Jährige lässig alle Vorwürfe: Er habe dies nicht gewusst, keine Verantwortung für jenes und außerdem immer korrekt und in bester Absicht gehandelt.
Nun ist der einstige Regierende Bürgermeister und Kultursenator Wowereit genau seit einem Jahr nicht mehr im Amt. Und das Stück, das am Freitag in Raum 311 aufgeführt wurde, hieß nicht „Kulturausschuss“, sondern Staatsoper-Untersuchungsausschuss. Doch die alten Reflexe funktionierten noch: Wowereit wies jede Verantwortung an dem missglückten Sanierungsprojekt zurück. All seine Entscheidungen seien fachlich abgesichert gewesen. „Sie müssen nicht denken, dass ich da an meinem Schreibtisch sitze und mir was ausdenke“, erklärte er von oben herab.
Als „Märchenstunde mit Onkel Klaus“ bezeichneten die Grünen-Abgeordneten Sabine Bangert und Oliver Schruoffenegger hinterher frustriert die Sitzung, zu der Wowereit als politisch Verantwortlicher geladen war. Am Nachmittag musste sich auch sein ehemaliger Kultur-Staatssekretär André Schmitz vor den Abgeordneten erklären.
Ziel des im März eingesetzten Untersuchungsausschusses ist, die Schuld an der Kostenexplosion bei der Sanierung der Staatsoper zu klären. Sie wird mit knapp 400 Millionen Euro fast doppelt so teuer wie geplant; die Wiedereröffnung hat sich von 2013 auf voraussichtlich 2017 verschoben. Vor dem Ausschuss hatten unter anderem die Senatsbaudirektorin Regula Lüscher und der ehemalige Generaldirektor der Berliner Opernstiftung Stefan Rosinski ausgesagt.
Wowereit verteidigte am Freitag die Entscheidung, zugunsten einer besseren Akustik die Decke des Saals um vier Meter anzuheben. Als Mehrkosten für die Maßnahme seien damals 4 Millionen Euro genannt worden, sagte er. „Das schien uns angesichts der Gesamtsumme durchaus vertretbar.“
Auch sein Festhalten an dem straffen Zeitplan mit Baubeginn 2010 und Wiedereröffnung 2013 nannte Wowereit richtig. Obwohl Fachleute von Land und Bund wiederholt davor gewarnt hatten? Es sei sein Job gewesen, auf Termineinhaltung zu pochen, sagte Wowereit. Nie habe man ihm gesagt, dass der Termin nicht zu halten sei. Den Kostenrahmen von 230 Millionen habe er stets eingehalten. Niemand habe Alarmglocken geläutet.
Der Regierungschef a. D. gab auch zu Protokoll, er habe nicht geahnt, dass die Entscheidung, das Magazingebäude wegzulassen, eine Verlagerung in den Untergrund mit erheblichen Mehrkosten bedeutet hätte.
Also alle schuld außer Klaus? „Der in Berlin seit Jahren geprägte Regierungsstil der Basta-Politik hat seinen Preis“, resümieren bitter die Grünen. Da Mitarbeiter Angst gehabt hätten, Wowereit zu widersprechen oder ihn über Unliebsames zu informieren, könne er nun behaupten, von nichts gewusst zu haben.
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