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Staatsanwälte auf Kröning sauer

■ Justizsenator will „Seiteneinsteiger“ und bisherigen Gefängnisleiter zum Abteilungsleiter der Jungendstaatsanwaltschaft befördern / 16 „Hausbewerber“ fühlen sich übergangen

Bremens Jugend, soweit sie krumme Touren macht und sich erwischen läßt, kriegt einen neuen obersten Ankläger. Neuer Abteilungsleiter der Bremer Jugendstaatsanwaltschaft soll der bisherige Regierungsdirektor Erhard Hoffmann werden. Daß Hoffmann weiß, was er tut, wenn er Jugendliche eine Zeit lang am liebsten mal im Knast sehen will, kann vorausgesetzt werden. Der ausgebildete Volljurist war bislang Leiter der Justizvollzugsanstalt Oslebshausen. Und zwar während 16 so langer Jahre, daß er inzwischen die Lust an seinem Job ein bißchen verloren hat.

Hoffmanns oberster Dienstherr, Justizsenator Volker Kröning, hat nicht nur Verständnis für die „Amtsmüdigkeit“ seines Regierungsdirektors, sondern hält ihn außerdem für einen „hervorragend qualifizierten Mann.“ In einer Vorlage für die nächste Sitzung der Justizdeputation schlug er Hoffmann deshalb als Kandidaten seiner Wahl für den

Posten des „Abteilungsleiters Jugendstaatsanwaltschaft“ vor.

Zumindest in Teilen der Bremer Staatsanwaltschaft ist man da ganz anderer Meinung. Immerhin haben sich nicht weniger als 16 karrierehungrige Bremer Staatsanwälte form- und fristgemäß um den im Bremer Amtsblatt ausgeschriebenen Beförderungs-Posten beworben und sehen jetzt Anlaß zu schmollen, weil ihnen ein „Seiteneinsteiger“ vorgezogen werden soll. Dem Kandidaten Hoffmann ohne staatsanwaltlichen Stallgeruch wird nicht nur verübelt, daß er sich zum letzten Mal während seiner Referendarzeit intensiv mit den Aufgaben eines Staatsanwalts befaßt hat. Verärgert ist man auch darüber, daß Hoffmann erst nach Ablauf der offiziellen Bewerbungsfrist sein Interesse an dem neuen Job bekundet hat.

Obwohl Kröning bei seiner Personalentscheidung die Rückendeckung von Bremens ranghöchstem Ankläger, General

staatsanwalt Hans Janknecht, genießt, haben mehrere Staatsanwälte für heute zu einer „Teilpersonalversammlung“ mobilisiert, in der die „Personalpolitik des Justizsenators“ und die „Mitbestimmung von Dezernenten der Staatsanwaltschaft bei Beförderungsentscheidungen“ zur Diskussion stehen.

Schützenhilfe bekamen die in ihren Karrierehoffnungen enttäuschten Staatsanwälte gestern vom FDP -Bürgerschaftsabgeordneten Fred Jungclaus. Jungclaus wertete Krönings Entscheidung „als Affront gegen die gesamte Staatsanwaltschaft und deren Beamte“ und stellte die rhetorische Frage, ob von den 16 Haus-Bewerbern mit z.T. 20jähriger Berufserfahrung denn keiner als Abteilungsleiter brauchbar sei. „Das wäre ein Armutszeugnis in der bisherigen Personalpolitik.“ Justizsenator Kröning zur Anmache des FDP -Politikers: „Unqualifiziert und unhaltbar.“

K.S.

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