: Staat muss für Tepco-GAU blechen
FUKUSHIMA Die japanische Regierung stellt Milliardenhilfe für AKW-Betreiber Tepco zur Verfügung. Diese Gelder stellen vor allem Entschädigungszahlungen für Evakuierte aus dem Katastrophengebiet sicher
TOKIO taz | Jahrzehntelang haben der japanische Staat und der größte Versorger Tepco gemeinsam die Atomkraft gefördert und dabei wenig auf Sicherheit geachtet. Jetzt greifen sie sich gegenseitig unter die Arme, damit sich die Folgekosten der Kernschmelzen in den Fukushima-Reaktoren bezahlen lassen.
Die Regierung rettet den AKW-Betreiber durch eine Geldspritze von 8,2 Milliarden Euro vor dem Zusammenbruch. Das soll die schnelle Auszahlung von Kompensationen an 160.000 evakuierte AKW-Anwohner und andere wirtschaftlich Geschädigte sicherstellen, darunter Zehntausende Bauern und Fischer. Im Gegenzug muss der Versorger allein bis März 2012 2,2 Milliarden Euro einsparen und für 2,8 Milliarden Euro Firmenanteile verkaufen. Tepco baut 7.400 Stellen ab und kürzt die Pensionen um ein Fünftel. Bis 2020 sollen die Ausgaben um über 23 Milliarden Euro sinken.
Unter normalen Umständen stünde die Konzernmutter trotzdem vor der Pleite oder müsste verstaatlicht werden. Die Betriebsverluste in den zwölf Monaten nach der Katastrophe summieren sich auf knapp 17 Milliarden Euro. Gleichzeitig sind zinspflichtige Schulden von 80 Milliarden Euro zu bedienen. Tepco entgeht dem Aus durch einen bilanztechnischen Trick: Die Staatshilfe wird als außerordentliche Einnahme verbucht und nicht als Kapitalerhöhung. Ansonsten würde der Staat im Konzern direkt mitbestimmen.
Der Erhalt der Unabhängigkeit kommt den Stromkonzern jedoch teuer zu stehen. Er muss für sämtliche Fukushima-Rechnungen geradestehen: Schon die Entschädigungen in den ersten beiden Jahren werden auf 42 Milliarden Euro geschätzt. Davon bekommt Tepco nur die ersten 1,1 Milliarden Euro als Versicherungsleistung aus dem Atomschadensgesetz ersetzt. Die Sanierung der havarierten Atommeiler kostet mindestens 10,6 Milliarden Euro, die Dekontaminierungen weitere 10 Milliarden.
Angesichts dieser Verpflichtungen bleibt Tepco die nächsten Jahre wohl auf staatliche Hilfe angewiesen. Der Konzern drängt daher auf die Inbetriebnahme von abgeschalteten Atommeilern. Dann könnte er die Mehrkosten sparen, die durch den Import von Gas, Öl und Kohle für Wärmekraftwerke entstehen. Dieser Ersatz kostet allein in diesem Jahr 8 Milliarden Euro extra. Zudem möchte Tepco die Strompreise erhöhen. Doch das öffentliche Ansehen ist so beschädigt, dass diese Ziele nicht schnell zu erreichen sind. MARTIN FRITZ
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