St. Pauli schlägt Fortuna Düsseldorf: Als ginge es um den Aufstieg
Zum Saisonabschluss schlägt St. Pauli Fortuna Düsseldorf mit 2:0 – und grämt sich über die verpasste Erste Liga.

Dabei waren Verein und Fans während der Woche schon mit der Aufarbeitung der Saison beschäftigt – so sehr, dass der Sprecherrat der Fanclubs sich genötigt sah, zu erklären, dass er keine Erklärung abgeben werde. Natürlich steht die Glas-halb-voll-oder-halb-leer-Frage im Raum. Wäre mehr möglich gewesen? Ist der Club zu selbstzufrieden? Und was bedeutet der verpasste Aufstieg für die kommende Saison?
Die Enttäuschung ist riesig, nachdem der Club die Liga lange Zeit souverän angeführt hatte. Vielleicht haben manche im Verein nicht sehen wollen, dass die anderen Teams sich auf St. Paulis Spielweise mit rasend schnellem Kurzpassspiel durchs Zentrum immer besser eingestellt hatten, während der rechte Flügel oft verwaist war. Aber was hätte der Verein tun können? Einfach im Winter noch ein, zwei starke Flügelspieler verpflichten? Das wäre kaum möglich gewesen.
Corona hat St. Pauli doppelt ausgebremst: Einerseits haben die Verluste aus Geisterspielen die Eigenkapitalbasis weitgehend aufgezehrt, sodass es verantwortungslos gewesen wäre, Geld für neue Spieler auszugeben. Andererseits hat Corona den Spielermarkt insgesamt fast zum Erliegen gebracht, sodass der bereits eingeleitete Umbruch bei St. Pauli ins Stocken geraten ist. Der Club ging deswegen bereits mit einem übergroßen Kader in die Saison. Weitere neue Spieler hätten Unruhe ins Team gebracht.
Hervorragende Arbeit
In dieser Lage war überhaupt nicht zu erwarten, dass das Team, das in ähnlicher Besetzung zuvor gegen den Abstieg gekämpft hatte, in der Liga oben mitspielen würde. Dass das dennoch über weite Strecken der Saison gelang, ist der hervorragenden Arbeit von Trainer Timo Schultz und seinem Team geschuldet. Insofern ist das Glas bei St. Pauli halb voll.
Doch wie Präsident Oke Göttlich im NDR-Sportclub sagte, wurde der Club danach „Opfer unseres Erwartungsmanagements“: Nicht mehr die kontinuierliche Verbesserung der Mannschaft schien vielen erstrebenswert, sondern die Erste Liga. Die wäre tatsächlich selten so wichtig gewesen wie in diesem Jahr: Die dort möglichen Einnahmen wären ein Booster für die Clubfinanzen gewesen. Insofern ist das Glas nach dem verpassten Aufstieg halb leer.
Es könnte sich noch weiter leeren: St. Pauli muss nun den personellen Umbruch ohne frisches Geld fortsetzen. Mindestens fünf Spieler verlassen den Club, wahrscheinlich werden noch Leistungsträger folgen, die sich zu Höherem berufen fühlen. Der Höhenflug könnte mit einer harten Landung in der Zweiten Liga enden.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!