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„Sprachpanscher 2013“ gekürtWortschützer flamen Duden

Der Verein Deutsche Sprache hat den Duden für seine „lächerlichen Angeber-Anglizismen“ zum „Sprachpanscher“ gekürt. Der Duden-Chef verteidigt die Wortauswahl.

Dahinter steckt immer ein smartes Brain. Bild: dpa

DORTMUND dpa | Ausgerechnet der renommierte Duden erhält vom Verein Deutsche Sprache (VDS) den Negativ-Titel „Sprachpanscher des Jahres 2013“. Der Vorsitzende des privaten Vereins, Walter Krämer, begründete die Wahl in einer Mitteilung vom Montag in Dortmund mit der Aufnahme "lächerlicher Angeber-Anglizismen".

„Wo bleiben der Nachsteller – statt Stalker, der Netzhandel – statt E-Business – oder der Klapprechner, der immerhin über 34 000 Treffer bei Google aufweist?“, fragte Krämer.

Etwa jedes vierte Wort unter den aktuell rund 140.000 Begriffen im Duden habe fremdsprachliche Wurzeln, stellte Duden-Chefredakteur Werner Scholze-Stubenrecht dagegen angesichts der Kritik fest. Mit einem Anteil der sogenannten Anglizismen von etwa 3,5 Prozent sei der Prozentsatz der aus dem Englischen entlehnten Begriffe noch vergleichsweise niedrig. Eine Zunahme habe es in den vergangenen Jahren nicht gegeben.

Ebenso hoch sei im Wörterbuch der Anteil von Übernahmen aus der französischen Sprache. Fachbegriffe aus dem Finanzwesen wie etwa der „Bankrott“ stammten häufig aus der italienischen Sprache, die auch für kulinarische Begriffe wie „Pizza“ oft Pate stehe.

Latein und Griechisch haben mehr Einfluss

Weit häufiger seien dagegen sprachliche Wurzeln aus dem Lateinischen und Griechischen mit einem Anteil von jeweils etwa fünf bis sechs Prozent, erläuterte Scholze-Stubenrecht. Doch die Herkunft von Wörtern aus der lateinischen Sprache wie Mauer (murus) oder Fenster (fenestra) sei kaum noch jemandem bewusst.

Auch seit langem eingebürgerte Anglizismen wie der Streik (strike) sorgten nicht für Aufregung, so der Experte. Aus dem Hindi stammende Begriffe wie „Pyjama“ oder „Bungalow“ seien über den Umweg der englischen Sprache ins Deutsche eingewandert.

Eine reine, deutsche Sprache habe es ohnehin nie gegeben, sagte der Duden-Chef. „Wir machen die Sprache nicht, wir bilden sie objektiv ab“, sagte Duden-Verlagssprecherin Nicole Weiffen. Eine Bewertung werde nicht vorgenommen.

Doch der Dortmunder Verein sieht Begriffs-Importe aus der englischen Sprache weiterhin kritisch. Bereits seit 1998 küren die Mitglieder per Abstimmung „Sprachpanscher“, die in ihren Augen für das „unnötige Verdrängen“ deutscher Begriffe durch Importe aus dem angelsächsischen Ausland stehen. Es gebe eine „Demontage des Deutschen als Sprache von Kultur und Wissenschaft ganz allgemein“, bedauert der gemeinnützige Verein.

Schwache Wahlbeteiligung

Alle rund 36.000 Mitglieder waren zur Abstimmung aufgerufen, 2.000 von ihnen beteiligten sich. Auf den Duden entfielen knapp 820 Stimmen. Die jeweiligen Kandidaten für die Abstimmung werden von Arbeitsgruppen nominiert.

Erst im vergangenen Jahr hatte Karstadt-Chef Andrew Jennings die Sprachschützer auf die Barrikaden getrieben. Mit Sprachschöpfungen wie„ Full of Life“ oder „Midseason-Sale“ hatte der Brite für Unmut gesorgt. Auf der Panscher-Liste früherer Jahre standen etwa René Obermann (Telekom, 2011) oder Ex-Bahnchef Hartmut Mehdorn (2007).

Zweiter bei der diesjährigen Abstimmung sei Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) geworden, berichtete der Verein. Der Vorwurf an den Politiker: Mit seinem Insistieren auf Englisch selbst in Anwesenheit von Dolmetschern falle er allen Versuchen in den Rücken, Deutsch als echte Arbeitssprache in der EU glaubhaft zu verankern.

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10 Kommentare

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  • D
    D.J.

    Nix neues. im 17. Jh. pseudo-italianisierende Sprachpanscherei, im 18. pseudo-französische; im 19. Versuche der "Reinigung". Sowohl Denglisch als auch Puristen sind mir suspekt; das franz. Beispiel der Sprachkontrolle abschreckend (zumal die Franzosen eigenen autochthonen Sprachminderheiten nach wie vor oft mit einem sprachassimilatorischen Impetus begegnen, also andere Maßstäbe anlegen). Die Isländer versuchen konsequent Fremdworte zu islandiseren, doch lässt sich ein dahingehender Konsens nun mal leichter in einer Sprachgruppe von eben mal 300000 erreichen.

     

    @Gast

     

    "Gerade mal 2000 Personen ... Wieso ist das der taz einen Artikel wert?"

     

    Was sagt das schon? Wie viele Leute umfassen z.B. die radikalfeministischen Zirkelchen, über die gern berichtet wird?

  • M
    Merlin

    In Zeiten, wo es nur noch darum zu gehen scheint, fremdsprachliche Begriffe als attraktiv hinzustellen, mag die Außenwirkung kurzzeitig funktionieren. Geprägt werden diese ohnehin nur von der Werbung oder dem Journalismus. Beispiel: Sale- statt Ausverkauf, Migrant- statt Ausländer, Outdoorhemd, statt Freizeithemd usw.. Die Nachhaltigkeit der eigenen Sprach-Kultur aber geht nach und nach so verloren.

     

    Das dürfte aber jene Vertreter kaum stören, die sich bei Amazon u. Co. in katastrophaler Rechtschreibung (nehmen wir nur den langen Vokal bei der _ß_ - Schreibung [straße, Außen, Draußen, Gruß ...]) in höchsten Plattitüden ergehen und solches für veröffentlichungswert halten.

     

    Die derzeitige Massenerrichtung von U3-Kita-Containern der gesamten BRD, die zum künftigen Depot des "minder-wertigen" Nachwuchses und dem Staat zu Füllen des Staatssäckels (Mütter und Betreuer in Arbeit/schon jetzt 1,8 Mrd. Überschuss) dienen, werden aller Wahrscheinlichkeit nach dann ggf. von solchen Vertretern im Fach "Deutsch" unterwiesen ...

  • S
    Spachpanscher

    Mehr muss man dazu nicht sagen:

    http://www.youtube.com/watch?v=8ggwuN5NkFs

  • Nachsteller und Klapprechner ist mehr gepanscht als Stalker und Laptop.

  • G
    g.dude

    Wann war denn dann bitteschön das letzte Jahr, in dem die hiesige Sprache rein, korrekt und sauber war; kurz vor der Erfindung des Buchdrucks? Oder 1958...

    Es fehlt hierzulande eben an COOLEN! Wörtern aus einheimischer Produktion - neue Worte transportieren immer auch Lebensgefühl, Sehnsucht & Fortschritt mit, da versagen die bemühten Übersetzungen einfach (Klapprechner, das klingt halt eben doch nach: klappert, klappt ständig zusammen, oder nach einem Modell aus Holz, sorry...Nachsteller statt Stalker kommt wiederum bieder & verharmlosend rüber). Amts- & Spontideutsch böten nette Möglicheiten zur Alternative, aber das oszilliert dann meist auch wieder zwischen orwellesque und /oder saukomisch...auf der anderen Seite regen sich diese Leute nie darüber auf, dass die Amis doch bitte eigene Wörter verwenden sollen statt "Kaffeeklatsch", "Flugtag" oder "Gemütlichkeit"...UNSERE Wörter bei denen, fett krasser Exportschlager, das ist cool!

    http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_deutscher_W%C3%B6rter_im_Englischen

  • E
    Eruanna

    Ich finde es äußerst bedenklich, dass in diesem Artikel überhaupt nicht näher auf den Verein Deutsche Sprache eingegangen wird. In dessen Vereinszeitung wird meist auf das übelste gegen alle neuen Fremdwörter gehetzt, der Untergang des Abendlandes und der deutschen Sprache allgemein beschworen und eine "Überfremdung" der deutschen Sprache propagiert. Schade, dass das der taz keinen Artikel wert war.

    • @Eruanna:

      ja genau, danke fuer die info. ich dachte naemlich gerade, es waere schoen, mal eine praezise reportage (mit bild!) ueber solche heinis zu lesen, bei denen tatsaechlich ´full of life´ fuer echten unmut sorgt (musste ich dreimal lesen), einen verein gruenden und ihre freizeit damit verbringen darueber zu debattieren, welche woerter nun mehr oder weniger bei den betroffenen herzrasen, uebelkeit, erbrechen oder nur schwindel (vertigo - uhuhuuuhhh) ausloesen.

       

      als ob uns die franzosen in den 80er/90ern uns nicht abschreckendes beispiel boten und diesen ganzen hirnigen irrweg in gesetz gossen, KEIN wort DURFTE mehr in frankreich NICHT franzoesisch sein, noch nicht mal in werbung und marketing. das brachte so tolle woerter wie ordinateur und balladeur zustande. zum glueck ist manchen ein licht aufgegangen und es wurde schon wieder zurueckgerudert.

       

      klapprechner, ich glaube, es hackt.

  • G
    Gast

    Gerade mal 2000 Personen beteiligen sich an einer absurden Wahl eines privaten Vereins. Wieso ist das der taz einen Artikel wert?

  • F
    Flo

    Klapprechner...

    Mann kann es aber mit der Kleinlichkeit auch übertreiben. Weswegen muss ich eingebürgerte Begriffe auch Teufel komm raus eindeutschen. Wenn das Notebook in Deutschland erfunden worden wäre, könnte man darüber reden. Aber einen "Scherzbegriff" wie Klapprechner in den Duden aufzunehmen ist doch lächerlich.

  • T
    Tierfreundin

    det dinglisch is so wat von schtupit.

    wenn ick det hörn muss, sar ick: kut it!

    de ihrs eecken ma denn janz doll,

    vaschteh nich ma mehr een von koll.

    ick aask ma, mähn, könn diese blöödn

    nich mahn vanünftjet tschöörmähn redn?