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Sprachlose Willkür

■ Schauspieler Michael Derda über die Gründe seiner Kündigung beim Bremer Theater

Sprachlose Willkür

Schauspieler Michael Derda über die Gründe seiner Kündigung beim Bremer Theater

Vorab: Die Auflösung meines Vertrages mit dem Bremer Theater ist meine ganz persönliche Entscheidung. Meine Stellungnahme dazu ist naturgemäß rein subjektiv. Ein Theater, an dem ich persönlich mich künstlerisch nicht so einbringen kann, wie ich es für mich in Anspruch nehme, ein solches Theater muß ich verlassen. Ganz einfach. Schauspieler ist mein Beruf, und mein Beruf ist Teil meines Lebens - da soll es mir gut gehen und nicht schlecht. Wenn Menschen zusammenarbeiten, brauchen sie eine gemeinsame Sprache. Diese Sprache gab es nicht mehr.

Ich habe im Laufe der Spielzeit vieles in der gemeinsamen Arbeit anders gesehen, vieles nicht verstanden. Das finf damit an, daß ich ein Konzept, warum wir hier in Bremer für Bremer Theater machen, nicht entdecken konnte. Das ging weiter mit der Gestaltung des Spielplans, mit den Produktionsergebnissen, mit den Besetzungen, mit der Auswahl der Regisseure (von wenigen Ausnahmen abgesehen). Vor allem an pfleglicher Behandlung der Schauspieler mangelte es entschieden.

Ich bin nach Bremen gekommen auf die Versprechung hin, „daß hier alles anders wird als sonst an Staatstheatern“. Das hieß vor allen Dingen für mich, daß die Art, wie man mit einem Ensemble umgeht und arbeitet, sich grundlegend von der anderer Häuser unterscheidet. Das heißt, daß der Schauspieler das Zentrum des Theaters ist und nur dann gute Arbeit leisten kann, wenn er weiß, warum er an dem Theater ist und wohin das Theater mit ihm will. Das geht nur, wenn man eingebettet ist in ein homogenes Ensemble. Ich hatte viele Fragen, habe sie immer gestellt - Antworten habe ich keine bekommen. Ein Theater muß Fragen beantworten können. Dazu muß es wissen, wohin. Nur ein Beispiel: warum wird ein Stück auf den Spielplan gesetzt, gegen das sich vorher alle Beteiligten, auch der Regisseur, ausgesprochen haben? Warum wird das Ensemble immer wieder mit willkürlichen Besetzungen konfrontiert? Warum denkt niemand auch nur versuchsweise zuerst an die Schauspieler? Stattdessen läuft man ach wie originellen Hirngeburten von Regisseuren nach. Das sind nur Stichworte. Ich habe die große Sorge, daß auf diesem Wege das Theater verstummt. Michael Derd

Anmerkung: Hier spricht die Kulturredaktion: Unser neuer Kasten für Gallensteine ist hiermit aufgetan. Er ist ein Geschenk an alle Quer-und Widerredner und -innen, an Mühselige und Beladene. Und an die Streitkultur in der Kultur. Er wird bei Bedarf erscheinen. Wer was zu sagen hat, ist herzlich geladen, sich zu entäußern.

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