piwik no script img

„Sprachgesetz“ mit repressiven Zügen

 ■ Aus Bratislava Gregor Mayer

Von heftigen nationalistischen Demonstrationen begleitet beschloß das slowakische Parlament am späten Donnerstagabend in Bratislava ein sogenanntes „Sprachgesetz“, das das Slowakische auf dem Territorium der Slowakei als Amtssprache definiert und die Rechte der dort lebenden Minderheiten festlegt. Die Diskussion um das Gesetz hält in der slowakischen Öffentlichkeit seit dem Sommer an, wobei sich die von der liberalen „Öffentlichkeit gegen die Gewalt“ (VPN) angeführte Regierungskoalition zunehmend von der nationalistischen Opposition in die Defensive gedrängt sieht.

Das „Sprachgesetz“ beinhaltet vor allem Garantien und Verpflichtungen für das Slowakische als landesweite Amtssprache. Dort, wo die Minderheitenbevölkerung einen Anteil von 20 Prozent erreicht, kann deren Sprache im mündlichen Amtsverkehr verwendet werden. In der Slowakei (etwa 5 Millionen Einwohner) leben über 600.000 Ungarn, in den Gebieten entlang der Donau (Große Schüttinsel) erreicht ihr Anteil 80-90 Prozent. Ursprünglich hatten die Nationalisten verlangt, die Slowakische zur ausschließlichen Staats- und Amtssprache zu dekretieren.

Die Forderung der Nationalisten nach einem Verbot zweisprachiger Ortstafeln und Aufschriften vermochten sie hingegen durchzusetzen. Bereits in den Morgenstunden versammelten sich unmittelbar vor dem slowakischen Parlament in Bratislava von den Nationalisten angeleitete Demonstranten, vornehmlich von ihren Direktoren entsandte Schulkinder. Am späten Nachmittag schwoll die Menge auf dem kleinen Vorplatz auf mehrere tausend Personen an.

Im Parlament verließen die Abgeordneten der „Slowakischen National-Partei“ (SNS) aus Protest gegen das Zwanzigprozent-Zugeständnis an die Minderheiten den Sitzungssaal. Ähnlich wie Sprecher der Demonstranten erklärten sie das im Juni gewählte Parlament für „illegitim“ und forderten die Ausschreibung von Neuwahlen. Vertreter der ungarischen Minderheit stellten hingegen „Aktionen zivilen Ungehorsams“ gegen die repressiven Passagen des Gesetzes in Aussicht.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen